Publiziert am: 19.11.2021

Grosse Kammer kann Klarheit schaffen

SONNTAGSVERKäUFE – Die Baselbieter FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger fordert, dass an Sonntagsverkäufen nicht bloss Waren, sondern auch Dienstleistungen verkauft werden dürfen. Dürfen, nicht müssen: Dieser Unterschied ist bei der kommenden Beratung im Nationalrat wichtig.

Die auf Freiheit und Wahrung des Föderalismus bedachten Kantone wollen offenbar nicht mehr Flexibilität bei Sonntagsverkäufen. Die Wirtschafts- und Abgabenkommission des Ständerates (WAK) spricht sich mit 8 zu 2 Stimmen gegen den Beschluss der WAK des Nationalrates aus, der parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Daniela Schneeberger (FDP/BL) Folge zu geben. Die Initiative hat zum Ziel, dass neben Verkaufsgeschäften auch Dienstleistungsbetriebe an bis zu vier von den Kantonen bezeichneten Sonntagen pro Jahr öffnen dürfen.

Der Befund der WAK-S erstaunt

Die WAK-S sieht hier offenbar kein Bedürfnis. Dieser Befund erstaunt, geht es bei der erwähnten parlamentarischen Initiative «Beim Sonntagsverkauf Klarheit schaffen» doch ausschliesslich darum, Klarheit zu schaffen. «Es geht nicht darum, das generelle Sonntagsarbeitsverbot infrage zu stellen oder sonst wie irgendeinen Paradigmenwechsel herbeizuführen», sagt Initiantin Schneeberger. «Es geht auch nicht darum, das Sonntagsarbeitsverbot aufzuweichen.»

Die Wahl bleibt bei den Kantonen

Heute können die Kantone selbst bezeichnen, an welchen maximal vier Sonntagen die Arbeitnehmenden in den Verkaufsgeschäften ohne Bewilligung beschäftigt werden dürfen. Einige Kantone wie z.B. Zürich schöpfen diesen Rahmen ganz aus, indem sie vier Sonntage bewilligen und den Gemeinden die Kompetenz überlassen, wann diese vier Sonntage sein sollen. Andere Kantone wiederum beschränken sich nur auf zwei oder drei Sonntage. An diesem Rahmen – also maximal vier Sonntage als Rahmenbewilligung – soll nichts geändert werden.

Nicht Pflicht, sondern bloss eine Wahlmöglichkeit

Wo hingegen Klarheit geschaffen werden soll, ist in der Frage, wer genau an diesen maximal vier Sonntagen geöffnet haben darf. Die Parlamentarische Initiative verlangt, dass auch Dienstleistungsbetriebe offen haben sollen. «Das Kundenverhalten ändert sich fortlaufend», begründet Schneeberger ihren Vorstoss. «Moderne Verkaufsgeschäfte, die konkurrenzfähig sein wollen, müssen auch Dienstleistungen anbieten.» So seien z.B. Reisebüros vom Charakter her mit den klassischen Verkaufsgeschäften des Detailhandels zu vergleichen. «Der Unterschied liegt lediglich darin, dass sie statt Gegenstände Dienstleistungen verkaufen.»

In der Praxis gibt es heute Unsicherheiten und Abgrenzungsprobleme zwischen «Verkaufsgeschäften» und «Dienstleistungsbetrieben». Als Verkaufsgeschäft des Detailhandels gelten gemäss Definition des Bundes «Ladengeschäfte und offene Verkaufsstellen des Detailhandels», offenbar nicht aber Dienstleistungsbetriebe wie Coiffeurgeschäfte oder Reisebüros.

Tatsächlich verwischen sich die Grenzen zwischen reinen Verkaufsgeschäften und Dienstleistungsgeschäften zusehends. Wenn jetzt im November und Dezember wiederum Sonntagsverkäufe anstehen, stellt sich deshalb die Frage, warum nicht auch die Möglichkeit geboten werden soll, zum Beispiel ein Reisebüro zu frequentieren und die Ferien fürs kommende Jahr zu buchen. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wieso an Sonntagen in Skigebieten zwar Skis verkauft werden können, das Ladengeschäft aber keine Reparatur vornehmen soll.

«Im Zuge des zunehmenden Druckes durch den Online-Handel muss an den besagten vier Sonntagen im Jahr auch Dienstleistungsgeschäften ermöglicht werden, Mitarbeitende zu beschäftigen», fordert Schneeberger.

Wichtig dabei: Für die Kantone besteht keine Pflicht, ihre Sonnntagsverkäufe wie von Schneeberger angeregt zu handhaben. Es besteht bloss eine Möglichkeit, das nutzen zu können, falls der betreffende Kanton das will.

Der Nationalrat kann korrigieren

Sicher ist: Das Leben verändert sich. Sonntagseinkäufe gerade vor den Festtagen sind zunehmend Erlebnissonntage, oft für die gesamte Familie. Der Verkauf von Dienstleistungen sollte deshalb zumindest ermöglicht werden. Es braucht dazu eine Regelung auf Bundesebene, damit die Kantone einen klaren, erweiterten Rahmen bekommen, von welchem sie dann Gebrauch machen können. «Es geht also lediglich um eine Kann-Formulierung, nicht um ein Müssen.» Jetzt ist der Nationalrat wieder am Zug.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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