Publiziert am: 06.09.2019

Grosses Potenzial

BELARUS – Die Republik in Osteuropa verfügt über eine entwickelte Industrie, Landwirtschaft und einen fortschrittlichen Dienstleistungssektor. Das Land gehört zu den weltweit grössten Exporteuren von Kalidünger, LKW, Traktoren und gilt als High-Tech-Hochburg.

Der Muldenkipper Belaz mit einer Tragfähigkeit von 450 Tonnen schaffte es als grösster Muldenkipper der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde. Und jeder zehnte Traktor der Welt wird in Belarus (umgangssprachlich Weissrussland) hergestellt. Die belarussische Wirtschaft ist breit diversifiziert und stark in das internationale Handelssystem integriert. Der Exportanteil am BIP liegt bei rund 70 Prozent. In die Schweiz exportiert das Land vornehmlich Hochtechnologiegüter wie zum Beispiel Geräte aus den Bereichen Optik und Medizin.

High-Tech für die ganze Welt

Die geltenden Rechtsvorschriften in Belarus fördern die Entwicklung des Unternehmertums und unterstützen KMU. Das Land bemüht sich intensiv, ein angenehmes Geschäftsumfeld für in- und ausländische Firmen zu schaffen. «Der wirtschaftliche Austausch zwischen der Schweiz und Belarus hat sich stark intensiviert», sagt Jean-François Rime, Nationalrat (SVP/FR) und Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv, zur Entwicklung des osteuropäischen Staats.

Belarus belegt beim Produktionspotenzial den zweiten Platz im Bloomberg-Ranking unter den innovativsten Ländern. Dank seines High-Tech-Parks ist der Staat zum Zentrum für künstliche Intelligenz in Mittel- und Osteuropa geworden.

High-Tech-Lösungen aus Belarus gibt es auf der ganzen Welt. So stammen die Fenster des Londoner Flughafens Heathrow von der Firma Glassbel und in den grössten Flughäfen der Welt werden die innovativen Röntgensysteme der Firma ADANI eingesetzt.

Belarus nimmt auch eine vorteilhafte Position als Transitstaat ein, in dem die wichtigsten transeuropäischen Eisenbahnen und Autobahnen, Öl- und Gaspipelines, Wasser- und Luftwege zwischen den Ländern Westeuropas und Asiens zusammenlaufen. Das Land ist aufgerufen, ein wichtiger Punkt der neuen Seidenstrasse zu werden. Jean-François Rime sieht das Land als für Schweizer Firmen wichtiges «Tor von Europa nach Asien».

Das Silicon Valley Osteuropas

Eine der weltweit besten Wirtschaftsumgebungen für die IT-Branche ist der Belarus High-Tech Park. Das spezielle Rechtssystem gilt im ganzen Land und setzt IT- und High-Tech-Unternehmen gute Rahmenbedingungen. Das Silicon Valley Osteuropas ist befreit von allen Körperschafts- und der Mehrwertsteuer. Es bietet die weltweit erste Gerichtsbarkeit mit einer komplexen rechtlichen Regelung von Unternehmen auf Basis der Blockchain-Technologie.

Ende 2017 wurde das Präsidialdekret «Über die Entwicklung der Digitalwirtschaft» verabschiedet. Dieses Dokument, das auf Vorschlag von führenden IT-Unternehmern ­erstellt wurde, gab der Entwicklung des High-Tech-Parks wichtige Impulse. Innerhalb eines Jahres waren mehr Firmen im Park tätig als in den zwölf Jahren zuvor. Ab Juni 2019 waren es mehr als 560 Unternehmen mit mehr als 47 000 Entwicklern und Ingenieuren.

Das Rechtssystem des High-Tech-Parks umfasst Elemente des «englischen Rechts» (Optionen, Wandelanleihen usw.), die visumfreie Einreise und kostenlose Anwerbung ausländischer Mitarbeiter, Verwendung von Smart Contracts, den Rechtsbereich für die Arbeit mit Blockchains und Kryptowährungen, die Erleichterung des Arbeitsablaufs für Geschäfte.

Infolgedessen erlebt die IT- und High-Tech-Sphäre in Belarus im Zuge revolutionärer Transformationen ein explosionsartiges Wachstum. Der Export von Softwareprodukten stieg im Jahr 2018 um fast 40 Prozent und überstieg 1,4 Milliarden Dollar. Beim Export von Computerdiensten pro Kopf nimmt Belarus in den GUS-Ländern den 1. Platz und eine der führenden Positionen in Europa ein.

Die IT-Leistungen von Belarus wurden von den Weltmedien gewürdigt, den Titel «Silicon Valley of Eastern Europe» erhielt das Land vom renommierten «Wall Street Journal». Und auch «Forbes» berichtete über das «globale Zentrum für die Entwicklung künstlicher Intelligenz».

Mehr als die Hälfte der Residenten des High-Tech-Parks sind Unternehmen mit ausländischem Kapital. Ausländische Investoren werden nicht nur von Steuervergünstigungen angezogen, sondern auch von einer starken Bildungsbasis der Universitäten, die jährlich bis zu 15 000 hochqualifizierte Spezialisten der Fachgebiete Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) hervorbringen. Die durchschnittliche Rentabilität der Unternehmen im Park übersteigt 40 Prozent, was die Investitionsattraktivität ebenfalls erhöht. «Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Investoren und spielt eine wichtige Rolle bei der Modernisierung belarussischer Unternehmen», sagt Jean-François Rime.

Interessant für Schweizer Firmen

Heute sind mehr als 50 Forschungs- und Entwicklungszentren ausländischer Unternehmen im High-Tech- Park registriert – vom koreanischen Unternehmen SK Hynix, dem weltweit führenden Hersteller von Halbleitern, bis zum amerikanischen Unternehmen Mapbox, das Navigationssysteme für unbemannte Fahrzeuge entwickelt. Der weltberühmte Viber-Messenger und das «World of Tanks»-Onlinespiel wurden ebenfalls von den belarussischen Programmierern entwickelt.

Hochqualifiziertes Personal ist ein weiterer Vorteil des Landes. Es wurde ein Hochschulsystem mit Schwerpunkt auf Grundkenntnissen, Wissenschaft und der Entwicklung der intellektuellen Fähigkeiten erarbeitet. Nach Angaben der Europäischen Kommission arbeitet fast ein Drittel der berufstätigen Bevölkerung in wissensintensiven Branchen. Für mehr als 100 Unternehmen aus der Schweiz ist Belarus bereits zum Arbeitsort geworden. Das bekannteste Beispiel ist die Firma Stadler Minsk, die dort seit mehr als fünf Jahren eigene Züge produziert. Eine Aufwertung der diplomatischen Vertretung der Schweiz in Belarus zu einer vollwertigen Botschaft im Mai 2019 soll die Beziehungen weiter stärken. «Das wird den bilateralen Kooperationen in allen Bereichen zweifellos förderlich sein», so Rime.

Pavel Matsukevich/uhl

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