Publiziert am: 13.08.2021

Gruselkabinett PostFinance

POSTFINANCE – Es ist eine bekannte Gruselgeschichte: Staatsangestellte spielen Unternehmer. Wenn es Gewinne gibt, sacken sie diese ein, bei Verlusten muss der Steuerzahler ran. Und genau diese Geschichte wiederholt sich derzeit.

Der Bundesrat will der PostFinance ermöglichen, selbstständig Hypotheken und Kredite zu vergeben. Gleichzeitig soll die Post – und damit der Bund – seine Kontrollmehrheit an die PostFinance abgeben. Sie soll also teilprivatisiert werden. Schon auf den ersten Blick zeigt sich die Unsinnigkeit dieses Plans.

Erstens ist es nicht Aufgabe des Bundes, eine neue Bank zu schaffen. Die Post hat den Auftrag, den Zahlungsverkehr abzuwickeln. Mehr nicht. Eine neue Bank, die Kredite und Darlehen vergibt, ist ein neues Klumpenrisiko. Eines, das wieder «too big to fail» wäre und entsprechend eine Staatsgarantie hat.

Zweitens und noch unsinniger: Die PostFinance ist derart marode, dass sie ohne Kapitalzusicherung gar nicht privatisierbar wäre. Um die PostFinance zu verkaufen, muss der Bund 1,7 Milliarden Franken finanzieren. Meist nimmt der Verkäufer ja Geld ein. Bei der Post ist es umgekehrt. Aber das war zu erwarten ...

Gier

Denn ein Blick in den Geschäftsbericht der PostFinance zeigt, wie grausig sie wirtschaftet. An erster Stelle befriedigt sie die Gier ihres Verwaltungsrates und ihrer Geschäftsführung. Für das Jahr 2020 betrugt das Geschäftsergebnis 93 Millionen Franken. Im Jahr ­zuvor waren es noch 224 Millionen. Das Ergebnis ist also um mehr als 58 Prozent ein einem Jahr eingebrochen. Schlechte News, könnte man meinen. Nicht so bei der PostFinance: Im gleichen Jahr steigen die Vergütungen für Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Der Verwaltungsrat gab sich eine Lohnerhöhung um etwa 3 Prozent. Beim CEO waren es immerhin «nur» 1 Prozent. Interessant ist dabei, dass der ­Verwaltungsrat dem CEO eine Prämienerhöhung von 4 Prozent genehmigte. Wofür denn? Für den 58 Prozent schlechteren Geschäftsgang?

82 Prozent weniger als 2016

Diese Zahlen, so schlecht sie sind, verdecken nur das wahre Ausmass des Komplettversagens von Ver-waltungsrat und Geschäftslei-tung. Fünf Jahre zuvor, im Jahr 2016, betrug das Geschäftsergeb-nis der Post­Finance 542 Millionen Franken. In der Zeit zwischen 2016 und 2020 ist dieses Ergebnis also um ganze 82 Prozent einge-brochen. Man muss sich das vorstellen: Die Möchtegernunternehmer haben es geschafft, fast das gesamte Ergebnis an die Wand zu fahren.

Was sich natürlich «verbessert» hat, sind die Kosten. Verbesserung heisst hier: sie sind ungehindert gestiegen, namentlich um die Lust an der Gier des Managements zu befriedigen. Gingen im Jahr 2016 etwa 65 Prozent des Umsatzes auf Kosten zurück, waren es 2020 über 89 Prozent.

Negativer Unternehmenswert

Wenn man ernsthaft privatisieren will, sind zwei Zahlen wichtig. Die Eigenkapitalrentabilität und der Unternehmenswert. Die Rentabilität des Eigenkapitals betrug im Jahr 2016 noch 9,7 Prozent. Das war eine stolze Zahl. Heute beträgt sie 1,5 Prozent. Im Jahr 2016 war der Unternehmenswert der PostFinance 207 Millionen Franken. Heute beträgt er –212 Millionen. Minus!

Verwaltungsrat und Management haben es geschafft, die PostFinance in eine Verbindlichkeit zu trans-formieren. Und wie es immer so ist mit Staatsangestellten, die Mana-ger spielen: Wenn ihnen das Geld ausgeht, tragen sie nicht etwa Verantwortung. Sie erhöhen ihre Bezüge und schreien nach dem Staat. So erklärt es sich, warum die Steuerzahlenden für einen Verkauf der PostFinance bezahlen müssen.Gruselig.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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