Publiziert am: 23.10.2020

Gut gemeint - 23.10.2002

Ende November stimmen wir über die Unternehmensverantwortungsinitiative ab. Im Gegensatz zu den kursierenden Behauptungen, diese Initiative betreffe nur die grossen (und damit immer schon auch bösen) «Konzerne» in der Schweiz, trifft diese Initiative weit mehr Unternehmen. Der Initiativentext ist klar: sie gilt «für alle Unternehmen mit Sitz in der Schweiz». Rücksicht auf KMU soll nur bei der Sorgfaltspflicht genommen werden können, aber selbst das ist dem Parlament überlassen. Die Haftung gilt hingegen für alle Unternehmen. Ebenso das rechtsstaatlich höchst bedenkliche Ansinnen, dass nicht mehr die Kläger die Schuld des Beklagten beweisen müssen, sondern der Beklagte müsste seine Unschuld beweisen. Ein gefundenes Fressen für amerikanische Anwaltskanzleien, die im Dienste ausländischer Konkurrenten Schweizer Unternehmen mit Klagen eindecken werden, um sie vom Markt zu verdrängen. Bis ein Schweizer Unternehmen dann seine Unschuld beweisen könnte, ziehen Jahre vorbei, während denen die Reputation auch schuldloser Unternehmen beschädigt ist. Jedes Unternehmen, das sich gegenüber solchen Prozessen absichern will – und muss –, wird diese Risiken auch weitergeben müssen, an Unternehmen, die für sie arbeiten oder ihnen zuliefern. Das sind dann öfters KMU.

Wenn nun schon in den Verbänden, die die Wirtschaft vertreten, kleine «gute» KMU gegen grosse «böse» Konzerne ausgespielt werden, dann hilft das nur den Initianten, und es schadet der Schweizer Wirtschaft ganz enorm. Die Ini­tiative ist gerade deshalb gefährlich, weil sie Ziele angibt, die man nicht bestreiten kann, aber Massnahmen bringt, die diese Ziele untergraben und nur der Schweiz schaden, ohne den Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen.

Alle, denen die Schweizer Wirtschaft, Wohlstand für alle und Rechtssicherheit wichtige Anliegen sind, können eigentlich nur Nein zu dieser Initiative und Ja zum Gegenvorschlag sagen. In Abstimmungskämpfen wie diesem, wo eine Initiative mit ihren Grundsätzen auf hohe Zustimmung trifft, wäre es umso wichtiger, dass Unternehmerinnen und Unternehmer hinstehen und die Konsequenzen aufzeigen, die ein JA haben wird. Denn die Initiative erhält bis jetzt Zustimmungswerte, die nur dann zustande kommen, wenn sie auch in der politischen Mitte auf Akzeptanz trifft. Das ist hier der Fall.

Umso ärgerlicher ist es, wenn Exponenten von wichtigen Wirtschaftsverbänden sich gegenteilig, ja sogar abschätzig gegenüber andern Verbandsvertretern äussern. Solche Äusserungen werden dankbar von den Initianten aufgenommen, um zu zeigen, dass ihre Initiative nicht wirtschaftsfeindlich sei.

Die Schweiz verdankt einen wesentlichen Teil ihres Wohlstandes grossen international wettbewerbsfähigen Unternehmen. Die KMU sind ihrerseits enorm darauf angewiesen, dass in der Schweiz solche grossen Unternehmen ihren Standort haben. Wer das Narrativ der «guten Kleinen» gegen die «bösen Grossen» immer wieder bemüht, der schadet allen, nicht nur denen, die er an den Pranger stellt. «Gute Unternehmen» sind wettbewerbsfähige Unternehmen, die verantwortungsvoll wirtschaften und ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. Diese Qualitäten hängen nicht von der Grösse von Unternehmen ab, sondern von den Entscheidungsträgern und Führungskräften in den Unternehmen. Es gibt schlechte «kleine» Unternehmen und sehr gute «grosse». Es gibt fähigere Politiker/innen und weniger begabte. Es gibt bessere Exponenten von Wirtschaftsverbänden und andere. Entscheidend in diesem Abstimmungskampf wird sein, ob sich Exponenten der Wirtschaft gegeneinander ausspielen lassen oder nicht. Es bleiben noch ein paar Wochen, um die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer davon zu überzeugen, dass die UVI gut abzulehnen ist. Wer den Menschen in den Schwellen- und Entwicklungsländern wirklich helfen will, muss die Aktivitäten von Schweizer Unternehmen in diesen Ländern fördern, statt diese unter Generalverdacht zu stellen und vom Markt zu drängen. Ein Nein zur UVI dient allen. Die Initiative ist gut gemeint. Und damit das Gegenteil von gut.

*Der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister präsidiert seit 2016 die CVP Schweiz.

www.cvp.ch

www.gpfister.ch

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