Publiziert am: 05.06.2020

Hammer und Nagel

Erfreulicherweise sind die Corona-Fallzahlen so gesunken, dass eine Normalisierung des gesellschaftlichen Lebens sich abzeichnen kann. Der Lockdown wird aufgehoben, der Bundesrat gibt seine alleinige Verfügungsmacht ab, die politischen Prozesse werden wieder zurückgeführt auf die Zeit vor Corona. Die Lehren aus der Krise werden gezogen werden müssen, und breit diskutiert. ­Taiwan kann hierzu ein Beispiel sein. Diese asiatische Demokratie wurde vor Jahren von der Sars-Epidemie hart getroffen. Ein Grund dafür war auch, dass Taiwan nicht gut genug vorbereitet war. Nach dieser Pandemie hat die Politik aber die richtigen Lehren daraus gezogen, und steht – Stand heute – verglichen mit andern Ländern sehr viel besser da. Leider verhindert China mit allen Mitteln die Mitgliedschaft von Taiwan in internationalen Organisationen wie der WHO, wo das Know-how Taiwans in Pandemien äusserst wertvoll wäre.

Die Schweiz tut gut daran, wie Taiwan seinerzeit, offen und sachlich zu diskutieren, welche Fehler bei der nächsten Pandemie nicht mehr gemacht werden dürfen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das Coronavirus nicht das letzte sein wird, das die ganze Welt heimsuchen kann. Genauso wird es dann selbst für die «reiche» Schweiz eine Herausforderung, noch einmal hohe Milliardenbeträge zur Abfederung der wirtschaftlichen Konsequenzen verfügbar zu haben. Der Einstieg in die nächste Pandemiekrise ist realistischerweise zu erwarten, auch wenn jetzt die Freude über den vorläufigen Ausstieg aus der ersten überwiegt.

Der Einstieg in die wirtschaftliche Krise ist darüber hinaus ebenfalls Realität geworden. Die Luftfahrt wird voraussichtlich im günstigsten Fall erst im Sommer 2021 wieder annähernd die Umsätze haben wie noch im Januar. Das gilt auch für ganz viele andere Branchen und Unternehmen. Eine Rezession wird auch die Schweiz treffen, und das heisst eine Zunahme der Arbeitslosigkeit. Der Finanzhaushalt des Bundes wird noch Jahrzehnte unter den Belastungen durch Corona-Massnahmen leiden. Der Spielraum der Politik für dringend nötige Reformen, wie beispielsweise der Altersvorsorge, hat sich drastisch verkleinert. Bundesrat Ueli Maurer hat meines Erachtens vollkommen recht, wenn er vorschlägt, dass wir den gigantischen Schuldenberg der Corona-Massnahmen gesondert behandeln müssen. Müsste man diese Schulden konform zur bewährten Schuldenbremse abbauen, wären andere dringende Reformen finanzpolitisch gar nicht machbar. Deshalb ist es richtig, für den Abbau dieser Schulden neue Wege zu finden, wie beispielsweise die dem Bund zugewiesenen Gelder der Nationalbank für den Abbau dieser Schulden zu verwenden, wie es Maurer vorgeschlagen hat.

Damit würden alle anderen Entscheide des Parlaments wie bisher den bewährten Regeln der Schuldenbremse unterstehen, denn das Parlament braucht diese Regeln, um nicht zu überborden. Das Argument, dass es auf eine Milliarde mehr jetzt auch nicht mehr ankomme, wird bald in den politischen Debatten auftauchen. Die Wirtschaft weiss, dass für sie beim Ausstieg aus dem Lockdown die Probleme erst kommen werden. Der Einstieg in die wirtschaftliche Krise hat begonnen. Es bleibt zu hoffen, dass auch hier die richtigen Lehren gezogen werden. Ich habe da meine Zweifel, wenn ich jetzt schon sehe, wie die Fantasie mancher Politikerinnen und Politiker angeregt wird durch weitere Steuererhöhungen und Abgaben für die Unternehmen. Das wäre das Gegenteil dessen, was andere Staaten wie Taiwan gelernt haben, sondern einfach die gleichen «Rezepte», die schon vor der Krise falsch waren. Für solche Ideen gilt leider Mark Twains Beurteilung: «Wenn Dein einziges Werkzeug ein Hammer ist, wirst Du jedes Problem als Nagel betrachten».

*Der Zuger CVP-Nationalrat Gerhard Pfister präsidiert seit 2016 die CVP Schweiz.

www.cvp.ch

www.gpfister.ch

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