Publiziert am: 24.01.2020

Harter Kampf ums starke Signal

5G – «Mörderbande»: So betiteln einzelne Gegner von 5G die Tele­kom­firmen. Die Ironie dabei: Die 5G-Gegner verbreiten ihre Nachricht ausgerechnet per YouTube – gerade dieser weltweit beliebte und stark genutzte Kanal jedoch setzt auf 5G. Dieser Wider­spruch ist nur die Spitze des Eisbergs.

Sie lieben die ganz grossen Vergleiche: Die Einführung der neuen Technologie sei ein «gigantisches Experiment an Mensch, Tier und Pflanze», argumentiert etwa das Kollektiv Stop 5G, das ein nationales 5G-Moratorium fordert. Der «Blick» berichtete sogar von einem YouTube-Filmchen, in denen Rapper den Telekomfirmenchefs empfehlen: «Steckt euch ein Gewehr in den Schlund.» Den oder die Urheber des Machwerks konnte der «Blick» nicht identifizieren.

Was ist 5G eigentlich?

Die Beispiele zeigen auf, wie polarisierend die Diskussion um diese Technologie geworden ist. Doch was ist «5G» überhaupt? Die fünfte Generation des Mobilfunks – 5G – ist der Name eines Standards für mobiles Internet und Mobiltelefonie. Während heute die Schweiz flächendeckend mit 3G und 4G versorgt ist, sind diese Standards primär auf Sprachtelefonie – also ohne Bild –, schriftliche Kommunikation und nur auf einen begrenzten Austausch von Filmdaten ausgerichtet.

Eine flächendeckende Versorgung mit Bandbreite, etwa für vermehrte Videotelefonie und -übertragung, virtuelle Realität, Augmented Reality und umfassende Clouddienste, kann mit dem aktuellen Mobilfunkstandard 4G nicht gewährleistet werden. Das bedeutet: Man kann solche Dienste zwar abrufen, aber sie brauchen sehr lange, bis sie dem Nutzer zur Verfügung stehen. Noch einfacher gesagt, ist eine Digitalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft, wie sie weltweit im Gange ist, ohne 5G in der Schweiz kaum möglich.

Bericht im Auftrag des Bundes

Ende 2019 wurde der Fachbericht der interdisziplinären Arbeitsgruppe «Mobilfunk und Strahlung» publiziert. Gerade angesichts der Diskussionen und Ängste um 5G wurde die Gruppe vom Bund beauftragt, abzuklären, welche Konsequenzen 5G auf die Gesundheit der Bevölkerung hat. Personen aus Praxis, Technik, Wissenschaft und Recht haben den Stand der Sache eingehend untersucht. Ihre Ergebnisse sind:

• Bei Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sind keine Gesundheitsauswirkungen zu befürchten. Die Schweiz ist dabei strenger als vergleichbare Länder, wie etwa Deutschland oder Frankreich.

• Hinweise – etwa der 5G-Gegner – auf negative Auswirkungen unterhalb der Grenzwerte haben sich nicht erhärtet.

• 5G nützt vergleichbare Frequenzen und Funksignale wie 4G und WLAN.

• 5G kann Mobilfunkversorgung mit weniger Sendeleistung und weniger Immissionen sicherstellen.

• Im Vergleich zu 4G braucht 5G weniger Energie, um die gleiche Datenmenge zu übermitteln.

Wie geht es weiter?

Im Prinzip kann 5G flächendeckend installiert werden. Das kann jedoch nur geschehen, wenn die Telekomunternehmen die Rechtssicherheit haben, die sie brauchen. Zur Rechtssicherheit gehört eine zügige und pragmatische Bewilligungspraxis in Gemeinden und Kantonen. Dazu gehört aber auch der gesellschaftliche Konsens, dass das innovativste und pragmatischste Land Europas ganz einfach nicht darum herumkommt, den neuen Mobilfunkstandard einzuführen.

Gerade in der Schweiz, wo der Konsens eine Führungsstellung in Technologieadoption ermöglicht hat, sind jegliche Gewaltaufrufe höchst problematisch. Wenn sie aber just über jene Technologie erfolgen, die man selbst bekämpft, sind sie nicht nur sinn-, sondern auch wirkungslos. Bei der Diskussion um 5G gilt also: Weniger Ideologisierung ist ebenso gefragt wie mehr Realitätssinn.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

Meist Gelesen