Publiziert am: 02.07.2021

«Hohes Verbesserungspotenzial»

PANDEMIEBEWÄLTIGUNG – Die Covid-Krise hat Widersprüche in der Krisen­bewältigung und in der Führungs­struktur des Bundes aufgezeigt. Zwei neu eingereichte Motionen von Ver­tretern der Mitte-, der FDP- und der SVP-Fraktion fordern Verbesserungen.

Mängel bei Führungsrhythmus und Führungskontrolle, eine ungenügende Gewichtung von Zielkonflikten: Dies und mehr hatte der Schweizerische Gewerbeverband sgv bereits Anfang April festgestellt und gefordert, es seien die Lehren aus der Covid-19-Pandemie zu ziehen und die gesetzlichen Grundlagen für den Umgang mit ähnlichen Lagen entsprechend anzupassen.

Bundesrat richtig beraten

Nun sind die Forderungen des grössten Wirtschaftsdachverbands auch von der Politik aufgenommen worden. Zwei Motionen, jeweils unterzeichnet von Vertretern von CVP, FDP und SVP, zielen auf organisatorische Verbesserungen im Hinblick auf eine kommende Krise respektive Pandemie.

Die Motion des Obwaldner Mitte-Ständerats Erich Ettlin zielt darauf ab, dass der Bundesrat «im Krisenfall richtig beraten» wird. Sie beauftragt die Regierung unter anderem, Gremien einzurichten, welche in der Verwaltung fehlende Expertise und Fachwissen einbringen. Die Angehörigen dieser Gremien sollen vom Bundesrat gewählt, ihre Arbeiten zuhanden des Bundesrates leisten, dem Kommissionsgeheimnis unterliegen und sich entlang eines im Voraus festgelegten Kommunikationskonzepts äussern.

Die von den Ständeräten Thierry Burkart (FDP/AG) und Jakob Stark (SVP/TG) mitunterzeichnete Motion verlangt «ein geordnetes Verfahren für die Einberufung, Mandatierung, Wahl und Arbeitsweise» solcher Gremien. Es sei auf eine möglichst breite Vertretung zu achten, «inklusive der Kantone und der Sozialpartner.» Die Kommunikation mit dem Bundesrat habe vertraulich zu erfolgen. Und «vor sich selbst konstituierenden, einseitig ausgerichteten und erst noch politischen Gremien ist Abstand zu halten.»

Zielkonflikte ausbalancieren

Eine von SVP-Ständerat Jakob Stark eingereichte und ebenfalls von Vertretern von FDP und CVP mitunterzeichnete Motion will die «Führungsstruktur des Bundesrats krisenresilient machen». Spätestens dann, wenn eine neue Pandemie droht, sei ein Bundesratsausschuss zu bilden, der die allfällige Ausrufung einer besonderen oder ausserordentlichen Lage vorberaten soll. Und spätestens vor der effektiven Ausrufung einer solchen Lage gemäss Epidemiengesetz sei ein Führungsstab einzurichten, in welchem verschiedene Departemente, Bundesämter, Kantone und Sozialpartner vertreten seien.

Die Motion Stark ortet ein «hohes Verbesserungspotenzial in der Führungsstruktur» bei der Bewältigung der Covid-19-Pandemie. Diese sei «weitgehend von epidemiologischen Gesichtspunkten geleitet» und damit «teilweise einseitig» gewesen, begründet der Thurgauer seinen Vorstoss. Grund für diese Einseitigkeit sei, «dass es ein federführendes Departement gibt, das die Massnahmen praktisch allein erarbeitet und vorschlägt». Ein solches Vorgehen führe «tendenziell zu einseitigen Beschlüssen».

Die Motion will die Führungsstruktur so ändern, dass die im Bundesrat ergriffenen Massnahmen «von Anfang an eine Balance von Dossiers, unterschiedlichen Interessenlagen und bestehenden Zielkonflikten» einhalten. Krisen seien interdepartemental anzugehen, und der Bundesrat brauche fachliche Unterstützung. All diese Massnahmen seien vor Eintritt einer neuen Krise einzuleiten und einzuüben, damit im Fall der Fälle «friktionslos» gearbeitet werden könne.En

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