Schweizerische Gewerbezeitung: KMU kommen zu Ihnen ins Raiffeisen-Unternehmerzentrum (RUZ), wenn sie einen Schritt weiter kommen wollen. Als wie stark beurteilen Sie die Innovationskraft bei Schweizer KMU?
n Kurt Müller: Schweizer KMU sind die mit Abstand innovativsten der Welt und die tragende Säule unserer Wirtschaft und damit des Wohlstandes. Gerade exportorientierte Schweizer Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neu ausrichten müssen – Stillstand kann sich sowieso kein Unternehmen leisten. Die Schweizer KMU scheuen das Risiko nicht, auch mal unkonventionelle Entscheide zu fällen und neue Wege zu gehen.
Wie bringt das RUZ Unternehmer konkret weiter, wenn es darum geht, ihr gestandenes KMU für Innovationen fit zu halten?
n Neue Ideen entstehen nicht in, sondern zwischen den Köpfen. Bei unseren Mandaten können wir auf einen 200-köpfigen Expertenpool von erfahrenen Unternehmern zurückgreifen, die unsere Kunden auf deren individuellen Wegen unterstützen. Viele von unseren Experten haben ähnliche Innovationsprozesse schon einmal erlebt. Und so kann man gemeinsam – über Branchen hinweg – miteinander diskutieren und den Horizont für bisher Unbekanntes öffnen. Im Endeffekt geht es bei der
Innovation im Kern immer um das Gleiche: Leute ins Boot holen, die von ihren Erfahrungen berichten können. Aber vor allem auch solche, die andere Aspekte einbringen.
Sind gestandene Unternehmen aus dem traditionellen Handwerk weniger innovativ als die digitalisierten Start-ups von heute?
n Definitiv nicht. Das traditionelle Handwerk ist die Basis unserer KMU-Landschaft. Stellen Sie sich vor, wie sich in unseren Grenzgebieten die Situation in den letzten zehn Jahren dramatisch verändert hat. Da konnte es sich kein Handwerker leisten, sich nicht um Innovation zu kümmern, sonst wäre er relativ rasch von der Bildfläche verschwunden. Innovation gehört auf jedem Kilometer des Unternehmermarathons dazu. Und nicht nur zu Beginn, wenn alle applaudieren.
«Innovation gehört auf jeden Kilometer des Unternehmermarathons dazu.»
Kommt es oft vor, dass KMU an Grenzen stossen, weil sie ihre bestehenden Produkte nicht mehr weiterentwickeln können?
n Ich würde es anders formulieren: Die Schweizer KMU überlegen sich, wie das Geschäftsmodell auch in fünf oder zehn Jahren noch funktioniert. Das Produkt ist ein Teil – Preis, Qualität, Dienstleistung und vieles mehr darf ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Nehmen wir als Beispiel eine Autogarage: Alleine über das Auto selber kann sich das Unternehmen im schweizweiten Vergleich nicht mehr entscheidend differenzieren – hier berücksichtigt der Kunde meist die weichen Faktoren. Und vor allem hier geht es darum, innovativ zu sein.
Wie stark sind die Mitarbeiter und das Arbeitsklima an der Innovationskraft eines KMU beteiligt?
n Ganz stark. Die Mitarbeitenden an der Front, im Verkauf oder auf dem Bau beispielsweise können die Fühler ausstrecken und beobachten, was die Konkurrenz macht. Sie sind Trendsetter und Mitentwickler zugleich – und das sollte sich jedes Unternehmen zunutze machen. Abschliessend kommt beim ganzen Innovationsthema eine weitere Schweizer Tugend zum Tragen: die Grosszügigkeit. Die Schweizer KMU bringen eine sehr grosse Portion Toleranz gegenüber Misserfolgen und Fehlern mit. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese «Experimentierfreudigkeit» häufig zu den ganz grossen Erfolgen beigetragen hat.
Interview: Adrian Uhlmann