Publiziert am: 15.05.2020

Im Aufwind dank Corona

FLORIST.CH – Die grüne Branche nutzt ihr 100-Jahre-Jubiläum als Aufbruch in eine neue kreative Ära. Durch die Corona-Krise beschleunigen sich neue Absatzwege und Werbepfade und das Kunsthandwerk Floristik erlebt so einen unverhofften Innovationsschub.

Der Schweizer Floristenverband feiert dieses Jahr sein 100-Jahre-Jubiläum. Doch der grosse, runde Geburtstag des Berufsverbandes hat aufgrund von Covid-19 ein anderes Gesicht bekommen. Der Verband tritt seit dem 1. Januar 2020 im neuen Kleid auf – ein neuer, schweizweit einheitlicher Auftritt inklusive neues Logo florist.ch. Zum Jubiläum erscheint ebenso eine Sondermarke, die dieses schöne Handwerk gebührend in Szene setzt.

«Viele Mitglieder haben in den vergangenen drei Wochen mehr Umsatz gemacht als erwartet.»

«Dies konnten wir umsetzen. Andere geplante Medienaktivitäten fielen aber aufgrund von Corona ins Wasser», so Urs Meier, Geschäftsleiter von florist.ch. Die geplante Jubiläums-GV inklusive grosse Feier und Schweizer Meisterschaft in der modernen Form einer «FlowerPower Battles» wurde auf den 18. Juni 2021 verschoben. «Wir haben uns zum Ziel gesetzt, nicht in erster Line zu feiern, sondern unser Jubiläum als Aufbruchmoment zu nutzen und zu definieren. Wir arbeiten zurzeit an einem Projekt für ein Qualitätslabel für gutes Fachgeschäft», sagt Meier.

Neue Kunden gewinnen

Der Beruf der Floristin hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Er hat sich in den vergangenen 100 Jahren vom «Blumenbinder» zum heutigen gefragten und geschätzten Kunsthandwerk der Floristik entwickelt. «Wirtschaftlich betrachtet, hatte die Floristik in den 80er- und 90er-Jahren ihre Hochblüte. Doch leider ist es nicht gelungen, im sogenannten Luxusgüterzug mitzufahren und wie beispielsweise mit Uhren oder Kunst immense Umsätze zu verbuchen», stellt Meier fest. Gemäss ihm liegt das an der Vergänglichkeit der Produkte, aber sicher auch an der harten Konkurrenz durch Grossverteiler. Die Covid-19-Krise hat für einen Innovationsschub in der Branche gesorgt – gerade was die Absatzkanäle und die Bewerbung betrifft. Dazu Meier: «Während des Lockdowns haben fast alle unsere Mitglieder gearbeitet, und es wurden zahlreiche Sträusse und Gebinde auf Bestellung via Telefon, Webshop oder soziale Medien kreiert und geliefert. So konnten wir viele neue Kunden gewinnen. Es ist ein grosser Vorteil für uns, dass zeitweise Blumen nur über Fachgeschäfte und Gärtnereien zu beziehen waren.» Ob sich dabei der Mehraufwand finanziell gerechnet hat, ist zu bezweifeln – doch allein die positive Grundstimmung hat der Branche Schwung verliehen.

Herr und Frau Schweizer sind grosse Blumenliebhaber und ge­hören somit zu den grössten Konsumenten von Blumen, was gemäss Meier mit der hochentwickelten Floristik in unserem Land zusammenhängt. «Gerade jetzt in der Corona-Zeit, wo man sich in Haus und Garten zurückgezogen hat, sind Aktivitäten rund um Blumen und Gärten voll im Trend. Sicher auch dazu beigetragen hat der Entscheid des Bundesrates, dass unsere Branche als erste wieder öffnen durfte», sagt Meier. «Die Rückmeldungen unserer Mitglieder sind durchwegs positiv. Viele Mitglieder haben in den vergangenen drei Wochen mehr Umsatz gemacht als erwartet.» Bis Corona aber in der Erfolgsrechnung und Bilanz durchschlägt, dauert es noch. «Hier erwarten wir tendenziell mehr Schliessungen von Betrieben.» Die Covid-19-Krise hat aber auch die Dienstleistungen des Verbandes für Nichtmitglieder in ein neues Licht gestellt: «Firmen, die in der Corona-Situation ziemlich verloren waren und Support benötigten, meldeten sich bei uns. Unsere Mitglieder sind sehr dankbar für die Unterstützung, die wir ihnen in dieser nicht einfachen Zeit bieten.» Und er ergänzt: «Wir haben die Lage laufend analysiert und für unsere Mitglieder verständlich aufbereitet. Die Bundesinstanzen war dabei teilweise hilfreich, andererseits was die Infobeschaffung mühselig.»

BranchenĂĽbergreifende Win-win-Situation

Ein Kerngebiet des Verbandes ist die Aus- und Weiterbildung. Dieses Jahr schliessen knapp 200 Floristin­nen und Floristen die dreijährige EFZ-Lehre ab – dazu 18 EBA-Lernende. Trotz Corona werden sie Ende Mai, Anfang Juni ihre praktische Prüfung an einem zentralen Prüfungsort absolvieren. Eine Herausforderung für die Branche sind die Lehrstellen. «Die Anzahl Lehrstellen ist leider permanent leicht rück­läufig. Allerdings haben wir auch weniger qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber als früher», sagt Meier.

Und wie sieht das Zukunftspotenzial der Branche aus? «Corona hat uns gezeigt, dass unsere Branche lebt und neue Pfade sucht», so Meier. Entscheidend wird jedoch sein, ob es der grünen Branche gelingt, verstärkt in den Dienstleistungsbereich vorzudringen – sei es mit Gestaltungsaufträgen für Wohnungen und Terrassen, mit Beratungen und Planungen im Innen- und Aussenbereich oder mit Eventaufträgen etc. Eine neue Nische für die Floristik sind zudem branchenübergreifende Aufträge, beispielsweise mit Detailhändler, Restaurant oder Bar.

Corinne Remund

www.florist.ch

DAS MACHT FLORIST.CH

Neuer Auftritt zum 100. Geburtstag

Seit 100 Jahren setzt sich der Schweizerische Floristenverband als gemeinnütziger Verein für das – wie es treffend heisst – gedeihliche Wachstum des schweizerischen Blumenhandels ein. Der ursprünglich reine Arbeitgeberverband hat sich mittlerweile zum Branchenverband entwickelt. Seinen Ursprung findet er im Dezember 1920, wo er unter dem Namen «Verband Schweizerischer Blumengeschäftsinhaber» in der Kronenhalle Zürich gegründet wurde. Im Laufe der Jahre kamen die diversen Sektionen dazu, 1971 die Tessiner Sektion als letzte.

Das 100-Jahre-Jubiläum ist für den engagierten Berufsverband Grund genug, künftig unter neuem Logo sowie unter einem schweizweit einheitlichen Namen «florist.ch» aufzutreten. Zu den Kernaufgaben des Verbandes gehört die Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses. Diese beinhalte Grundbildung und höhere Berufsbildung wie auch Weiterbildungskurse, Seminare, Tagungen etc. für die Branche. Eine wichtige Dienstleistung ist ferner eine gute Information und Kommunikation. So gibt der Verband das einzige Schweizer Fachmagazin für Floristik, den «FLORIST» heraus – und dies seit 99 Jahren. Die Mitglieder werden zudem mittels regelmässiger Newsletter sowie via Website und soziale Medien wie Facebook und Instagram umfassend über Verband und Branche informiert. Das Dienstleistungsportfolio von florist.ch ist gut ausgebaut und auf die Mitglieder angepasst. Die Palette der Dienstleistungen reicht von Lohnempfehlungen über die AHV- und Pensionskassen bis hin zu Musterverträgen. Der Verband hat rund 900 Mitglieder. Dau gehören die Aktivmitglieder, Blumen- und Fachgeschäfte – alles KMU mit unter 20 Mitarbeitenden bis zu grösseren Betrieben. Eine zweite stark wachsende Kategorie sind die Berufsmitgliede – also angestellte Floristinnen und Floristen. Als Partnermitglieder gelten Branchenpartner wie Zulieferer, Dienstleistungserbringer etc. Die Branche generiert einen jährlichen Umsatz von 600 Millionen Franken für Fachhandel Floristik, Gartencenter und Dorfgärtnereien, davon werden rund 250 Millionen Franken mit Blumen, Pflanzen und Dekoartikeln erwirt­schaftet. Die gesamte Branche beschäftigt inklusive Teilzeitangestellte circa 6000 Personen. CR

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