sgv begrüsst Stärkung der Höheren Berufsbildung
Im Schnitt Kosten von 280 Franken
VERZUGSSCHÄDEN – Nicht bezahlte Rechnungen führen zu hohen Kosten für die Gläubiger. 
Diese sollen den Schuldnern und nicht den zahlenden Kunden überwälzt werden.
Waren und Dienstleistungen werden bestellt, aber nicht immer bezahlt. Gläubiger verlieren so jährlich ĂĽber zehn Milliarden Schweizer Franken. In diesen FordeÂrungsÂausfällen nicht enthalten sind jene Kosten, welche von den Gläubigern zusätzlich fĂĽr Inkassomassnahmen aufgewendet werden mĂĽssen. Diese Kosten mĂĽssen von den Unternehmen selber getragen werden respektive werden im Laufe der Preisgestaltung auf die Konsumentinnen und Konsumenten ĂĽberwälzt. Am Schluss zahlt die Allgemeinheit fĂĽr jene, die ihre Schulden nicht begleichen. Die Gerichte handhaben die Ăśberwälzung dieser Kosten auf die Schuldner und Verursacher uneinheitlich. FĂĽr die Realisierung dieser Forderungen entstehen den Gläubigern zusätzlich Kosten.
Fehlende Instrumente
Die heutigen Instrumente zur Durchsetzung des Rechts des Gläubigers lösen das Problem, dass Schuldner ihre Rechnungen nicht begleichen, nicht. Die Forderung, allfällige Inkassokosten vertraglich oder über Allgemeine Geschäftsbedingungen AGB zu vereinbaren, zielt an der Praxis der Realität vorbei. Gerade gewerbliche Betriebe haben in der Regel nicht die Möglichkeit, über AGB Bedingungen zu diktieren, wie sie z. B. grosse Telekommunikationsunternehmen oder andere grosse Unternehmen haben.
Eine Motion des Luzerner FDP-Nationalrats Peter Schilliger verlangt, dass der Schuldner, welcher Kosten durch Spät- oder Nichtzahlung verursacht, diese nach dem Verursacherprinzip dem Gläubiger zu ersetzen hat. Laut Motionär geht es nicht an, dass säumige Zahler durch ihr Verhalten der Allgemeinheit einen Schaden verursachen. Weder die Lieferanten noch korrekt handelnde Kunden (durch PreisÂaufschläge) sollen fĂĽr den Schaden, welcher durch Zahlungsverzug Einzelner entsteht, aufkommen mĂĽssen.
Die Sicht des Experten
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat deshalb beim Schweizerischen Institut fĂĽr Klein- und Mittelunternehmen der Universität St. Gallen ein Gutachten in AufÂtrag gegeben, das diesen Verzugsschaden erfasst.
Heiko Bergmann, Forschungsleiter und Lehrbeauftragter, gibt Auskunft:
«Weder die Lieferanten noch korrekt handelnde Kunden 
sollen fĂĽr den ÂSchaden aufkommen mĂĽssen.»
Schweizerische Gewerbezeitung: Wie lautet der Auftrag fĂĽr die Erstellung der Studie?
n  Heiko Bergmann: In der Untersuchung sollte ermittelt werden, wie hoch typischerweise der Aufwand bei einem KMU ist, wenn der Schuldner nach Rechnung und zwei Mahnungen nicht gezahlt hat. Wir sollten also ermitteln, welchen Aufwand ein Unternehmen treiben muss, um seine Forderung gegenüber dem Schuldner durchsetzen zu können.
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Welche Methodik haben Sie angewandt?
n  Unser Vorgehen orientiert sich am Vorgehen des SECO bei der Abschätzung des administrativen Aufwands von Unternehmen infolge staatlicher Regulierungen. Wir gehen dabei von einem durchschnittlich effizienten KMU mit einer für seine Grösse typischen Infrastruktur aus. Den Arbeitsaufwand der einzelnen Arbeitsschritte – z. B. telefonische Kontaktaufnahme, Einholen einer aktuellen Betreibungsauskunft, Einleiten der Betreibung etc. – haben wir über einen Workshop mit KMU-Vertretern sowie über Interviews von Rechtsanwälten mit breiter Inkassoerfahrung abgeschätzt.
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Was sind die Ergebnisse der Studie?
n  Nach Rechnung und zwei Mahnungen wenden Gläubigerunternehmen ca. 225 Minuten fĂĽr Aktivitäten auf, die betriebswirtschaftlich und/oder rechtlich notÂwendig sind, um ihre Forderung einzubringen oder einen Verlustschein zu erhalten. Hierbei handelt es sich um einen Durchschnitt ĂĽber alle Schuldner. Dies entspricht Gläubigerkosten von 279,21 Franken.
Welche Konsequenzen lassen sich aus diesem Ergebnis ableiten?
n  Die Ableitung von Handlungsempfehlungen war nicht Gegenstand der Studie. Aus meiner persönlichen Sicht lassen sich aus dem Ergebnis die beiden folgenden Schlussfolgerungen ableiten: Aus betrieblicher Sicht verdeutlicht der hohe Aufwand, dass Unternehmen versuchen sollten, Zahlungsverzögerungen und ForderungsÂausfälle zu vermeiden. Dies kann geschehen durch Vorabklärungen der KreditÂwĂĽrdigkeit, eine schnelle und regelmässige Rechnungstellung sowie eine konseÂquente Umsetzung von Inkassomassnahmen.
Aus politischer Sicht zeigt der hohe Aufwand, dass Gläubiger bei einem ZahlungsÂverzug des Schuldners häufig in einer schlechten Situation sind. Der hohe adminiÂstrative Aufwand, der fĂĽr die Durchsetzung einer Forderung notwendig ist, erklärt, warum es in der Praxis fĂĽr das einzelne Unternehmen durchaus rational sein kann, eine ausstehende Forderung ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach abzuÂschreiben. Letztendlich fĂĽhrt so ein Verhalten aber dazu, dass all die Kunden, die sich korrekt verhalten und ihre Rechnung fristgerecht bezahlen, die entstehenden Kosten anteilig tragen mĂĽssen. Gerade im Bereich des rechtlichen Inkassos sind Spezialkenntnisse erforderlich, ĂĽber die KMU typischerweise nicht verfĂĽgen und die eine umfangreiche Einarbeitung erforderlich machen. Es gibt aus meiner Sicht daher gute Argumente fĂĽr eine Klarstellung und Verbesserung der Rechte von Gläubigern in der Schweiz.
Kl
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