Publiziert am: 07.10.2016

Immerhin ein tragbarer Kompromiss

ENERGIESTRaTEGIE 2050 – Das Parlament hat dem ersten Massnahmenpaket zugestimmt. Die Vorlage gilt beim Vorstand des sgv als ausgewogen. Der sgv wird sich deshalb nicht an einer Unterschriftensammlung für ein Referendum dagegen beteiligen.

Die erste Etappe der Energiestrategie 2050 ist endlich angenommen worden. Dieses Programm kostet etwa drei Milliarden Franken im Jahr. Trotzdem hat der Schweizerische Gewerbeverband sgv «Ja» dazu gesagt. Warum nur? Zugegeben: Die Vorlage ist nicht revolutionär. Die gute Nachricht allerdings ist, dass damit ein kompletter Regimewechsel verhindert werden kann. Stellte man jedoch alles auf den Kopf, entstehen Transaktionskosten. Diese fallen nun weg. Die Energiestrategie führt lediglich jene Instrumente, die heute schon bestehen, weiter. Eine Tatsache ist, dass dabei die gros­se ordnungspolitische Flurbereinigung nicht umgesetzt werden konnte. Es wäre jedoch überraschend, wenn so etwas ausgerechnet im Energiedossier gelungen wäre. Deshalb muss man unumwunden zugeben, die Vorlage hat viele Mängel. Dazu gehören zum Beispiel die nochmalige Abgabeerhöhung für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) und der Ausbau der Subventionen im KEV-System.

Befristung des KEV-Systems

Trotz dieser Mängel ist es auch gelungen, markante Verbesserungen –auch im Vergleich zu heute – anzubringen. Dazu gehört die zeitliche Befristung des KEV-Systems. Zum ersten Mal nimmt sich das Parlament ernsthaft vor, eine Subvention abzuschaffen, womit eine alte Forderung des sgv erfüllt wäre. Die KEV selbst wird dabei marktnäher gemacht. Ein grosser Erfolg ist die Schaffung steuerlicher Anreize für die Erhöhung der Energieeffizienz. Nunmehr können Gebäude-Rückbaukosten über zwei Jahre steuerlich abgezogen werden. Der Bundesrat wird zusätzlich noch weitere abzugsfähige Investitionen in der Energieeffizienz benennen. Eine Verbesserung der Vorlage selber ist vor allem die Umwandlung von Zielen in Richtwerte. Diese Ziele hätten die zweite Etappe und damit auch eine Verfassungsänderung vorweggenommen. Sie wären auch eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat. Die korrigierten Richtwerte, die jetzt in der Vorlage stehen, sind zwar ambitiös, lösen aber keinen zusätzlichen Regulierungsbedarf aus. Müsste man eine Bilanz über die Vorlage ziehen, wäre diese leicht positiv. Sie wird jedoch noch positiver, wenn das Umfeld der Energiestrategie 2050 mitbewertet wird. Volksinitiativen wie die «Grüne Wirtschaft» oder der «Atomausstieg», bundesrechtliche Vorlagen wie das neue CO2-Gesetz und das Klima- und Energielenkungssystem sind nämlich viel problematischer als die Energiestrategie 2050.

sgv-Vorstand verzichtet auf 
eine Unterschriftensammlung

Auch der sgv-Vorstand ist der Meinung, das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie sei eine ausgewogene Vorlage, wobei das Positive leicht überwiege. Deshalb hat er unter Vorbehalt eines Gegenantrags aus der Gewerbekammer entschieden, dass der sgv sich nicht an einer Unterschriftensammlung für ein Referendum gegen das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 beteiligt. Sollte die nötige Unterschriftenzahl zusammenkommen, wird die Gewerbekammer statutengemäss die Parole fassen.

Fazit: Die Energiestrategie 2050 ist nicht die beste Vorlage, die je gemacht wurde, aber auch nicht die schlechteste. Sie ist ein tragbarer Kompromiss.

Henrique Schneider,

Stv. Direktor sgv

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