Publiziert am: 04.10.2019

«Innovation statt Verbote»

FRANZ GRÜTER – Der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter ist VR-Präsident der Green-Gruppe, die total rund 130 Mitarbeiter beschäftigt. Er kandidiert am 20. Oktober für den Ständerat.

Schweizerische Gewerbezeitung: Sie haben über zwei Jahrzehnte ein IT-Unternehmen aufgebaut und geführt. Trotzdem haben Sie sich entschieden, noch eine Politkarriere einzuschlagen. Wie bringen Sie Ihre Engagements unter einen Hut?

Franz Grüter: Es ist in der Tat ein Spagat, in der Wirtschaft aktiv zu sein und gleichzeitig in der Politik. Aber ich finde es wichtig, dass wir in Bern nicht nur Berufspolitiker haben. Wer selber ein KMU führt, kann die Probleme der Wirtschaft besser nachvollziehen und auch geeignete Lösungen vorschlagen.

«Unternehmer verleihen einer forderung eine hohe glaubwürdigkeit. deshalb sollten sie sich zu politischen themen äussern.»

Firmenchefinnen und -chefs zögern sehr oft, in der Politik aktiv zu werden. Weshalb ist es wichtig, dass Unternehmer im Parlament vertreten sind?

Das ist auf jeden Fall wichtig. Doch haben viele Firmenchefs ja nur schon Mühe damit, sich öffentlich zu politischen Themen zu äussern. Sie lagern diese Aufgaben an Lobbyisten und Verbände aus. Doch gerade sie wären gefordert, ihre Wünsche an die Politik nach aussen zu tragen. Sie sind wichtige Multiplikatoren und verleihen einer ­Forderung eine grosse Glaub­würdigkeit.

Sie haben in Lupfig (AG) vor wenigen Wochen das erste Hochleistungs-Rechenzentrum für Cloud-Betreiber eingeweiht. Was macht die Schweiz als Datenstandort international so attraktiv?

Die Schweiz ist so attraktiv, weil sie Stabilität, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit bietet. Genau diese Verlässlichkeit suchen Unternehmen, wenn sie Daten hier speichern. Hinzu kommt, dass wir hier sehr gute Infrastrukturen haben, fähige IT-Fachleute und nicht zuletzt auch einen gut ausgebauten Datenschutz.

Was können KMU von «Zürich-West 3» und der «Cloud» erwarten?

Mit Zürich-West 3 bieten wir erstmals in der Schweiz ein Datacenter, das komplett den Anforderungen der internationalen Cloud-Anbieter genügt. Sprich: Leistung, Sicherheit und Verfügbarkeit orientieren sich an ihren internationalen Standards. Für KMU ist es nun also möglich, die Dienste dieser Cloud-Provider zu nutzen und dabei trotzdem ihre Daten in der Schweiz zu halten. Im Innern der Green-Rechenzentren ­erhalten Unternehmen zudem in abgesicherten Zonen Platz für ihre eigenen Server. Das Angebot nennt sich Colocation.

«verbote und abgaben sind der falsche weg. investieren wir lieber in innovation und technologie.»

Als IT-Unternehmer sind Sie auf Fachkräfte angewiesen; gleichzeitig werben sie für eine Begrenzung der Zuwanderung. Wie geht das zusammen?

Das Hauptproblem bei der Zuwanderung ist, dass wir sie nicht eigenständig steuern können. So wie das im Übrigen alle Staaten tun, ausser der EU. Bei der Regelung mit den Drittstaaten sind wir sehr restriktiv und verpassen so die Chance, weltweit die besten Talente zu rekrutieren. Gerade in zukunftsträchtigen Branchen brauchen wir diese aber. Dafür sind wir innerhalb der EU zu offen und müssten die Zuwanderung eindämmen.

Staatsnahe Firmen wie etwa die Berner BKW AG kaufen immer mehr KMU auf; oft in der Haustechnik, jüngst auch im ICT-­Bereich. Was bewirken solche Einkäufe im Markt?

Das führt unweigerlich zu Markt­verzerrungen. Oft kompensieren diese Betriebe ja dann, dass ihr angestammtes Geschäft nicht genügend rentabel ist. Zusätzlich konkurrenzieren sie plötzlich KMU – auf dem Markt, aber auch bei Betriebsübernahmen. Das widerspricht sämtlichen liberalen Grundsätzen!

In Ihrem dritten Datacenter haben Sie neue energetische Massstäbe gesetzt, was den Energieverbrauch betrifft. Die Wirtschaft tut bereits heute sehr viel für den Klimaschutz – für Klimaaktivisten aber längst nicht genug. Was kann, was soll die Schweiz fürs Klima tun?

Den weitaus grössten Effekt erzielen wir, wenn wir unsere Forschung und Entwicklung im Bereich Nachhaltigkeit ausbauen. Denken Sie etwa an das Projekt der ETH Zürich, mit dem es gelingt, aus Sonnenlicht und Luft flüssigen CO2-neutralen Treibstoff herzustellen. Investieren wir also lieber in Innovation und Technologie; Verbote und Abgaben sind für mich der falsche Weg.

In der Herbstsession enterten junge Klimaschützer die Tribüne im Nationalrat und skandierten Parolen. Ihr Kommentar?

Wir leben in einer Demokratie, welche die freie Meinungsäusserung stützt. Die Frage ist aber, ob die Besuchertribüne des Nationalrats die richtige Bühne ist, um eine Meinung kundzutun. Ich meine, dafür gibt es passendere Orte.

Bis weit ins bürgerliche Lager werden eine Verteuerung der Energie und neue Steuern etwa auf Flügen gefordert. Was wären die Folgen für die weniger begüterten Schweizerinnen und Schweizer?

Die Verteuerung der Mobilität und der Energie birgt das grosse Risiko einer Zweiklassengesellschaft. Und gewisse Menschen, die bereits jetzt wenig auf Nachhaltigkeit setzen, werden ihr Verhalten dennoch nicht ändern. Ich denke also, dass die Massnahme wenig Wirkung entfaltet, aber viele Menschen hart trifft.

«die verteuerung der mobilität und der engergie birgt das grosse risiko einer zweiklassen-gesellschaft.»

Nach nur einer Legislatur im Na­tio­nalrat wollen Sie nun in die klei­ne Kammer wechseln. Wie schätzen Sie Ihre Chancen für einen Wechsel in den Ständerat ein?

Ich halte meine Chancen für intakt, in die kleine Kammer einzuziehen. Der Wahlkampf ist aber in vollem Gange und mir fällt es schwer, den Ausgang einzuschätzen.

Interview: Gerhard Enggist

ZUR PERSON

«Die Zukunft liegt in der Cloud»

Franz Grüter (56) sitzt seit 2015 für die Luzerner SVP im Nationalrat. Am 20. Oktober kandidiert der erfolgreiche IT-Unternehmer für einen Sitz im Ständerat. Der Verwaltungsratspräsident der Green Datacenter AG und der green.ch AG hat Mitte September im aargauischen Lupfig – in Anwesenheit von Bundesrat Guy Parmelin – mit dem Datacenter Zürich-West 3 nach ­gerade einmal einjähriger Bauzeit das erste Hochleistungs-Rechenzentrum für Cloud-Betreiber eingeweiht.

Nachdem Green im April 2019 den Abschluss der Planungsarbeiten für ein neues 16-Megawatt-Cloud-Rechenzentrum verkündet hatte, wurde schon Mitte September eine Planungsstudie für zwei weitere Datacenter präsentiert. Diese sieht vor, das Areal in Lupfig auf insgesamt sechs unabhängig operierende Datacenter mit einer Bruttogeschossfläche von 70 000 m2 zu erweitern. Für Grüter ist klar: «Die Zukunft liegt in der Cloud. Mit jährlichen Wachstumsraten von über 30 Prozent werden schon bald neue Kapazitäten nötig sein. Und diese wollen wir in Lupfig realisieren und damit ein Ökosystem für Cloud-Anbieter, Partner und Unternehmen schaffen, das seinesgleichen sucht. Green Datacenter leistet damit einen wichtigen Beitrag zum erfolgreichen Schweizer Datenstandort.» En

www.greendatacenter.ch

www.franz-grueter.ch

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