Publiziert am: 17.09.2021

Jura – Wandern und Genuss pur

WANDERN – Der Jura wird als kleine Schwester der Alpen manchmal etwas belächelt. Völlig zu Unrecht, denn er ist ein Paradies für Wanderer, Skilangläufer, Naturliebhaber und Genussmenschen. Autor Ruedi Horber hat schon einige hohe Gipfel bestiegen.

Zwar ist der höchste Punkt des Juras nur 1720 m hoch. Dank seiner Längenausdehnung von etwa 300 km kann man hier wandern ohne Ende. Es locken aber nicht nur spektakuläre Felsenarenen wie der berühmte Creux du Van, endlose Wälder und menschenleere Hochweiden, der Etang de Gruyère und der malerische Lac de Joux, sondern auch kulinarische Genüsse: Eine feine authentische Küche zu vernünftigen Preisen, erlesene Weine im französischen Jura – und Hochprozentiges. Mit einem Anteil von 70 Prozent (9903 km2) liegt der Jura überwiegend in ­Frankreich.

Die Höchsten

Ambitionierte Alpinisten nehmen sich alle Viertausender der Alpen vor. Meine Ziele sind bescheide-ner: Besteigung der zehn höchsten, über 1600 m hohen Juragipfel. Neun davon habe ich schon geschafft, es fehlt noch der etwas abgelegene Crêt de la Goutte in Frankreich. Der höchste Schweizer ist der 1679 m hohe Mont Tendre, eine sanfte Erhebung zwischen dem Col de Marchairuz und dem Col du Mollendruz, eine einfache Gratwanderung mit wenig Höhendifferenz. Jene, die es gemütlicher mögen, fahren bis zur Buvette du Mont Tendre hoch und erreichen dann den Gipfel in nur 15 Minuten.

Der höchste Jurassier, der Crêt de la Neige, liegt in Frankreich. Dieser Rekord war allerdings lange umstritten: Bis zu einer Neuvermessung im Jahre 2003 ging man davon aus, dass der benachbarte Reculet mit 1717,4 m praktisch gleich hoch war. Nun ist alles klar: Der Crêt de la ­Neige wurde um 2,4 m auf 1720 m erhöht, der Reculet hat das Nachsehen. Wir bestiegen das Dach des Juras an einem schönen, aber kalten Herbsttag, allerdings auf die anstrengendere Art: Der Sessellift auf der Nordseite bei Lélex hatte seinen Betrieb schon eingestellt, sodass wir unseren Gipfel von der Talsohle aus auf abwechslungsreicher Route bewältigen mussten. Der Lohn: eine Aussicht vom Feinsten mit Blick auf den Genfersee hinunter und hinüber zum Montblanc.

Hochprozentiges

Das bekannteste Getränk aus dem Schweizer Jura mit Schwerpunkt Val de Travers ist zweifellos der Absinth. Er wird traditionell aus Wermut, Anis, Fenchel sowie je nach Rezeptur einer Reihe weiterer Kräuter und Alkohol hergestellt. Da die meisten Absinth-Marken grün sind, hat sich die Bezeichnung «La fée verte» eingebürgert. Der Alkoholgehalt liegt üblicherweise zwischen 45 und 89 Volumenprozent, sodass das Getränk mit Wasser verdünnt genossen wird. Zeitweise war der Absinth in vielen europäischen Staaten verboten, da er aufgrund seines Thujon-Gehalts abhängig mache und schwerwiegende gesundheitliche Schäden hervorrufe. In der Schweiz sind die Herstellung und der Verkauf von Absinth erst seit 2005 wieder erlaubt. Weine aus dem Jura? Ja, die gibt es. Allerdings ist das knapp 2000 Hektaren grosse Anbaugebiet im französischen Jura mit seinem eher rauen Klima bei uns wenig bekannt. Die Winzer pflegen einen natürlichen, eigenwilligen Wein-Stil. Neben dem Chardonnay gibt es ­einige Spezialitäten: Bei den Rotweinen der leichte Poulsard und der schwergewichtigere Trousseau. Am bekanntesten ist jedoch der Vin jaune, der ausschliesslich im Jura mit einer ganz speziellen Methode aus der Savagnin-Traube gekeltert wird, ein eigenwilliges Gewächs. Ein guter Vin jaune kann im Idealfall über 100 Jahre alt werden, ohne ­seine Frische zu verlieren. Mein Favorit ist aber eine andere jurassische Spezialität: Der süssliche Vin de paille, dessen Trauben vor der Gärung auf Strohmatten oder Holzgestellen getrocknet werden.

Ruedi Horber

www.wanderungen.ch

www.myswitzerland.com

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