Publiziert am: 11.01.2022

Kein generelles Tempo 30 innerorts

TEMPO 30 Keine Verschlechterung der Lieferbedingungen für lokale Geschäfte und keine Benachteiligung der KMU in städtischen Gebieten: Dies forderte sgv-Präsident Fabio Regazzi heute an einer Medienkonferenz des TCS in Bern.

Der Schweizerische Gewerbeverband spricht sich gemeinsam mit dem TCS, dem Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (LITRA) und dem Schweizerischen Feuerwehrverband (SFV) für ein differenziertes Geschwindigkeitsregime innerorts aus und damit gegen generell Tempo 30. Während auf siedlungsorientierten Strassen Tempo 30 und in Begegnungszonen auch Tempo 20 eingeführt werden kann, muss auf verkehrsorientierten Strassen weiterhin Tempo 50 gelten. Es ist wichtig, die Hierarchie des Strassennetzes zu respektieren und seine Funktionalität auf Schweizer Ebene zu gewährleisten. Diese Unterscheidung wird laut einer Umfrage des Link-Instituts von drei Vierteln der Schweizer Bevölkerung befürwortet. «Jeder Strassentyp hat eine ganz bestimmte Funktion die respektiert werden muss, um die Funktionalität des gesamten Netzes zu gewährleisten», fasste Peter Goetschi, Zentralpräsident TCS die Ausgangslage zusammen.

Benachteiligung für KMU

Im März 2001 hatte sich das Schweizer Volk klar gegen eine generelle Einführung von Tempo 30 innerorts ausgesprochen (79,7 Prozent dagegen, kein Kanton dafür). Eine kürzlich durchgeführte Umfrage zeigt, dass sich diese Haltung nicht geändert hat: 84 Prozent der Bevölkerung will am aktuell geltenden Geschwindigkeitsregime innerorts festhalten. Ein klarer Wille, der den vereinzelten Initiativen einiger Städte und Ortschaften zur generellen Einführung von Tempo 30 entgegensteht. So trägt das Leugnen der Notwendigkeit, Tempo 50 auf den Hauptverkehrsachsen beizubehalten, zur Verschlechterung der Lieferbedingungen für lokale Geschäfte bei und benachteiligt kleine und mittlere Unternehmen in städtischen Gebieten, sagte sgv-Präsident und Nationalrat Fabio Regazzi (Die Mitte/TI) an der Medienkonferenz in Bern. «Die Stadtbewohner vergessen manchmal, dass die von ihnen im Stadtzentrum gekauften Produkte und Dienstleistungen zum allergrössten Teil auf der Strasse transportiert werden und dass die Lieferzeit ein entscheidender Faktor bei der Festlegung des Endpreises ist. Eine allgemeine Einführung von Tempo 30 in Städten führt in Verbindung mit anderen Hindernissen wie dem massiven Abbau von Parkplätzen dazu, dass sich Geschäfte ausserhalb der Stadtzentren ansiedeln.»

Laut TCS-Zentralpräsident Peter Goetschi, könne Tempo 30 zwar in Wohngebieten oder auf dem siedlungsorientierten Strassennetz sinnvoll sein. Wichtig sei aber, die Hierarchie des Strassennetzes einzuhalten. Für Goetschi bedeutet dies Folgendes: Auf verkehrsorientierten Strassen in städtischen Gebieten (Hauptstrassen, Verbindungsstrassen) soll mit Ausnahmen Tempo 50 beibehalten werden. Die Behörden sollen die Möglichkeit haben, auf Sammel-, Versorgungs- und Quartierstrassen die Geschwindigkeit auf 30 km/h zu begrenzen, Tempo-30-Zonen einzurichten, oder auch 20 km/h in Begegnungszonen.

Dieser differenzierte Ansatz führe auch dazu, dass die Funktionalität und Attraktivität des Netzes gewährleistet werden könne. Dies gilt zum Beispiel auch für schnelle Elektrovelos (45 km/h), die durch eine allgemeine Beschränkung auf 30 km/h stark benachteiligt würden, aber auch für Wohnviertel, die dadurch nicht unter der der unvermeidlichen Verkehrsverlagerung bei einer Senkung des Tempolimits auf den Hauptachsen leiden müssten.

Ausweichverkehr und längere Einsatzzeiten der Notdienste

Für Nationalrat Martin Candinas (FDP/GR), Präsident der LITRA, « wird eine allgemeine Einführung von Tempo 30 auf den Hauptachsen der Städte und Agglomerationen einen negativen Effekt auf die Nutzung des öffentlichen Verkehrs haben. Trams und Busse werden ihre Attraktivität für die Nutzer verlieren und dies wird eine Verlagerung auf andere Verkehrsmittel zur Folge haben.»

Die allgemeine Einführung von Tempo 30 in den Städten werde die Effizienz der Notdienste beeinträchtigen, warnte SFV-Präsident Laurent Wehrli. «In unserem Beruf zählt jede Minute, um Leben zu retten, und eine allgemeine Einführung von Tempo 30 in Ortschaften wird unweigerlich unsere Einsatzzeit verlängern, insbesondere für freiwillige Feuerwehrleute oder zurückbeorderte Berufsfeuerwehrleute, die nicht über die vorrangigen Mittel verfügen, um zur Feuerwache zu gelangen. Das ist klar zum Nachteil der Opfer, die sich auf die Notdienste verlassen.»

Zwei Drittel der Bevölkerung wollen kein generelles Tempo 30

Im Dezember 2021 hat der TCS das Institut LINK mit einer repräsentativen Umfrage bei der Schweizer Bevölkerung beauftragt (vgl. Kasten). Die Ergebnisse sind eindeutig: 68% der Schweizerinnen und Schweizer lehnen eine generelle Einführung von Tempo 30 innerorts ab. Die Ergebnisse zeigen keinen signifikanten Unterschied zwischen Stadt (68%) und Land (71%). Die Alternative, diese Beschränkung nur nachts einzuführen, findet ebenfalls keine Mehrheit; 55% der Bevölkerung lehnen diese Idee ab, nur 38% unterstützen sie und 8% äussern sich nicht. Auch in diesem Fall gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen Stadt (54% dagegen) und Land (57% dagegen).

Fast drei Viertel der Bevölkerung (73 %) bevorzugen die vom TCS vorgeschlagene Lösung und möchten, dass Tempo 30 nur auf siedlungsorientierten Strassen (z. B. Wohnvierteln) gilt. Sowohl Stadt als auch Land unterstützen diese Aussage mit 73%.

Die Umfrage zeigt auch die Befürchtungen der Bevölkerung hinsichtlich einer negativen Auswirkung auf den Verkehrsfluss (51%), während 25% das Gegenteil glauben und 8% angeben, nicht zu wissen, wie sich Tempo 30 auf den Verkehrsfluss auswirkt. Ein Stadt-Land-Graben ist in den Antworten nicht zu erkennen, da sowohl 51% der Befragten in den Städten als auch in den ländlichen Gebieten der Meinung sind, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung den Verkehrsfluss beeinträchtigen würde. Bestätigt wird dies auch durch die Tatsache, dass die Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit (84%) das derzeitige System unterstützt, welches eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h auf dem innerörtlichen Strassennetz vorsieht, während 30 km/h in der Ausnahme zur Anwendung kommt. Sowohl in den Städten (84%) als auch auf dem Land (87%) wird diese Einschätzung geteilt.

Nur gerade 6% der Befragten sind der Ansicht, dass sich eine allgemeine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h in städtischen Gebieten positiv auf die Reaktionsfähigkeit und Einsatzgeschwindigkeit der Rettungsdienste (Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen) auswirken würde, während 70% glauben, dass sich diese Massnahme negativ auswirken würde. In der Westschweiz findet diese Annahme am meisten Anklang, denn 85% der Westschweizer sind davon überzeugt, dass generelles Tempo 30 den Rettungsdiensten schaden würde, gegenüber 65% der Deutschschweizer.

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INFORMATIONEN ZUR UMFRAGE

Die angegebenen Zahlen sind gerundet. Die genauen Daten und Details der Umfrage stellt der TCS auf Anfrage zur Verfügung.

Die Umfrage wurde vom Institut LINK im Auftrag des TCS zwischen dem 1. und 7. Dezember 2021 durchgeführt. Zu diesem Zweck nahm eine für die Schweizer Bevölkerung repräsentative Stichprobe von 1›163 Einwohnern im Alter zwischen 15 und 79 Jahren an der Umfrage teil. Um die Aussagekraft der Ergebnisse zu maximieren, wurden zwei spezifische Fragen (generelle Einführung Tempo 30, Einführung Tempo 30 auf Neben- und Quartierstrassen) kombiniert und mit einem Wahrheitswert gewichtet.

www.tcs.ch

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