Publiziert am: 22.08.2014

Keine Diskriminierung mehr

GASTROSUISSE-INITIATIVE – Der Abstimmungskampf rund um die MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes hat begonnen: Damit fordert der Branchenverband einen einheitlichen Satz.

Für Restaurants gilt ein höherer Mehrwehrt-Steuersatz (8 Prozent) als für Take-Away-Betriebe (2,5 Prozent). Für GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer ist diese steuerrechtlich nicht vertretbare Ungleichbehandlung ein «Konstruktionsfehler», den der Branchenverband mit der Volksinitiative «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes» korrigieren will. Der «Wirteverband» fordert deshalb einen einheitlichen Satz. Eine Anhebung der MwSt lehnt er ab. «Seit Einführung 1995 verstösst die MwSt gegen den Grundsatz der Gleichbesteuerung gleicher Dienstleistungen», erklärte Platzer anlässlich des Startes der Abstimmungskampagne. Das Gastgewerbe werde gegenüber der Besteuerung anderer Lebensmittel diskriminiert, da das «Essen-Gehen» als Luxus eingestuft werde. Dies sei aber heute nicht mehr der Fall. «Es ist vielmehr eine Notwendigkeit unserer Lebens- und Arbeitsgewohnheiten. Man darf die Mobilität und Flexibilität nicht bestrafen.»

«Eine Lösung, die das Essen zu hause verteuert, akzeptieren wir nicht.»

Zur Behauptung, bei einer Annahme der Initiative würde der Preis für Grundnahrungsmittel steigen, kontert Platzer: «Dies ist eine willentliche Fehlinterpretation unserer Anliegen. Wie genau die Initiative umgesetzt wird, muss der Gesetzgeber entscheiden; aber eine Lösung, die das Essen zu Hause verteuert, werden wir keinesfalls akzeptieren.» Die Einwände der Gegner – dem Bund, der AHV und der IV würden so jährlich 750 Millionen Franken in der Kasse fehlen – sind für Platzer «Angstmacherei». Mit Steuerausfällen schüchtere der Bund immer ein, wenn es darum geht, Steuererleichterungen zu verhindern. «Bevor der Bundesrat mit dem Untergang der Bundesfinanzen droht, sollte er zuerst einmal selber Ordnung im eigenen Haushalt schaffen», argumentiert der versierte Hotelier aus Kandersteg/BE.

«DIE DISKriminierung DES GASTGEWERBES IST auch bildungspolitisch falsch.»

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv und zahlreiche Parteien unterstreichen die Wichtigkeit dieser Initiative der Gastronomen. Dazu der Freiburger SVP-Nationalrat und sgv-Präsident Jean-François Rime: «Seit den 90er-Jahren verwischen sich die Grenzen zwischen Gastgewerbe, Einzelhandel und Take-Aways immer mehr.» Dieses Mehrwertsteuersystem sei veraltet, und es könne doch nicht sein, dass die Gastronomie für ihr Engagement in der Ausbildungspolitik und für ihren sozialen Einsatz durch eine erhöhte Besteuerung bestraft werde. «Wir müssen die Gastronomiebranche stärken und somit 210 000 Arbeitsplätze und 9000 Lehrstellen sichern», betont Rime.

In dieselbe Kerbe schlug auch Nationalrat Hans Grunder (BDP/BE): «Es ist auch bildungspolitisch falsch, dass ein Wirtschaftszweig, der in diesem grossen Ausmass Arbeits- und Ausbildungsplätze schafft und zur Verfügung stellt, steuerlich benachteiligt wird.» Für «eine gute Sache kämpfen», will auch Nationalrat Adrian Amstutz (SVP/BE): «Besonders in Berg- und Tourismusregionen stellt das Gastgewerbe zahlreiche Arbeitsplätze für Menschen mit den unterschiedlichsten Bildungsgraden zur Verfügung.» Das Gastgewerbe fordere keine Bevorzugung und stelle keine unlauteren Forderungen nach Bevorzugung, sondern wolle einzig und allein die steuerliche Gleichstellung mit der Konkurrenz, brachte es auch Nationalrat Alois Gmür (CVP/SZ) auf den Punkt. Nationalrat Olivier Feller (FDP/VD) plädiert ebenso für gleich lange Spiesse in der Gastronomie.

Corinne Remund

ROLL-OUT

Die Kampagne rollt an

Der Abstimmungskampf von GastroSuisse über die Initiative «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!» nimmt Fahrt auf. Für die Abstimmungskampagne hat sich der engagiert Verband der Gastronomen eine einzigartige Aktion einfallen lassen und eine Flotte zum Eskortieren der Abstimmungskampagne auf die Räder gestellt. 14 Fahrzeuge werden von Mitte August bis Anfang September unterwegs sein. Die Kampagnentour führt quer durch die ganze Schweiz – zehn in der Deutschenschweiz, drei in der Romandie und eines im Tessin. Die Kampagnenfahrzeuge sind mit entsprechender Beschriftung «Bratwurstdiskriminierung stoppen!» nicht nur ein Blickfang und Aushängeschild für das Anliegen der Volksinitiative, sondern sie fahren sämtliche Gastrobetriebe an und liefern diesen das Kampagnenmaterial. Mit Flyer, Kleinplakate, Heckscheibenkleber, Zuckersachets, Tischsets sollen sowohl die eigenen Leute als auch die Gäste für die MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes sensibilisiert und über die Tatsachen und Meinungen zum Urnengang vom 28. September informiert werden. CR

NACHGEFRAGT

Breite Unterstützung

Schweizerische Gewerbezeitung: Das Gros des politischen Establishments lehnt die GastroSuisse-Initiative ab. Wie sind da Ihre Chancen, zu gewinnen?

n Casimir Platzer: Das stimmt so eigentlich nicht. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab, aber mehrere Parteien und wichtige Organisationen empfehlen ein JA.

Von wem wird GastroSuisse konkret unterstützt?

n Wir haben positive Signale von der SVP, BDP, den Jungfreisinnigen sowie zahlreichen Kantonalparteien, darunter auch die Grünen Waadtland sowie die BDP Aargau. Ebenso haben sich der Schweizerische Gewerbeverband sgv, die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete sowie der Schweizer Tourismusverband, Seilbahnen Schweiz, hotelleriesuisse und auch das Konsumentenforum für ein JA zu unserer Initiative ausgesprochen. Diese Unterstützung von links bis rechts, von Stadt und Land, gibt uns die Gewissheit, dass wir am 
28. September ein Stück Geschichte schreiben werden.

Wie stark engagieren sich Ihre eigenen Leute in diesem Abstimmungskampf?

n Wir haben mit einem sogenannten Roll-Out eine einzigartige Aktion lanciert. Dabei werden 14 Fahrzeuge von Mitte August bis Anfang September in der ganzen Schweiz unterwegs sein und als Aushängeschilder der Kampagne dienen. Bei der Aktion werden wir so viele Gastronomiebetriebe als möglich mit diversem Werbemittel beliefern. Am 15. August haben wir unsere Hauptkampagne lanciert. Nun tritt der Abstimmungskampf in die heisse Phase, unter anderem mit Plakaten und unzähligen Strassenaktionen unserer Kantonalverbände und Bezirkssektionen. Interview: CR

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