Publiziert am: 08.02.2019

Klar verbesserte Vorlage

TABAKPRODUKTEGESETZ – Der Bundesrat hat den Rückweisungsantrag des Parlaments zur ersten verunglückten Version des Geschäftes grösstenteils umgesetzt, allerdings mit Lücken. Die Beratungen dazu beginnen in der ständerätlichen Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit am 19. Februar.

Nach dem Ständerat stimmte am ­8. Dezember 2016 auch der Nationalrat dem Rückweisungsantrag zum ersten Entwurf des Tabakproduktegesetzes zu; denn der Mehrheit ging die Vorlage zu weit. Insbesondere wurden zusätzliche Restriktionen wie neue Werbeverbote abgelehnt. Knapp zwei Jahre später, am 30. November 2018, unterbreitete der Bundesrat seine zweite Botschaft zum Tabakproduktegesetz an das Parlament, und siehe da: Die Neuauflage orientiert sich zum grossen Teil am Rückweisungsantrag, ob aus innerer Überzeugung oder eher ­widerwillig, sei einmal dahingestellt. Harsche negative Reaktionen der Gesundheitsapostel liessen jedenfalls nicht auf sich warten. Die Gegenseite wird sicher nichts unversucht lassen, das Rad wieder zurückzudrehen und ihre bereits lancierte Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» als Druckmittel einzusetzen.

Das Positive vorweg

Der Bundesrat hat den Auftrag des Parlaments, die Jugend zu schützen, mit der Festlegung des Mindestabgabealters von 18 Jahren und dem Verbot von speziell an Minderjährige gerichteter Werbung umgesetzt. Zudem: Ein neuer Kodex der Branche und Händler verbietet die Abgabe von Tabakprodukten und elektronischen Zigaretten an Minderjährige. Dies wird vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv und von der Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik AWMP ausdrücklich begrüsst und unterstützt. Ebenso positiv zu bewerten ist der Verzicht auf neue generelle Werbebeschränkungen.

Der sgv und die AWMP werden Anträge, unter dem Deckmantel des Jugendschutzes neue Restriktionen und Werbeverbote einzuführen, ­vehement bekämpfen. Die Tabakbranche ist bereits heute in ihrer wirtschaftlichen Freiheit stark eingeschränkt und reguliert. Nicht alles, was die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt oder was im Ausland gemacht wird, ist sinnvoll und muss in der Schweiz mit helvetischem ­Perfektionismus umgesetzt werden. Wie das Beispiel Frankreich mit der hohen Raucherquote von deutlich über 30 Prozent zeigt, führen mehr Verbote und Vorschriften nicht zwingend zum Verzicht auf den Glimmstängel.

Nachbesserungen notwendig

Weniger positiv beurteilen der sgv und die AWMP die vielen Delegationsnormen im Gesetz. Beispielsweise erhält der Bundesrat über Artikel 31 quasi die Carte blanche, weil er bei den Ausführungsbestimmungen international anerkannte Richtlinien, Empfehlungen und Normen zu berücksichtigen hat. Zudem ist die unverblümte Aufforderung in ­Artikel 20 an die Kantone, weiter zu gehen als es das Tabakprodukte­gesetz vorsieht, strikte abzulehnen. Zudem sind die Kann-Formulierungen geradezu eine Einladung an die Verwaltung und namentlich das umtriebige Bundesamt für Gesundheit BAG, mehrdeutige Regelungen auf der Grundlage internationaler Normen zu erlassen oder den Parlamentswillen nach einer massvollen Vorlage auszuhebeln.

Schliesslich ist die vom Parlament geforderte differenzierte Regulierung der weniger schädlichen Alternativprodukte wie elektronische Zigaretten oder erhitzter Tabakprodukte nur ungenügend umgesetzt worden. Und noch etwas: Die Unterstellung rauchfreier Erzeugnisse unter das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen ist unverhältnismässig. Oder ist es wirklich gesundheits­fördernd, dass Konsumenten von rauchfreien Produkten in Fumoirs Zigarettenrauch ausgesetzt würden? Wohl kaum!

Hélène Noirjean,

Ressortleiterin sgv

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