Publiziert am: 07.06.2019

Klein, aber verantwortungsvoll

MENSCHENRECHTE – Schweizer Firmen sollen Menschenrechte im In- und Ausland achten – das will ein nationaler Aktionsplan des Bundesrates. KMU können von speziell an ihre Bedürfnisse angepassten Umsetzungsinstrumenten für die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung profitieren.

Die Normen und Richtlinien zum Schutz der Menschenrechte in internationalen Organisationen sind oft komplex. Mit einfach fassbaren und verständlichen Umsetzungsinstrumenten will der Bund den Bedürfnissen der kleineren und mittleren Unternehmen gerecht werden. Er erarbeitet aktuell eine Broschüre, welche aufzeigt, wie KMU von der Menschenrechtsthematik betroffen sein können und wie die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung umgesetzt wird.

Die Broschüre soll den KMU den Einstieg in die Thematik mass-geblich erleichtern. Zudem werden seit Juni 2018 Workshops angebo-ten, welche sich spezifisch an KMU richten (vgl. Kasten). Diese Workshops werden in Zusammenarbeit mit den kantonalen Handelskammern und Branchenverbänden organisiert.

Die globalisierte Lieferkette – eine Herausforderung

Unternehmen können durch ihre Geschäftsbeziehungen in Menschenrechtsmissbräuche im Ausland verwickelt werden. Vor diesem Hintergrund sollen Unternehmen eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen. Dabei sollten Unternehmen die Risiken ihrer Aktivitäten in Bezug auf Menschenrechte identifizieren und Mass­nahmen ergreifen, um potenziell nachteilige Auswirkungen auf Menschenrechte zu verhindern. Die Effekte dieser Massnahmen müssen laufend beobachtet werden, weil sich die Situation der Lieferan-ten, der Geschäftspartner, der Länder und der Sektoren kontinuierlich verändert. Die Sorgfaltsprüfung sollte nebst den eigenen Aktivitäten auch die direkte Lieferkette und andere Geschäftspartner betreffen. Die Einführung einer gebührenden Sorgfalt bedeutet nicht notwendigerweise mehr Arbeit, denn häufig kennen die KMU ihre Lieferan-ten und ihre Geschäftsbeziehungen gut. Schweizer Unternehmen besitzen hierzulande hohe Standards, etwa in den Bereichen Arbeits-sicherheit, Gesundheitsschutz und Verbot der Diskriminierung. Viele KMU verfügen über Geschäftsmodelle, welche aus sozialer und ökologischer Sicht verantwortungsvoll sind. Für die Anwendung einer gebührenden Sorgfalt im Umgang mit Menschenrechten können sich KMU auf ihre bereits existieren-den Prozesse wie interne Kontrollsysteme, Risikoanalysen oder Beschaffungspraxis stützen. Das Ausmass der Sorgfaltsprüfung hängt von der Grösse des Unterneh-mens, der Art der Unternehmensaktivität und der geogra­fischen Region ab, in welcher die unter-nehmerischen Aktivitäten stattfinden.

Erste Fortschritte bei

Unternehmen

Sowohl grosse Unternehmen wie auch KMU sind sich bewusst, dass die Achtung der Menschenrechte strategische Vorteile bietet: Das Risikomanagement wird allgemein verbessert, weil durch eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung neue Risiken im Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen frühzeitig erkannt werden können. Lieferausfälle werden vermindert und die Produktivität gesteigert. Des Weiteren trägt die Sorgfaltsprüfung zum Schutz der Unternehmensreputation bei. Tatsächlich erwarten Investoren, Regierungen, Kunden und Verbraucher vermehrt, dass die Unternehmen (inklusive KMU) ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte kennen und vorsorgliche Massnahmen treffen, um Missbräuche zu verhindern. Deshalb veröffentlichen viele Unternehmen Grundsatzerklärungen zu den Menschenrechten oder zur Corporate Social Responsibility oder sie verfügen über einen Verhaltenskodex für Lieferanten.

Risiken je nach Sektoren

unterschiedlich

Es gibt Sektoren, die stärker von potenziellen Menschenrechtsverletzungen betroffen sind als andere. Vor allem der Rohstoffsektor steht in Bezug auf die Menschenrechte in den Exportländern vor ernsthaften Herausforderungen. Die Schweiz gehört zu den weltweit wichtigsten Orten des Rohstoffhandels. Deshalb hat der Bund in Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessensgruppen (Kantone, NGOs und Privatsektor) einen Leitfaden für die Umsetzung von guten Praktiken im Rohstoffhandel erarbeitet (vgl. Link). Der Leitfaden zeigt auf, was von den Handelsunternehmen in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte erwartet wird, und gibt praktische Ratschläge, um die gebührende menschenrechtliche Sorgfalt in der gesamten Wertschöpfungskette umzusetzen.

Neben dem Rohstoffsektor sind weitere Branchen mit Menschenrechtsrisiken behaftet. Deshalb erwartet der Bundesrat von allen Schweizer Unternehmen, dass sie ihre menschenrechtliche Verantwortung gebührend wahrnehmen, ungeachtet ihrer Grösse, Tätigkeit oder Branche.

Valérie Berset Bircher,

Botschafterin für Internationale Arbeitsfragen beim SECO

https://bit.ly/2Jzk0Zv

INPUTS FÜR KMUNationaler Aktionsplan (NAP)Praktische Hilfsmittel für KMUOECD-Leitfäden

Nationaler Aktionsplan (NAP)

Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) enthält 50 politische Instrumente, mit denen die Schweiz die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umsetzen will. Der NAP setzt auf nicht verbindliche Massnahmen und fördert konkrete Umsetzungsinstrumente. Der NAP liefert eine Übersicht über die gesamten Massnahmen der Bundes, um Menschenrechte im Rahmen wirtschaftlicher Aktivitäten zu schützen.

Praktische Hilfsmittel für KMU

Auf der neuen Internetseite des Bundes, www.nap-bhr.admin.ch, finden Unternehmen viele nützliche Informationen zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte (Workshops, Anleitungen für die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung, Brancheninitiativen sowie anschauliche Praxisbeispiele).

OECD-Leitfäden

OECD-Leitfäden zur Sorgfaltsprüfung in der Wertschöpfungskette generell, sowie für spezifische Branchen (z. B. Rohstoff-, Landwirtschafts-, Textil- oder Finanzsektor) enthalten konkrete Empfehlungen und praktische Beispiele (für mehr Informationen vgl. www.csr.admin.ch). Die Leitfäden wurden von 48 Staaten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen entwickelt und stellen internationale Standards dar.

Meist Gelesen