Publiziert am: 21.06.2019

Die Meinung

Klima, Klimapanik – und Klimapolitik

Panik hilft nicht. Notstände noch weniger. Denn gerade wenn das weltweite Klima ein Problem ist, sind rationale Lösungen gefragt. Ganz generell tut mehr Pragmatismus immer gut.

Zur Einordnung: Die Schweiz ist Verursacherin von etwa einem Promille der weltweiten Emissionen an Treibhausgasen. Von 1990 bis 2015 hat die Schweiz etwa 15% ihrer Inlandemissionen reduziert. Bis 2020 wird sie sogar die 20%-Marke erreichen. Das ist geschehen bei gleichzeitigem Anstieg der Wirtschaftsleistung um mehr als das Doppelte und gleichzeitiger Zunahme der Bevölkerung um etwa ein Drittel. Doch in derselben Zeit sind die globalen Emissionen um etwa 50% gestiegen; die zehn stärksten Emittenten sind für etwa 70% der weltweiten Emissionen verantwortlich. Dazu gehören China, die USA oder etwa Indien. Diese zehn stärksten Emittenten haben alle keine vergleichbar ambitiösen Klimaschutzziele, wie die Schweiz sie hat.

Was heisst das für die Schweiz? Einerseits soll sich das Land nicht entmutigen lassen. Die bisherige Klimapolitik hat sich ausgezahlt. Die Schweiz ist unter den klimafreundlichsten Ländern der Welt. Und ihr ist es gelungen, Klimaschutz mit wirtschaftlicher Verträglichkeit zu verbinden. Dazu gehören etwa die Zielvereinbarungsprogramme zur Steigerung der Energieeffizienz von Unternehmen oder die Kompensationsprogramme im In- und Ausland.

Die aktuelle Klimapolitik der Schweiz ist ein politischer Kompromiss. Nicht alles funktioniert gut. Nicht alles ist leicht verständlich. Doch er hat einen entscheidenden Vorteil: Er setzt auf ein pragmatisches Abwägen von Zielen und Instrumenten. Er unterscheidet zwischen Klein- und Grossunternehmen, er setzt auf Freiwilligkeit und ist trotzdem verbindlich.

Als das Parlament begann, das neue CO2-Gesetz zu behandeln, war es immer noch diesem Pragmatismus verpflichtet. Das war nicht zuletzt so, weil der Bundesrat selbst einen pragmatischen Entwurf präsentiert hatte.

Rational betrachtet ist das bundesrätlich Ziel, die Schweizer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren, ambitiös. Bei entsprechender pragmatischer Ausgestaltung des Gesetzes jedoch machbar. Pragmatisch ist das Gesetz, wenn es weiterhin auf die Zielvereinbarungsprogramme setzt, wenn es konsequent auf Technologieverbote verzichtet, wenn es nach Wirtschaftssektoren unterscheiden und vor allem, wenn es der Innovation von unten – bottom up – genügend Freiraum lässt.

Hier kommt aber das Problem: Die Klimapanik greift um sich. Plötzlich wird alles, was im Zusammenhang mit dem Klima steht, ideologisiert. Die Instrumente werden einem moralisierenden Diktat unterworfen. Es wird nicht mehr zwischen wirksam und unwirksam unterschieden, es gelten die Kategorien «gut» und «böse». Energieeffizienzprogramme werden beispielsweise nicht anhand ihrer Wirksamkeit gemessen. Der Wald wird nicht als CO2-Senke gewürdigt. Das Gebäudeprogramm wird nicht an seinem Output beurteilt. Diese Massnahmen gelten nun als «böse» – einfach deshalb, weil sie nicht ins ideologische Schema der Klimapanik passen.

Panik und Notstände haben noch nie zu guten Entscheiden geführt. Im Gegenteil: Sie machen das Problem, das sie zu lösen vorgeben, viel grösser. Das beste Mittel, Herausforderungen anzugehen, ist noch immer der rationale Pragmatismus. Das gilt insbesondere in der Klimapolitik.

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