Publiziert am: 03.07.2020

Klima und Rendite

TEST BAFU/SIF – Das Bundesamt für Umwelt und das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen laden zum Klimaverträglichkeitstest. Wie gehen Vorsorgewerke damit um?

Anfang März haben das Bundesamt für Umwelt Bafu und das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF Vorsorgeeinrichtungen, Versicherungen, Banken und «Vermögensverwaltende» eingeladen, an einem «freiwilligen Klimaverträglichkeitstest» teilzunehmen. Der Test wird nach 2017 zum zweiten Mal durchgeführt. Die Schweizerische Gewerbezeitung sgz hat bei grossen Vorsorgeeinrichtungen nachgefragt, wie sie sich zu dem Test stellen und was sie sich davon erhoffen.

Auffangeinrichtung macht nicht mit

Als einziges der von der sgz angefragten Vorsorgewerke macht die Auffangeinrichtung am freiwilligen Klimaverträglichkeitstest des Bafu/SIF nicht mit. Doch würde die Organisation, um ihre Klimaverträglichkeit zu erhöhen, auf Rendite verzichten – und falls ja, wie würde sie dies ihren Versicherten erklären? «Die Auffangeinrichtung tätigt keine Geschäfte, die sich nachweislich nachteilig auf die künftige Rendite auswirken», hält Séverine Jagmetti, Mitarbeiterin Kommunikation, fest. «Die Verantwortlichen bei der Auffangeinrichtung glauben nicht an die Prognostizierbarkeit der Märkte. Eine verlässliche Prognose, ob eine erhöhte Klimaverträglichkeit im Portfolio künftig Rendite kostet oder bringt, lässt sich folglich nicht herleiten.»

www.aeis.ch

Compenswiss: Diesmal dabei

Compenswiss, der Ausgleichsfonds AHV/IV/EO, ist für die Verwaltung der drei Vermögen der AHV, IV und EO verantwortlich. «Compenswiss hat sich diesmal für die Teilnahme an der freiwilligen Klimaverträglichkeitsprüfung entschieden», teilt die compenswiss-Kommunikation mit. «Durch diesen Test kann eine erste Einschätzung der Klimaverträglichkeit des Portfolios von compenswiss vorgenommen werden. Der Test erlaubt es zudem, compenswiss gegenüber allen anderen Teilnehmern zu positionieren.» Zur Frage nach der Rendite teilt compenswiss mit: «Das Ziel besteht nicht im Verzicht auf Rendite. Es stellt vielmehr einen ersten Schritt zur Bewertung des Portfoliorisikos im Zusammenhang mit dem Klimawandel dar, was unserer Ansicht nach Teil der Pflicht von compen­swiss gegenüber ihren Versicherungsnehmern ist.»

www.compenswiss.ch

Publica: «Kein willentlicher Verzicht»

Die Pensionskasse des Bundes Publica nimmt – wie schon 2017 – am freiwilligen Klimaverträglichkeitstest des Bafu/SIF teil. «Mit der Teilnahme», sagt Silvia Husy, stellvertretende Leiterin Unternehmenskommunikation, «erhalten wir kostenlos die Möglichkeit, einen Vergleich mit den Ergebnissen aus der letzten Studie zu ziehen, die Sensitivitäten der Aktien- und Unternehmensanleihen-Portfolios in Bezug auf Klimarisiken besser beurteilen zu können und erstmals das Schweizer Immobilien-Portfolio hinsichtlich Klimarisiken einschätzen und mit anderen Portfolios vergleichen zu können.»

Einen willentlichen Verzicht auf Rendite zu Gunsten anderer Kriterien, z. B. der Klimaverträglichkeit, erachtet Publica als «nicht zulässig. Nur wenn wir der Überzeugung sind, dass wir für ein Risiko nicht ausreichend entschädigt werden, treffen wir entsprechende Gegenmassnahmen.»

www.publica.ch

PK Post setzt auf Dialog

Auch die Pensionskasse Post nimmt am Klimaverträglichkeitstest teil. «Wir sind der Meinung, dass wir die Klimarisiken in unserem Anlageportfolio dank breiter Diversifikation gut tragen können», sagt Adrian Klingele, Leiter Organisation & Informatik der PK Post. «Wir hoffen, dass wir aus den Resultaten des Klimaverträglichkeitstests Inputs für unsere Annahmen erhalten.»

Die Klimaverträglichkeit sei nur eines von vielen Nachhaltigkeitsthemen, die es bei der Geldanlage zu beachten gelte, so Klingele weiter. «Die Reduktion des CO2-Fussabdrucks darf deshalb nicht ein übergeordnetes Ziel in der Vermögensverwaltung sein. Wir arbeiten seit Jahren nach dem Grundsatz, dass Nachhaltigkeit – wovon Klima nur ein Aspekt ist – bei den Geldanlagen zu beachten ist, sofern die erwartete Rendite dadurch nicht gesenkt und das erwartete Risiko nicht erhöht wird.»

Deshalb setze die PK Post statt auf Sektor- oder Firmenausschlüsse auf den Dialog; in Klimafragen beispielsweise mit den weltweit grössten Unternehmungen der Zement- und Stahlbranche. «Jeder Ausschluss führt zu einer schlechteren Diversifikation des Portfolios und bedeutet die Ultima Ratio bei Unternehmungen, die nicht dialogbereit sind oder auch nach mehreren Jahren des Dialogs keine Fortschritte vorweisen können.»

www.pkpost.ch

PK SBB: Keine Minderung der Rendite

Die Pensionskasse SBB erhoffe sich aufgrund der Teilnahme am Klimaverträglichkeitstest eine höhere Transparenz mit Bezug auf die Klimaexposition ihrer Anlagen, sagt Patrick Zuber, Leiter Operations bei der PK SBB. Und er stellt fest: «Grundsätzlich darf die Nachhaltigkeitspolitik bei der PK SBB nicht zu einer Minderung der erwarteten Anlagerendite führen.»

www.pksbb.ch

PK Stadt Zürich

Die Pensionskasse Stadt Zürich nimmt erneut an dem Test des Bafu/SIF teil. Jürg Tobler, Leiter Geschäftsbereich Vermögensanlagen: «Der Klimawandel ist für die Vermögensanlage ein relevantes Risiko. Es ist aber schwierig, dieses zu messen. Die Methoden und Modelle dafür sind sich rasch am Ändern und Entwickeln. Mit der Teilnahme erhalten wir einen detaillierten und konkret auf unser Portfolio bezogenen Einblick in eine der möglichen Methoden. Daraus können wir Rückschlüsse für die von uns umgesetzte Klimastrategie ziehen.»

Zur Frage nach der Rendite sagt Tobler: «Pensionskassen dürfen nicht bewusst auf Rendite verzichten, sondern müssen einen marktkonformen Ertrag erwirtschaften. Bei der treuhänderischen Verwaltung des Vorsorgevermögens müssen sie alle relevanten Risiken berücksichtigen, wozu auch der Klimawandel gehört.» Wie das gemacht werde, liege in der Verantwortung des Stiftungsrates jeder einzelnen Pensionskasse. «Die PKZH hat für ihr Aktienvermögen eine Klimastrategie umgesetzt. Diese adressiert die sich aus dem Klimawandel ergebenden Risiken für das Aktienvermögen auf plausible Art und Weise mit verschiedenen Ansätzen. Unseren Versicherten und der Öffentlichkeit erklären wir unser Vorgehen mit detaillierten Informationen auf unserer Homepage.»

www.pkzh.ch

Umfrage: En

esg-kriterien

Ein Grundlagenirrtum

Solange es weder eine Verpflichtung noch klare Methodologien dazu gibt, haben sogenannte ESG-Kriterien (environmental, social and corporate governance) keinen Platz in der Verwaltung von AHV- und Pensionskassenvermögen (vgl. auch «Die Meinung», Seite 2). Das Gleiche gilt für die Klimaverträglichkeit. Die meisten der im Artikel abgegebenen Antworten gehen von einem Grundlagenirrtum aus. In der Vermögensverwaltung gilt: je mehr Risiko, desto höhere Rendite. Wenn ESG- und Klima-Kriterien dazu dienen, das Risiko zu vermindern, so reduzieren sie auch die Rendite. Wenn sie aber umgekehrt eine Renditechance darstellen, dann erhöhen sie das Risiko. Alles andere ist ein Ammenmärchen.

Henrique Schneider

Meist Gelesen