Publiziert am: 20.11.2020

Klimaschutz: Ermöglichen statt herbeiregulieren

«Corona» schlägt sie alle – und hat sogar das Megathema «Klimaschutz» dieses Jahr von den Frontseiten verdrängt. Aber Covid-19 wird wieder von der Bildfläche verschwinden – früher oder später. Lieber früher. Das Klimaschutz-Thema aber wird bleiben. Und das ist gut so. Denn Umwelt- und Ressourcenschonung sowie Energieeffizienz sind enorm wichtig. Für die Bevölkerung, die Wirtschaft, für künftige Generationen.

Es geht ja bald auf Weihnachten zu, und da darf man sich bekanntlich etwas wünschen. Ich wünsche mir, dass man den Klimaschutz mit Unternehmergeist angeht. Ein frommer Wunsch vielleicht, wenn ich an vergangene Diskussionen zurückdenke. Allzu oft wird versucht, umweltfreundliches Handeln herbeizuregulieren. Mit Zwängen und Verboten à discrétion. Im Visier der Vorschriften und Zwangsabgaben steht oft die «böse Wirtschaft». Es scheint mir manchmal so, als hätten Bund und Kantone die fixe Überzeugung, dass sie die Wirtschaft auf den «richtigen» Weg zwingen müssten.

Ja, die Energiewende und das Umsteigen auf erneuerbare Energien sind für KMU eine Chance. Aber: Zu dieser Einsicht gelangen die allermeisten KMU ganz von alleine. Denn der effiziente Umgang mit Ressourcen, Nachhaltigkeit und Innovation sind ur-unternehmerische Themen. Deshalb wird im Betrieb und bei der Kundschaft meistens die energieeffizienteste und nachhaltigste Lösung umgesetzt. Weil diese ganz einfach kostensparender ist. Die Preisdifferenz zu den energieeffizientesten Varianten ist heute meist so gering, dass der Blick getrost auf die langfristige Perspektive gelegt werden kann. Und dort zeigt sich, dass allfällige einmalige Mehrkosten durch die ­Energieersparnis schnell amortisiert sind – zum Beispiel im Gebäudetechnikbereich.

Die Unternehmen und die KMU diskutieren und regulieren nicht, sie handeln. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen, zum Beispiel mit jenen der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW): Insgesamt haben die rund 4000 Unternehmen mit einer Zielvereinbarung bei der EnAW seit 2013 über 628 000 Tonnen CO2 reduziert. Die CO2-Intensität sank 2019 auf 86,6 Prozent. Damit ist der Soll-Zielwert des Bundes für das Jahr 2022 von der Wirtschaft bereits erreicht.

Um diese Entwicklung weiterzuführen, braucht es nicht noch mehr Vorschriften, sondern mehr Handlungsspielraum für Unternehmerinnen und Unternehmer. Mit Anreizen und mit Fördern nehmen wir die Bevölkerung mit und stimulieren die Wirtschaft. Viel mehr als mit Zwang und Verboten.

Positive Beispiele gibt es genügend. Für Vorbilder der CO2-freien Wärmeproduktion müssen wir nicht nach Kopenhagen schauen, Riehen (BS) genügt völlig. Vor 25 Jahren wurde dort in Pionierarbeit eine Geothermie-Anlage gebaut. Der Transparenz halber möchte ich darauf hinweisen, dass ich als früherer Gemeinderat und langjähriger Präsident der Wärmeverbund Riehen AG daran direkt ­beteiligt war. Mittlerweile versorgt der Wärmeverbund Riehen 40 Prozent der rund 21 000 Bewohnerinnen und Bewohner mit Erdwärme. Ohne Anschlusszwang. Sondern weil die Energie preislich konkurrenzfähig und ökologisch unschlagbar ist, weil CO2-frei. Die Planung für eine zweite Anlage ist weit fortgeschritten – Bund, Kanton, Gemeinde, Bevölkerung sowie alle Parteien stehen dahinter. Schweizweit ist das leider eine Ausnahme. Eigentlich müsste man mit Blick auf den Klimaschutz die Geothermie rasant vorantreiben. Aber oft hapert es, weil Bedenken und Ängste überwiegen.

Anderes Beispiel: Beim Heizungsersatz wird häufig statt auf Gas oder Öl auf eine Heizung mit Wärmepumpe oder Erdsonde gesetzt. Und das nicht nur in Basel-Stadt, wo das Energiegesetz eine neue Gas- oder Ölheizung verbietet. Sondern auch in anderen Kantonen. Weil der technologische Fortschritt diese Produkte attraktiver gemacht hat für die Menschen. Weil sie preislich attraktiv, günstiger im Unterhalt und umweltfreundlich sind.

Oder nehmen wir das Projekt «Wirtschaft unter Strom». Der Gewerbeverband Basel-Stadt und der Kanton haben dieses Projekt zur Förderung der Elektromobilität bei Unternehmen 2019 lanciert. Das Prinzip ist einfach: Der Kauf eines elektrisch betriebenen Firmenfahrzeugs wird mit bis zu 7000 Franken unterstützt. Die Nachfrage ist derart gross, dass der Regierungsrat den Förderkredit bereits nach einem Jahr aufstocken musste.

Um die Energiewende zu erreichen, müssen wir möglichst viele Mittel in Produkte investieren – sowie in Innovation und Anreizsysteme. Und nicht in die Durchsetzung von Regulierungen und Zwang. Mit einem solchen unternehmerischen Ansatz überzeugen und begeistern wir nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Bevölkerung.

*Marcel Schweizer, Präsident des Gewerbeverbandes Basel-Stadt und Inhaber eines Gartenbau-Unternehmens.

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