Publiziert am: 03.05.2019

Licht ins Dunkel

VERSICHERUNGSBROKER IM KREUZFEUER – Seit Beginn des Jahres häufen sich die Medienberichte über Versicherungsbroker. Einige Pensionskassen machen im Namen der Transparenz mobil gegen Brokerhonorare. Der aktionistische Coup dieser Pensionsassen birgt aber grosses Schadenspotenzial.

Die Frage ist grundsätzlich legitim und interessant: Was machen eigentlich Versicherungsbroker? «Sie vermitteln Versicherungsprodukte zwischen den Versicherungsunternehmen und den Versicherten – wobei Versicherte oft Unternehmen oder Pensionskassen sind», erklärt Markus Lehmann, Präsident des Schweizerischen Brokerverbandes SIBA (Swiss Insurance Brokers Association). «Der Versicherungsmarkt ist komplex. Kunden brauchen eine umfassende Beratung, um aus der grossen Produktpalette das richtige auszuwählen. Broker schaffen hier die notwendige Transparenz.»

Wie Autohandel – aber anders

Man kann es durchaus mit dem Automarkt vergleichen. Die Fahrzeughersteller verkaufen ihre Autos nicht direkt den Endkundinnen. Sie verkaufen an Markengaragen oder an den freien Handel. Erst die Händler und Garagisten verkaufen die Autos an die Kunden weiter. Auch wenn die Kundin eine Vorstellung des gewünschten Fahrzeugs hat, braucht sie meist Beratung. Das gilt vor allem bei Firmen, die gleich in eine ganze Flotte investieren müssen – ohne Beratung geht das nicht. Der Handel schafft also Transparenz.

«Es gibt jedoch wichtige Unterschiede zwischen dem Autohandel und den Versicherungsbrokern», wendet Lehmann ein. «Broker sind auf jeden Fall von den Versicherungsgesellschaften unabhängig. Ein Broker ist also kein Agent.» Im Übrigen werden sie vom Versicherungsaufsichtsgesetz reguliert und von der Eidgenössischen Finanzmarkt­aufsicht Finma kontrolliert. Die so zugelassenen Broker müssen sich ausserdem registrieren.

Transparente Entschädigungen…

Und was ist jetzt mit dem Streit mit einigen Pensionskassen? Es wird behauptet, das Entschädigungsmodell der Broker koste die berufliche Vorsorge jährlich 300 Millionen Franken. «Diese Zahl ist falsch», kontert Lehmann. «Die Courtagen – so heissen die Entschädigungen der unabhängigen Vermittler – betragen etwa 165 Millionen Franken.»

«Ein Broker ist kein Agent. Broker werden reguliert, von der Finma kontrolliert und müssen sich registrieren.»

Lehmann erklärt weiter: «Die Entschädigung für Broker ist gesetzlich geregelt. Kunden werden beim ersten Kontakt transparent über die Art und Herkunft der Entschädigung aufgeklärt. Darüber muss zwingend eine schriftliche Vereinbarung gemacht werden.»

Wie jeder Arbeiter und jedes Geschäft müssen auch Vermittler etwas verdienen können. Anders gesagt: Ohne Courtagen können Broker ihr Geschäftsmodell nicht halten.

…intransparente Anliegen

Dass Pensionskassen ein Interesse daran haben, Kosten zu senken, ist legitim. Es ist aber falsch, mit unkorrekten Zahlen zu operieren. Falsch ist auch zu meinen, ohne Broker würden die Kosten sinken. Wenn die Broker entfallen, müssen die Versicherungen den eigenen Vertrieb ausbauen. Das kostet. Die Kunden – also auch KMU – müssten sich selbst eine Übersicht in einem sehr komplexen Markt machen. Auch das kostet. Lehmann fasst zusammen: «Ohne Broker wird es teurer, weniger unabhängig und weniger transparent.» Die aktionistischen Pensionskassen haben nun betroffene Organisationen zum «runden Tisch» eingeladen, auch der sgv ist mit dabei. Klar ist: Es muss Licht in dieses Dunkel.

Henrique Schneider,

Stv. Direktor sgv

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