Publiziert am: 05.06.2020

Die Meinung

Licht und Schatten

Hektische Zeiten liegen hinter uns – und die Folgen sind nach wie vor nicht endgültig abschätzbar. «Covid-19-Krise» hat beste Chancen, zum Begriff des Jahres gewählt zu werden. Und wie immer in vergleichbaren Situationen gibt es Licht und Schatten.

Noch bevor der Bundesrat am Montagnachmittag vom 16. März den folgenschweren Lockdown verkündete, drückte der Schweizerische Gewerbeverband sgv in einem Brief an Bundesrat Guy Parmelin seine grosse Sorge im Hinblick auf die betriebliche und makroökonomische Lageentwicklung aus.

Dementsprechend machte sich der sgv stark für die Ausweitung der Kurzarbeit und machte von Beginn weg aufmerksam auf die Problematik von selbstständig Erwerbstätigen und geschäftsführenden Inhabern von Mikrounternehmungen in AG und GmbH.

Ebenso unterstrich der sgv in diesem Schreiben die Systemrelevanz der KMU für unser Land. KMU wirken nicht nur als konjunkturelle und arbeitsmarktliche Stabilisatoren. Sie sorgen auch für die Feinverteilung der Güter und tragen damit zur Versorgung der Bevölkerung bei, auch in dezentralen Räumen, in Randgebieten und Tourismusregionen. Entsprechend forderte der sgv für alle betroffenen Unternehmungen – unabhängig von Rechtsform, Branche und Geschäftsstrategie – nach dem Prinzip «KMU first» Liquiditätsunterstützung.

Und in der Tat, der Bundesrat hat den Ernst der Lage umgehend erkannt und für die Schweiz in Rekordzeit die notwendigen Schritte eingeleitet. Zu Recht zeigte sich Bundesrat Ueli Maurer befriedigt: «Das hat es so bei uns in der Schweiz noch nie gegeben.»

Bis 500 000 Franken Liquiditätskredite konnten dank einer Bürgschaft des Bundes in der Folge innerhalb weniger Stunden bei der eigenen Hausbank bezogen werden. Und das abgegebene Versprechen wurde in der Praxis auch tatsächlich eingelöst. Der sgv hat sich hinter den Kulissen insbesondere auch dafür eingesetzt, dass die Verzinsung bei null Prozent liegt.

Ein energisches Vorgehen des Bundesrates hat es ermöglicht, dass in nur wenigen Tagen ein funktionierendes Abfederungspaket für die Wirtschaft zusammengestellt wurde. Und in diesem Zusammenhang soll auch die enorme Leistung der Bundesverwaltung explizit gewürdigt sein.

Doch wo Licht ist, gibt es immer auch Schatten. Durch die unkomplizierte und fast formlose Kreditvergabe eröffnete sich automatisch auch die Gefahr des Missbrauchs. Dem Vernehmen nach werden diesbezügliche Fälle auch untersucht. Der sgv verurteilt derartige Vergehen aufs Schärfste und distanziert sich in aller Form davon. Das Gleiche gilt übrigens auch mit Blick auf allfällig unrechtmässig erhaltene Bezüge aus Kurzarbeitszeitentschädigung. Es kann nicht angehen, dass sich kriminelle Energie zu Lasten der Gesellschaft bereichert.

Es gibt auch andere grenzwertige Fälle. So hat etwa die Swiss schon am Wochenende vor dem Lockdown lautstark staatliche Unterstützungsgelder gefordert. Dass schliesslich ein Unterstützungspaket geschnürt wurde, geht soweit in Ordnung. Nicht nachvollziehbar ist hingegen, dass es die Swiss nicht für notwendig befindet, die KMU und ihre Kunden für annullierte Tickets rasch zu entschädigen. Hier spielt ein Grosskonzern hemmungslos seine Marktmacht aus (vgl. auch Artikel «Ein Paket voller Unklarheiten»). Eher peinlich berührt deshalb die E-Mail in diesen Tagen, in der sich der Swiss-CEO für die Unterstützungsmassnahmen bedankt. Es wird sich schon bald an der Urne zeigen, ob diese Konzernphilosophie mehrheitsfähig ist.

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