Publiziert am: 22.11.2019

Markt soll’s regeln, nicht der Staat

WOHNUNGSMARKT – Die am 9. Februar 2020 zur Abstimmung gelangende Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Mieterverbandes führt zu mehr Staatsinterventionismus und einer verstärkten Regulierung des Immobilienmarktes. Es ist deshalb wichtig, dass die Initiative abgelehnt wird.

Auf dem Papier ist die Hauptforderung der Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» des Mieterverbandes, dass der gemeinnützige Wohnungsbau kräftig angekurbelt werden müsse. Damit hätten die Kantone und der Bund dafür zu sorgen, dass schweizweit mindestens eine von zehn neu gebauten Wohnungen im Eigentum von gemeinnützigen Wohnbauträgern stünden. Bei einer Sozialwohnungsquote von zehn Prozent müssten schweizweit jedes Jahr über zweimal so viele gemeinnützige Wohnungen gebaut werden wie heute. Tatsächlich liegt der entsprechende Anteil derzeit bei fünf Prozent. Im Übrigen solle ein Vorkaufsrecht zugunsten der Kantone und Gemeinden geschaffen werden.

Fonds de Roulement aufstocken

Als Antwort des Bundesrates auf die Volksinitiative gibt es den indirekten Gegenvorschlag: Mit einem Rahmenkredit von 250 Millionen Franken soll der bestehende Fonds de Roulement zugunsten der gemeinnützigen Wohnbauträger ab 2020 über eine Zeitdauer von zehn Jahren in jährlichen Tranchen aufgestockt werden. Dieses Instrument soll der Darlehensvergabe an gemeinnützige Wohnbauträger dienen. Wird die Volksinitiative verworfen, wird die Aufstockung des Fonds de Roulement automatisch aktiviert.

Angriff auf den Föderalismus

Es ist wichtig, dass die Initiative am 9. Februar 2020 verworfen wird. Die Regulierung hat durch den Markt und nicht durch staatliche Eingriffe zu geschehen. Um den Wohnungsbau zu fördern, müssen wir die administrativen Verfahren lockern und nicht noch schwerfälliger machen. Mit dieser Initiative könnten die Eigentümer nicht mehr frei wählen, wem sie ihre Grundstücke verkaufen möchten. Dies aber würde die Garantie des privaten Eigentums, die ein verfassungsrechtliches Grundrecht ist, unterminieren.

«DIE INITIATIVE IST EINE BEDROHUNG FÜR DAS GRUND-RECHT AUF PRIVATEIGENTUM.»

Die Initiative strebt eine gesamtstaatliche Förderung des Mietwohnungsbaus an und stellt daher einen Angriff auf den schweizerischen Föderalismus dar. Die Wohnungsprobleme – wo es sie denn tatsächlich gibt – sind von Kanton zu Kanton, ja von Gemeinde zu Gemeinde sehr verschieden. Dem wird heute dadurch Rechnung getragen, dass die einzelnen Kantone und Gemeinden ihre eigene, auf die Problemstellungen vor Ort abgestimmte Wohnungspolitik führen können. Es ist unbestritten, dass die Wohnungsnachfrage in den grossen Städten wie Zürich, Basel, Genf oder auch Lausanne sehr hoch bleibt. Doch diese Städte setzen bereits heute eigene Massnahmen zur Wohnungsförderung um. Eine zentralisierte, pauschale Regulierung ist nicht dazu geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen, und würde diese eigenverantwortlichen und föderalistischen Lösungen konkurrenzieren.

Weder nötig noch realistisch

Die geforderten Marktinterventionen sind weder nötig noch realistisch. Die Bevölkerung verfügt bereits heute über eine ausreichende Zahl an erschwinglichen Wohnungen. Seit einigen Jahren ist am Schweizer Wohnungsmarkt ein Selbstregulierungsprozess im Gange: So sinken die Mieten tendenziell, während das Wohnungsangebot zunimmt. Staatliche Eingriffe sind also völlig überflüssig. Schliessen wir uns daher der Auffassung des Bundesrates und der eidgenössischen Räte an, die diese Volksinitiative, die nur Nachteile bringt, verworfen haben. Mit einem gesunden Markt und einem guten Angebot dienen wir den Wohnungssuchenden am meisten. Wird die Bautätigkeit erleichtert und ist Vermieten attraktiv, so wird auto­matisch in diesen Markt investiert. Subventionen, Regulierungen und Restriktionen hingegen eignen sich nicht als Anreize. Sie verteuern bloss den Wohnungsbau.

Hélène Noirjean, Ressortleiterin sgv

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