Publiziert am: 18.11.2022

Maximale Umverteilung: ein Eigentor!

OECD-Mindeststeuer – Eine Mitte-Links-Allianz der Wirtschaftskommission des Nationalrats will, dass der Bund auf Kosten der Kantone mehr Geld von den Mehreinnahmen durch die OECD-Mindeststeuer erhält. Diese Forderung ist gefährlich: Sie schmälert die Wettbewerbsfähigkeit und gefährdet den Standortvorteil.

Mit der OECD-Mindestbesteuerung versuchen steuerlich unattraktive Länder – in der Regel solche, die ihre Finanzen nicht im Griff haben und über ihre Verhältnisse leben – ihren Druck auf attraktive Länder zu verlagern. Entsprechend wird einmal mehr die Schweiz ins Visier genommen. Tatsächlich handelt es sich bei der ganzen Operation schlicht und einfach um einen Generalangriff auf Länder mit Finanzendisziplin und attraktiven Steuersystemen.

Schon heute steht fest: Diese neue Steuer wird eine neue Dynamik für grosse Unternehmensgruppen und die Steuerbehörden einleiten. Die Steuer von neu mindestens 15 Prozent auf grosse Unternehmensgruppen muss in der Schweiz eingeführt werden, da die Unternehmen ansonsten Gefahr laufen würden, die Differenz im Ausland versteuern zu müssen.

Attraktivität erhalten

Die Sache schien gut zu laufen, denn der Schweizerische Gewerbeverband sgv forderte ebenso wie der Bundesrat, der Ständerat und die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren, dass die Verteilung der geschätzten Einnahmen zwischen einer und 2,5 Milliarden Franken zu maximal 25 Prozent an den Bund und zu mindestens 75 Prozent an die Kantone gehen soll. Dies würde es den Kantonen ermöglichen, ihre Attraktivität zu erhalten, ohne den gesunden Steuerwettbewerb allzu sehr zu beeinträchtigen, und der Bund würde seinerseits konkrete Massnahmen auf seiner Ebene mit einem keineswegs vernachlässigbaren Betrag umsetzen.

Doch das ist leider noch nicht alles. Nach der OECD fügt nun auch die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N)dem internationalen Schema der Steuernivellierung ein weiteres Sandkorn hinzu, indem sie die Quasi-Konfiskation der zusätzlichen kantonalen Einnahmen befürwortet. Geht es nach der WAK-N, so wird das OECD-Schema für die Schweiz auf der Ebene des interkantonalen Steuerwettbewerbs und der Verteilung der Einnahmen gleich nochmals angewendet.

Weitere Umverteilung

Konkret lautet der Vorschlag der Linksparteien und der Mitte wie folgt: Sie schlagen für die zusätzlichen Einnahmen eine Verteilung von 50 Prozent an den Bund und 50 Prozent an die Kantone vor. Ausserdem wollen sie eine zusätzliche interkantonale Umverteilung für Einnahmen von mehr als 400 Franken pro Kopf in jedem Kanton einführen. Ihre Botschaft lautet sinngemäss: «Das Geld ist da, also lasst es uns verteilen.»

Die Realität ist aber nicht so einfach. Vor allem die Kantone Zug und Basel-Stadt müssten 90 Prozent beziehungsweise 79 Prozent ihrer Mehreinnahmen abliefern. Zuerst müssten sie die Hälfte dem Bund geben, der Rest würde dann auf die Kantone verteilt. Bei diesem letzten Punkt vergisst die Mitte-Links-Allianz, dass der nationale Finanzausgleich die Umverteilung zwischen den Kantonen bereits organisiert und dass man eher die wirtschaftlichen Anreizmassnahmen der Kantone unterstützen sollte, als dort eine Bettelmentalität für Finanzhilfen zu pflegen.

Rahmenbedingungen verbessern

Tatsächlich müssen die Kantone ihre Attraktivität erhalten, indem sie die Rahmenbedingungen für ihre lokale Wirtschaft verbessern. Wenn es den Kantonen schon gelungen ist, diese grossen Unternehmensgruppen anzuziehen, müssen sie nun auch in der Lage sein, diese trotz der zusätzlichen Steuerlast zu halten. Eine höhere Steuerbelastung ohne Verbesserung der konkreten Rahmenbedingungen für die gesamte Wirtschaft wird zu einer Verhaltensänderung der grossen Unternehmensgruppen und hin zu mehr Druck zur Standortverlagerung führen. Konkret bedeutet das: zu geringeren Einnahmen.

«die Mitte-Links-Allianz vergisst, dass der nationale Finanzausgleich die Umverteilung zwischen den Kantonen bereits organisiert.»

Vergessen wir nicht, dass der Bund durch die Gewinnbesteuerung der Unternehmen aus diesen beiden Kantonen bereits zwei Milliarden Franken (2018) erhält. Der sgv ist der Meinung, dass die Verteilung nur dann und insoweit einen Spillover-Effekt hat, als die Kantone mindestens 75 Prozent der Mehreinnahmen erhalten. Er wird sich vollumfänglich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen engagieren – ohne Wettbewerbsverzerrung für die KMU.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

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