Publiziert am: 01.05.2020

Mediensteuer im Zeichen der Corona-Krise

Mediensteuer – Auch an der Mediensteuer geht die Corona-Krise nicht spurlos vorbei. Als «gute Nachricht» verpackt, präsentierte der Bundesrat Mitte April eine Senkung der Mediensteuer für Privathaushalte um 30 Franken. Auf Geheiss des Bundesverwaltungsgerichts wird auch die Tarifstruktur bei den Unternehmen per Anfang 2021 angepasst.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv kritisiert seit Jahren die bundesrätliche Politik der Mediensteuer und fordert eine Befreiung aller Unternehmen von dieser sachfremden Steuer. Bis Ende 2018 konnte sich ein Privathaushalt oder eine Unternehmung von der damaligen Mediensteuer an die Billag abmelden. Seit 2019 sind alle Privathaushalte und alle Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 000 Franken generell und unabhängig von Empfangsgeräten steuerpflichtig. Die Unternehmen rechnen über die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV ab. Die Privathaushalte zahlen ihre Beiträge neu an die ­Serafe. Die Billag ist Geschichte.

Gericht ordnet neue Tarifstruktur an

Mit Urteil vom 5. Dezember 2019 rügt das Bundesverwaltungsgericht auf eine Beschwerde eines Berner KMU die aktuelle Abstufung der Mediensteuer für Unternehmen in sechs umsatzabhängige Tarifstufen als zu wenig differenziert und als zu degressiv. Einerseits sei die Spannweite der in der gleichen Stufe erfassten Umsätze eines Unternehmens zu gross, so dass die Steuerbelastung der Unternehmen in derselben Stufe im Vergleich zum Umsatz äusserst unterschiedlich ausfalle. Andererseits sei für Unternehmen in den tiefsten Tarifstufen die Steuerbelastung im Verhältnis zum Umsatz unverhältnismässig grösser als für Unternehmen in den höchsten Tarifstufen. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zum Schluss, dass der Tarif gegen das Verfassungsgebot der Rechtsgleichheit verstösst.

Der Bundesrat hat Mitte April entschieden, die Tarifstruktur zu verfeinern. Statt bisher sechs hat er neu 18 Tarifstufen definiert. Alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 500 000 Franken bleiben weiterhin von der Mediensteuer ausgenommen.

Weiterhin starke Belastung der Unternehmen

In der tiefsten Stufe zahlen Firmen mit einem Umsatz von 500 000 Franken bis 749 999 Franken künftig eine Steuer von 160 Franken, was einer Entlastung von 205 Franken entspricht. Für den Grossteil der Unternehmen wird die Mediensteuer ab 2021 sinken.

Es gibt aber auch Verlierer. Nicht nur Unternehmen mit über einer Milliarde Umsatz zahlen mehr (statt bisher 35 000 neu 50 000 Franken), sondern auch KMU mit einem Umsatz zwischen 15 und 20 Millionen Franken: Sie liefern künftig satte 45 Prozent mehr ab. Noch stärker fällt die Änderung bei Firmen mit einem Umsatz zwischen 90 und 100 Millionen ins Gewicht. Eine Unternehmung mit 90 Millionen Umsatz zahlt ab 2021 13 665 Franken. Bislang lag der Tarif bei 5750 Franken.

Forderungen des sgv bleiben bestehen

Zwar wird mit dieser Tarifänderung die Wirtschaft insgesamt um rund 53 Millionen entlastet. Der sgv erinnert aber daran, dass mit dem Paradigmenwechsel von 2019 die Belastung der Wirtschaft von rund 70 Millionen Franken nach dem alten System auf rund 170 Millionen für die Jahre 2019 und 2020 emporgeschossen ist. Der Gewerbeverband sgv hält trotz Änderung der Tarifstruktur und teilweiser Entlastung der Unternehmen an seinen Forderungen fest. Grundsätzlich sind alle Unternehmen von der Mediensteuer zu befreien. Es ist nicht ersichtlich, wieso Unternehmen Mediensteuer entrichten sollen, wenn die Mitarbeitenden über ihre Haushalte bereits für etwas bezahlen, das sie nicht gleichzeitig zu Hause und am Arbeitsplatz konsumieren können. Zudem sind die allermeisten Mitarbeitenden in der Firma nicht dafür angestellt, Fernsehen zu schauen und Radio zu hören.

Der sgv fordert auch, den Irrsinn der Doppelbesteuerung für Arbeitsgemeinschaften zu stoppen und ­einen entsprechenden Vorstoss des Nidwaldner FDP-Ständerates Hans Wicki umzusetzen. Arbeitsgemeinschaften, welche von anderen Unternehmen mit dem einzigen Zweck der Abwicklung eines bestimmten Geschäfts gegründet werden, werden ebenfalls erfasst. Damit wird die Steuer doppelt erhoben: einmal bei den an der Arge beteiligten Unternehmen und ein weiteres Mal bei der Arbeitsgemeinschaft selbst. Dieser Zustand ist inakzeptabel.

Sodann unterstĂĽtzt der sgv den Vorstoss von Nationalrat Fabio Regazzi (CVP/TI), der fordert, dass nur noch Unternehmen mit 250 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Vollzeitstellen) die Mediensteuer zu entrichten haben. Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden sind zu befreien.

Mehr Geld fĂĽr die SRG

Während der Abstimmung über die No-Billag-Initiative im März 2018 sind Versprechungen gemacht worden, bei der SRG Einsparungen vorzunehmen. Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ist bestätigt worden, die Mediensteuer zu plafonieren.

Rund zwei Jahre später sind diese Versprechungen Makulatur. Als Kompensation für wegbrechende Werbeeinnahmen soll die SRG ab 2021 jährlich 50 Millionen Franken mehr erhalten: Ein Entscheid, den man von der Corona-Krise gebeutelten KMU nicht vermitteln kann.

Dieter Kläy, Ressortleiter

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