Publiziert am: 18.06.2021

Modernes Raubrittertum

Kaum hat uns die gute Nachricht vom Übungsabbruch des Rahmenvertrags mit der EU erreicht, droht neues Ungemach: Das Kartell der abgebrannten Schuldenstaaten – genannt G7 – eröffnet einen eigentlichen Steuerkrieg gegen jene Länder, wo noch etwas zu holen ist. Die Reaktionen unserer Politiker und Journalisten erschöpfen sich leider bislang in technischen Fragestellungen, mit welchen Mitteln und Massnahmen man die geforderten Mindeststeuersätze für Unternehmen, dieses angeblich unvermeidliche Steuerdiktat, umsetzen könne.

Kaum jemand erkennt die Gefahr dieses neuen Raubrittertums. Das gilt leider auch für die SVP und deren Finanzverantwortliche auf Bundes- und Kantonsebene. Beim ­Versuch der G7-Schuldenstaaten, eine weltweite Harmonisierung der Steuern durchzusetzen, geht es ums Eingemachte, ums Lebendige: Es geht um die Unabhängigkeit der Schweiz. Eine Harmonisierung – dies zeigt die Erfahrung – bedeutet immer eine Harmonisierung nach oben, ist also gefährlich und wohlstandsbedrohend.

Das Problem geht allerdings tiefer und erschöpft sich nicht in einem allfälligen Geldverlust der Privatwirtschaft an den Staat. Es geht um den Grundsatz von Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung. Unsere Verfassung legt fest, dass die Kantone und die Bürger selber über die Höhe der Steuern befinden dürfen. Also nicht Joe Biden und seine Kumpels, Kumpane und Komplizen, die uns einen vorläufigen Mindestsatz vorschreiben wollen, der dann analog zu den Netflix-Gebühren später ständig weiter erhöht wird.

Die Frage der Steuern steht im Zentrum, ist ein Pfeiler der Unabhängigkeit. Die meisten Unabhängigkeitskriege sind wegen Steuern und Abgaben entbrannt. Der amerikanische Präsident sollte das eigentlich am besten wissen: Die Vereinigten Staaten haben sich vom britischen Mutterland unabhängig gemacht, weil sie sich dessen Steuerregime verweigerten und Mitbestimmung forderten. Heute führt Joe Biden die USA an – und missachtet das Fundament, das seinen Staat ausmacht. Er ist ein Haupttreiber dieses Steuerkriegs der G7, denn er türmt gerade einen gewaltigen Schuldenberg auf. Darum will er ans Geld der Unternehmen, aber auch an jenes der Bürger. Mit der angeblichen Harmonisierung will er jede Fluchtmöglichkeit verhindern.

Das ist brandgefährlich. Hier geht es um einen Grossangriff auf das völkerrechtlich verbriefte Selbstbestimmungsrecht der Staaten. Für die Schweiz ist die Gefährdung der Souveränität nichts Neues, das Land hat diese immer wieder erlebt: durch die Habsburger, durch Napoleon, in zwei Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, im Kalten Krieg, bei den nachrichtenlosen Vermögen, beim Bankkundengeheimnis. Immer wieder wurde versucht, die Schweiz fremden Gesetzen und fremden Richtern zu unterstellen.

Um nicht weniger geht es beim Angriff der G7 auf unsere Steuersouveränität. Die geforderten 15 Prozent auf Unternehmen wären nur der Anfang. Leider sind hierzulande gewisse Kantonspolitiker sogar noch froh, wenn es anderen Kantonen verunmöglicht wird, den Firmen tiefere Steuern anzubieten. Es gibt sogar eine gewisse Komplizenschaft gegenüber dem internationalen Steuererhöhungsdruck. Denn die Ausschaltung des Steuerwettbewerbs macht das Regieren leichter, zumal, wenn sie unter Ausschaltung der demokratischen Prozesse geschieht. Denn es ist offenkundig, dass beispielsweise die Amerikaner, die Japaner, die Deutschen oder die Franzosen diese Steuererhöhungen bei einer Volksbefragung kaum durchbringen würden.

Die Schuldengemeinschaft von offenkundigen Pleitiers, dieser verschworene Kreis der Abgebrannten, tut sich zusammen, weil sie nicht auf demokratischem Weg vorgehen wollen, sondern durch Zwang. Da muss sich die Schweiz wehren, da müssen wir dagegenhalten. Schade, sind unsere Politiker im «Xerox-Modus», in dem sie mit schlotternden Hosen alles kopieren und umsetzen, was uns internationale Organisationen vorschreiben wollen. Widerstand ist nicht zwecklos, sondern Pflicht – auch und gerade vom Schweizer Gewerbe!

*Der Zürcher SVP-Nationalrat Roger Köppel ist Chefredaktor und Verleger des Wochenmagazins «Die Weltwoche».

www.weltwoche.ch

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