Publiziert am: 07.10.2022

Ohne staatliche Intervention

FACHKRÄFTE – Das Potenzial vieler Frauen fehlt im Arbeitsmarkt. Nun will die Stiftung Top Skills «Elternfähigkeiten» in Arbeitsmarktfähigkeiten übersetzen. Dies entspricht dem Bestreben des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv: Er will die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken – ohne dafür auf den Bund zurückzugreifen.

Der Fachkräftemangel hat zur Folge, dass die Schweizer Volkswirtschaft ihr Wachstumspotenzial nur eingeschränkt ausschöpfen kann. Ein grosses, bisher nur beschränkt genutztes Potenzial an zusätzlichen Fachkräften liegt bei denjenigen – meist gut bis sehr gut ausgebildeten – jungen Frauen, die aufgrund familiärer Verpflichtungen nur in eingeschränktem Umfang einer Erwerbsarbeit nachgehen oder diese gar ganz aufgegeben haben. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf immer mehr Betriebe limitierend aus. «Mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf lässt sich das inländische Arbeitskräftepotenzial besser nutzen und es lässt sich mehr Wohlstand für alle generieren», hält der Schweizerische Gewerbeverband sgv in einem Positionspapier fest.

Potenzial nicht ausgeschöpft

Tatsache ist: Frauen sind immer besser ausgebildet (das Bildungsniveau jüngerer Frauen übersteigt dasjenige der Männer), sie schöpfen ihr Erwerbspotenzial aber schlechter aus. Die Erwerbsquote der Frauen ist tiefer als die der Männer. Und jene Frauen, die erwerbstätig sind, gehen mehrheitlich einer Teilzeitbeschäftigung nach. Das wirkt sich in verschiedener Hinsicht nachteilig aus: Die gesamte Lohnsumme, die sich die Frauen verdienen, ist tiefer als jene der Männer. Die Karrierechancen sind vielfach eingeschränkter, weil anspruchsvollere Tätigkeiten immer noch häufig mit einem hohen Beschäftigungsgrad einhergehen. Schlechter ist vielfach auch die soziale Absicherung, da die Leistungen vieler Sozialwerke (so etwa in der Altersvorsorge, der Invalidenversicherung oder der Arbeitslosenversicherung) einkommensabhängig ausgestaltet sind. Nicht umsonst mahnte die ehemalige Bundesrätin und heutige Präsidentin der Pro Senectute, Eveline Widmer-Schlumpf, kürzlich, Frauen sollten «mindestens 70 Prozent erwerbstätig sein», um im Rentenalter auf genügend Mittel zurückgreifen zu können.

Es geht – auch ohne Staat

Der sgv fordert, dass Familienpolitik weiterhin Sache der Kantone und Gemeinden bleibt, da diese viel bedarfsgerechter unterstützen und fördern können, und dass auf den Einsatz weiterer Bundesgelder für familienpolitische Programme verzichtet wird.

Dass die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch ohne staatliche Vorschriften möglich ist, beweisen unter anderem Unternehmen wie die St. Galler Schneiderei «Die Manufaktur» oder die Inderbizin + Kälin AG in Ibach/SZ (vgl. sgz vom 1. Juli). Und auch die Stiftung «Top Skills» engagiert sich dafür: Sie hat zum Ziel, am «Lernort Familie» trainierte Kompetenzen als «Work Skills» anerkennbar zu machen und damit den Fachkräftemangel zu lindern.En

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