Publiziert am: 05.09.2014

«Politisieren oder kassieren»

PETRA GÖSSI – Die Schwyzer FDP-Nationalrätin wirft der Stiftung für Konsumentenschutz vor, ­Politik statt Information zu betreiben.

Schweizerische Gewerbezeitung: Der Umgang mit dem Konsumenten­informations­gesetz KIG ist Ihnen ein Dorn im Auge. Was stört Sie daran?

n Petra Gössi: Als Liberale setze ich mich dafür ein, möglichst wenige Gesetze zu produzieren. Wo aber Gesetze existieren, sollen sie auch eingehalten und umgesetzt werden. Die Allianz von Konsumentenorganisa­tionen rund um die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) politisiert immer öfter. Trotzdem lässt sie sich vom Bund für «objektive» Konsumenteninformation bezahlen. Die Allianz kassiert damit Bundessubventionen für einen Auftrag, den sie als politischer Absender gar nicht erfüllen kann. Wer Bundesgelder missbraucht, um zu politisieren, entzieht sich den Vorgaben des Konsumenteninformationsgesetzes. Es ist natürlich das gute Recht der SKS, linke Propaganda zu betreiben, doch dann darf sie keine staatlichen Subventionen beanspruchen. Entweder nimmt sie den Auftrag aus dem KIG und die damit verbundenen Subventionen an und beschränkt sich auf reine Informationsarbeit, oder aber sie betreibt Politik und entscheidet sich dafür, ihre politische Agenda zu verfolgen. Nur so kann die vom Gesetz geforderte Objektivität gewährleistet werden.

«Wenn wir schon gesetze machen, so sollen sie auch ­eingehalten werden.»

Sie werfen der SKS vor, «linke Propaganda» zu betreiben. Worauf stützen Sie diesen Vorwurf?

nDie SKS engagiert sich für politische Anliegen und versucht, die öffentliche Meinung zu prägen. Um politische Ziele zu erreichen, verbündet sie sich mit linken Parteien und Gewerkschaften. Dies geht nicht einher mit der Pflicht, objektive Informatio­nen zu liefern.

Können Sie Beispiele nennen, 
wo die SKS als linke Kampforganisation auftritt?

nIm Rahmen der «Grünen Wirtschaft» fordert die SKS neue Entsorgungs- und Recyclinggebühren. Diese belasten aber die Wirtschaft und führen tendenziell zu höheren Preisen – die Rechnung zahlen die Konsumenten. Beim aktuell diskutierten Tabakproduktegesetz soll ein totales Werbeverbot für Tabakwaren gelten. Dies kommt unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes einer totalen Bevormundung der Konsumenten gleich. Zum Freihandelsabkommen mit China hat die SKS zusammen mit linken Parteien ein Schreiben beim Bundesrat eingereicht, in welchem sie sich klar dagegen ausspricht. Eigentlich könnte dieses Freihandelsabkommen aber zu einer breiteren Produktepalette führen, was den Konsumenten schliesslich zugute käme.

Wodurch würde sich denn eine «liberale Konsumentenpolitik» auszeichnen?

nSie soll objektiv informieren, ohne zu polemisieren oder zu politisieren. Mündige Bürger können sich ihr Urteil selbst bilden, verfügen über die Freiheit der (Aus-)Wahl und müssen nicht als schutzbedürftige Personen behandelt werden. Konsumentenpolitik darf nicht auf Gängelung und Bevormundung basieren; sie soll die Selbstverantwortung ins Zentrum stellen.

«Mündige Bürger können sich ihr ­Urteil selbst bilden.»

Welche Auswirkungen hätte eine Abschaffung der Pauschalbesteuerung, über die am 30. November abgestimmt wird, auf Ihren Kanton Schwyz?

nIm Kanton Schwyz leben gerade einmal rund hundert Pauschalbesteuerte. Genf, die Waadt, Graubünden, das Tessin, das Wallis oder Bern sind deutlich stärker betroffen. Für mich ist klar: Wer auf die Pauschalbesteuerung angewiesen ist, soll diese beibehalten dürfen. Ich bin aus freundeidgenössischen Überlegungen entschieden gegen eine Abschaffung der Pauschalbesteuerung. In Schwyz sind die Hürden für die pauschal Besteuerten schon heute hoch.

Sie gelten als harte Kritikerin 
des nationalen Finanzausgleichs (NFA). Was werfen Sie den ­Nehmerkantonen vor?

nEines vorweg: Ich stehe hinter dem Solidaritätsgedanken, der dem NFA zugrunde liegt. Was ich kritisiere, ist, dass der Bundesrat absolut keine Bereitschaft zeigt, den Geberkantonen Gehör zu schenken und auf die Problematik einzugehen. Indem er diese Diskussion verweigert, setzt er die Solidarität in der Schweiz aufs Spiel. Grundsätzlich beinhaltet der NFA in seiner Ausgestaltung negative An­reize: Die Nehmerkantone haben ­keinerlei Grund, sich zu verbessern, denn jede Verbesserung führt automatisch zu einer Verringerung der Beiträge, die sie erhalten.

Der Kanton Schwyz wurde in der Vergangenheit immer überproportio­nal stark belastet. Ursprünglich hat man von 36 Millionen gesprochen, die wir in den NFA-Topf einbezahlen müssen, aktuell sind wir schon bald bei 160 Millionen angelangt. Das sind rund 12 Prozent unseres Budgets, die wir für den NFA aufwenden müssen. Deshalb wird im Kanton Schwyz – notabene ein ländlicher Kanton – bereits über eine Steuererhöhung diskutiert. Das Geld muss schliesslich irgendwie in die Kantonskasse gelangen. Wenn es so weitergeht wie bisher, ist unser Eigenkapital nämlich in drei oder vier Jahren aufgebraucht.

«OHNE NFA-DISKUSSION SETZT DER BUNDESRAT DIE SOLIDARITÄT AUFS SPIEL.»

Was halten Sie als Expertin vom neuen Finanzdienstleistungs­gesetz: Bringt es Anlegerschutz oder Bevormundung?

nEs handelt sich dabei ganz klar um eine Bevormundung. Würde es nach dem Willen der Fidleg-Macher gehen, müsste sich jeder Kunde einem «Eignungstest» unterziehen und beweisen, dass er geeignet ist. Dies kommt einer Entmündigung gleich und – schlimmer – führt dazu, dass sich Kunden in einer falschen Sicherheit wiegen. Um gut 60 000 Franken in Fonds und Versicherungen anzulegen, müssten potenzielle Kunden 
459 Seiten lesen mit gesamthaft 
33 Unterschriften belegen, dass sie das Gelesene verstanden haben.

«DAS NEUE FIDLEG ZIELT AUF BEVORMUNDUNG.»

Schon heute ist die Hürde für eine Finanzberatung hoch. Es könnte deshalb in Zukunft durchaus passieren, dass «kleine» Kunden von der Finanzberatung ausgeschlossen würden. Menschen, die sich steuertechnisch nicht auskennen und nicht viel Geld haben, wären schliesslich auf sich allein gestellt. Das kann nicht Sinn und Zweck einer gesunden Finanzpolitik sein.

Und wie halten Sie es bei der Billag: Finden Sie es gerecht, wie Unternehmen zugunsten einer Mediensteuer geschröpft werden sollen?

nNein, das ist nicht gerecht. Die Unternehmer würden mit einer Doppelbesteuerung bestraft. Normalerweise hat man im Geschäft keine Zeit, Fernsehsendungen zu schauen, oder? Es handelt sich also beim neuen Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) ganz klar um eine zusätzliche Steuerbelastung. Vor allem KMU werden darunter zu leiden haben.

Interview: Stéphanie Jenzer

Zur Person

Die 38-jährige Petra Gössi ist Schwyzer FDP-Nationalrätin und wohnt in Küssnacht am Rigi. Die Juristin ist Präsidentin der Schwyzer Kantonalpartei. Im Nationalrat ist sie Mitglied der Finanz-, der Gerichts- und der Redaktionskommission. Gössi ist zudem Mitglied der Gewerbekammer, des «Parlaments» des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv.

jst

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