Publiziert am: 29.04.2022

Die Meinung

Polterer und Pleitiers

Die Post poltert herum. Sie sei ein innovativ-marktfähiges Unternehmen. Und sie gibt sich als Pleitier. Geld fehle für die Versorgung der Bevölkerung. In Wahrheit ist die Lage noch desolater. Laut Bundesverfassung hat die Post den Auftrag, die Schweiz mit Briefen und Paketen zu versorgen. Dafür hat sie sogar ein Monopol. Auf der Stufe des Gesetzes kommt noch der Auftrag der Zahlungsabwicklung dazu. In beidem versagt sie jämmerlich.

Die Post dürfte der erste Monopolist der Welt sein, dem Geld fehlt. Glaubt man ihrem Jammern, hat sie nämlich kaum Mittel. Deshalb streicht sie Stellen zusammen und verschiebt die Auslieferung immer später in den Mittag.Schon ein Blick auf den Geschäftsbericht erklärt, wo die Post ihr Geld verlocht. PostFinance ist nicht nur defizitär, sondern hat auch einen negativen Unternehmenswert. Diese Geschäftseinheit spielt sich gerne als Unternehmen auf. Sie hat sogar Angestellte, die sich Geschäftsleitung nennen. Oder Verwaltungsräte. Versuchen sie einen Turnaround? Übernehmen sie Verantwortung? Zahlen sie das Geld zurück, das PostFinance verloren hat? Unwahrscheinlich.

PostFinance ist derart marode, dass der Bundesrat sie privatisieren will. Und da sie am Fallieren ist, will die Exekutive über eine Milliarde Notfinanzierung in sie stecken, um sie verkaufen zu können. Doch wer kauft ein Unternehmen, das auch mit der Notfinanzierung pleite ist? Wer übernimmt heute ein Geschäftsmodell, das schon im 20. Jahrhundert bestenfalls mittelmässig war? Wer will eine Institution, die es im Markt nicht braucht?

Die Post bestreitet ihr Pleitier-Dasein. Dafür gibt sie sich als Polterer. Sie behauptet, innovativ und digital zu sein. Und da sie das nicht aus eigener Kraft schafft, kauft sie hippe Unternehmen ein, die dieses Versprechen einlösen.

Im Jahr 2021 hat der Tagesanzeiger einen Auszug eines internen Arbeitspapiers der Post publik gemacht. Sie will bis zum Jahr 2030 etwa 1,5 Milliarden Franken in andere Firmen investieren. Im Klartext heisst dies: Sie kauft KMU auf. Zu Preisen weit über dem marktüblichen.

Livesystems, ein Werbeunternehmen mit kaum zehn Millionen Jahresumsatz, kaufte die Post für – so wird in der Branche gemunkelt – über 100 Millionen. Schon im Jahr zuvor übernahm die Post die Mehrheit am Administrationssoftware-Unternehmen Klara. Auch hier sagen Experten, die Post habe sich im Preis übernommen. Statt also die Gelder in die Grundversorgung zu stecken, verzettelt sich der Monopolist zusehends. Das Geld, das für die Postversorgung fehlt, wird von PostFinance verbraten – und eingesetzt, um KMU aufzukaufen.

Es kommt noch schlimmer: Diese von der Post aufgekauften KMU machen anderen Unternehmen Konkurrenz. Der staatliche Monopolist setzt private Firmen unter Druck. Das sagt sogar die Wettbewerbskommission, welche die Post im Jahr 2017 mit einer Busse von über 22 Millionen Franken wegen Missbrauch ihrer Marktstellung belegt hat. Dieser Tage ist eine neue Klage wegen unfairen Wettbewerbs eingereicht worden.

Der Bund muss die Post auf ihren verfassungsmässigen Auftrag zurückbinden und ihr sämtliche Käufe anderer Unternehmen untersagen. Die bereits gekauften müssen zurück in den Markt geführt werden. PostFinance ist zu liquidieren. Und die Post soll sich darauf fokussieren, Briefe und Pakete zu transportieren. Sie ist sie kein Unternehmen. Sie ist eine Abteilung des Staates – ein Polterer und Pleitegeier.

Meist Gelesen