Publiziert am: 22.02.2019

Rasanter Höhenflug geht weiter

Konjunktur Osteuropa – Inmitten der grossen Wirtschaftsmächte befinden sich viele osteuropäische Länder auf Expansionskurs. Die Türkei-Krise wurde überwunden. Der Trend wird sich 2019 fortsetzen, auch dank der starken Diversifizierung dieser Wirtschaften. Drohende Risiken sind vor allem politischer Natur.

Osteuropa ist ein grosser Wirtschaftsraum mit sehr unterschiedlichen Wirtschaften. Ihnen gemeinsam ist nicht nur die kommunistische Vergangenheit, sondern der ständige Balanceakt zwischen den USA, der EU, der Türkei und Russland – neuerdings auch China. Dieses Ausbalancieren ist aber nicht (nur) Selbstschutz. Viele osteuropäische Wirtschaften sehen darin eine Chance.

Die vier grossen osteuropäischen EU-Mitglieder – Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei – befinden sich ungehindert auf wirtschaftlichem Expansionskurs. Für das Jahr 2019 wird erwartet, dass die Slowakei mit etwa vier Prozent Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) abschneidet. Polen und Tschechien sollen über drei, Ungarn um die drei Prozent ausweisen können.

Was ist der Treiber?

Diese Wirtschaften weisen etwas aus, was die ökonomische Theorie umständlich «Innovationsadoption» nennt. Dieser Ausdruck bezeichnet die Offenheit einer Wirtschaft für das Neue und ihre Umsetzung des Neuen in den wirtschaftlichen Aktivitäten. Das Neue kann dabei eine Technologie sein, aber auch Geschäftsideen oder Bildung.

Ganz generell erhöht die Innovationsadoption die Produktivität der Wirtschaft. Das hat wiederum zwei positive Auswirkungen. Einerseits wächst die Wirtschaft dadurch nachhaltiger, und andererseits wachsen auch die Löhne und Gewinne der Wirtschaftstreibenden. Ganz konkret ausgedrückt: Bei Wirtschaften mit hoher Innovationsadoption sind alle bessergestellt. Das wird auch in den Statistiken deutlich. Etwa bei der Lohnhöhe schliessen diese Wirtschaften gegenüber dem EU-Durchschnitt rasant auf – und sind bereits vor den Durchschnittswerten von Portugal, Malta oder Zypern.

TĂĽrkei-Krise erfolgreich

gemeistert

Auch die Länder des sogenannten Westbalkans und Bulgarien und Rumänien verzeichnen gute Wachstumszahlen. Für erstere Gruppe werden BIP-Entwicklungsraten von bis zu fünf Prozent, für Rumänien und Bulgarien knapp vier Prozent im Jahr 2019 erwartet. Dass diese Wirtschaften viel robuster sind als auch schon, zeigt das Jahr 2018. Alle Länder haben die Türkei-Krise gemeistert. Und das, obschon die Türkei für einige der wichtigste Aussenwirtschaftspartner ist – noch vor der EU.

Osteuropäische Staaten – ob EU-Mitglied oder nicht – weisen stark diversifizierte Wirtschaften aus. Sie sind weder von einer Branche noch von einem einzelnen Handelspartner abhängig. Das schafft gleich­zeitig mehr Chancen und mindert die Risiken. Polen ist beispielsweise enger mit China verflochten, als Deutschland es ist. Bulgarien hat keine Probleme damit, EU-Mitglied zu sein und die Türkei als grössten Handelspartner zu haben. Als die Türkei wirtschaftliche Probleme hatte, konnte die bulgarische Wirtschaft (über ukrainische Vermittlung) Märkte in Russland erschliessen. Viele osteuropäische Staaten kombinieren nationalistische Politik mit Pragmatismus im Aussenhandel.

Doch genau hier orten Analysten potenzielle Gefahren. Die natio­nalistische Politik kann leicht in Protektionismus und unbedachten Aktionismus kippen. Der grosse Pragmatismus kann einmal auf Unverständnis stossen, namentlich bei der EU, aber auch bei den USA. Wenn diese Druck machen, trauen viele den osteuropäischen Staaten zu, «irrational» zu reagieren. Es gibt aber noch weitere Herausforderungen, dazu gehören die hohe Durchschnittsverschuldung der privaten Haushalte und Inflationsängste.

Der Ausblick ist positiv – für jene, die politische Achterbahnen nicht scheuen.

Henrique Schneider,

Stv. Direktor sgv

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