Publiziert am: 04.02.2022

Regulatorischen Fussabdruck verringern

DIGITALISIERUNG – Die für die Kommunikation zuständige Bundesrätin täte besser daran, die Vorteile der Digitalisierung zu fördern, statt sich auf eine «nachhaltige» und «soziale» Ausgestaltung derselben zu kaprizieren.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat sich an der UNO-Weltkonferenz zur Internet Governance für eine nachhaltige und soziale Digitalisierung ausgesprochen. Grosse Worte, doch worum geht es dabei genau? Es ist schwer zu entschlüsseln, was unter nachhaltiger Digitalisierung verstanden wird. Soll Strom aus erneuerbaren Energien verwendet werden? Sollte man das systematische Recycling von Computer- und Kommunikationsgeräten unterstützen? Nein, nicht nur das, sondern es müssten auch sinnvolle Spielregeln für die Digitalisierung eingeführt werden, das heisst Souveränität, digitale Selbstbestimmung, Wechselwirkungen zwischen Innovation und Umwelt, Cybersicherheit.

Ordnung nach eigenen Prioritäten

Der Bund setzt sich in den Kopf, Ordnung in den digitalen Dschungel zu bringen. Um es klar zu sagen: Es wird eine Ordnung nach seinen eigenen Prioritäten sein. So sollen die grössten Probleme im Netz vor allem Hassreden und Desinformation sein. Es ist klar, dass grenzüberschreitende Äusserungen oder Aufstachelung zum Hass im Extremfall bestraft werden müssen. Dazu gibt es bereits entsprechende Gesetze.

Es wäre jedoch klug, anzuerkennen, dass ein gewisses Mass an Freiheit im Internet immer zu Fehlentwicklungen in den Äusserungen führen wird. Das Netz ist ein Kommunikationsinstrument. Dies bedeutet, dass alles, was jeder Mensch an dummen oder unangebrachten Gedanken hat, irgendwann auch digital ausgedrückt wird. Ist das gut? Ist das schlecht? Ist das nicht letztlich der eigentliche Kern der Frauen und Männer, die sich hier frei äussern?

Die meisten Schweizerinnen und Schweizer wollen nicht in einer mediengesteuerten Gesellschaft leben, wie sie in Aldous Huxleys im Jahr 1932 erschienenen Roman «Brave New World» beschrieben wird. Offene Diskussionen sind unerlässlich, um einen Konsens zu erreichen, der die gesamte Bevölkerung einbeziehen kann; es wird dabei immer zu Übertreibungen in der Art und Weise kommen, wie man sich ausdrückt. Es kommt nicht in Frage, die Mehrheit wegen einer Minderheit von Extremfällen zu bestrafen.

Frustrationen – auch im Internet

Dasselbe gilt für Desinformation. Wird es in einer so komplexen Welt, die ebenso viel Schönes wie Grausames offenbaren kann, nicht fast logisch sein, dass jede Art von Frustration im Internet zirkuliert? Es ist anzunehmen, dass die Unternehmen und Plattformen der digitalen Welt bereits die Initiative ergriffen haben, um die Auswüchse zu begrenzen, denn es geht um ihre Glaubwürdigkeit.

Gleichzeitig sehen sie aber auch die Notwendigkeit, einen Raum für freie Meinungsäusserung zu lassen, da dieselben Akteure von der Freiheit im Internet leben.

Es wäre viel zu gefährlich, wenn der Staat seine eigenen Polizeibedingungen in die digitale Welt einführen würde. Wir dürfen nicht vergessen, dass niemand von seinen eigenen Fehlern verschont bleibt. Wenn der Staat die Ursache für Fehlentwicklungen oder Fehlinformationen ist, müssen wir dringend erkennen, dass es viel schwieriger sein wird, Gegenkräfte aufzubauen.

Vorteile der Digitalisierung

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv fordert eine viel praktischere Haltung der staatlichen Behörden. Nämlich, dass es dringend notwendig ist, die Vorteile der Digitalisierung zu verstehen, um sie voll und ganz zu nutzen, anstatt sich auf Bereiche zu versteifen, in denen es schwieriger sein wird, Governance und Souveränität herzustellen.

Die Interoperabilität von Systemen zwischen allen Behörden auf nationaler Ebene ist von entscheidender Bedeutung, und es sollte auch damit begonnen werden, diese Interoperabilität digitaler Systeme auf internationaler Ebene zu erreichen. Die digitale Welt macht nicht an Grenzen halt. Die Einführung gemeinsamer Standards auf der Grundlage von Marktinnovationen ist von grundlegender Bedeutung.

Die Digitalisierung ist die Gelegenheit schlechthin, um fein abgestimmte Rahmenbedingungen zu schaffen, die viel besser auf die Unternehmen zugeschnitten sind, d. h. die den regulatorischen Fussabdruck auf das Notwendige reduzieren. Für das nächste Schweizer Forum am 2. Juni 2022 gilt es, wieder konkret zu werden.

Mikael Huber,

Ressortleiter sgz

DIGITAL & KONKRET

Erleichterungen fürdigitale Buchführung

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates hat einstimmig beschlossen, eine Motion (22.3004) zur Erleichterung der digitalen Buchführung einzureichen. Die Baselbieter FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger, Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv und Präsidentin von TreuhandSuisse, ist Mitglied dieser Kommission. Mit der Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, die Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) und weitere dafür nötige Erlasse so anzupassen, dass Unterlagen ohne digitale Signatur auf veränderbaren Datenträgern aufbewahrt werden können, sofern der Nachweis des Ursprungs und der Unverändertheit über die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung erbracht werden kann. Die Verwendung einer digitalen Signatur oder ähnlicher Verfahren soll freiwillig sein.

Meist Gelesen