Publiziert am: 10.12.2021

Schöne neue, grüne Welt

«GRÜNE EIDGENOSSEN» – Der Bund will neu «Green Bonds» ausgeben – Staatsanleihen mit einem grünen Mäntelchen. Eine Spielerei, die keinerlei Wirkung zeigen wird, ausser dass munter weiter reguliert werden darf.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Regulierungen erfunden werden. Die neue Spielwiese dafür ist der Finanzplatz. Die Granden der Staatsbürokratie treiben ihren Spass immer extensiver. Das neueste Spielzeug heisst «grüne Eidgenossen».

Unter dem Namen «Eidgenosse» kennt man die öffentlichen Staatsanleihen des Bundes. Sie zählen dabei als besonders sichere Anlagen. Zwar werfen sie keinen oder derzeit sogar einen negativen Zins ab. Doch sie sind das Symbol eidgenössischer Beständigkeit. Die Schweiz verwendet ihr Geld mit Bedacht und zahlt ihre Schulden zurück. Seriöser als mit den «Eidgenossen» geht es kaum.

Spass muss sein

Das ist und war bisher der Fall. Doch ein bisschen Spass muss ja bekanntlich sein. Deshalb hat sich der Bund spielerische Varianten überlegt, den «Eidgenossen» durch den Kakao zu ziehen. Die zündende Idee war, ihn grün zu verkleiden – wie an der Fasnacht. Also verkündete der Bundesrat in einer Medienmitteilung Mitte November: «Die Schweiz spielt bei den nachhaltigen Finanzanlagen international eine führende Rolle. Gestützt auf den Bericht des Bundesrats ‹Nachhaltigkeit im Finanzsektor Schweiz› vom Juni 2020 will der Bundesrat diese Position weiter ausbauen.

Der Bericht nennt verschiedene Massnahmen, die zur Zielerreichung beitragen sollen. Eine dieser Massnahmen betrifft die Emission von grünen Anleihen (‹Green Bonds›) durch den Bund.»

Man beachte den Witz: Die Schweiz ist jetzt schon international gut positioniert – eine Leistung von Privaten. Jetzt will auch der Bund mitmischen. Klar doch! Wenn es auf dem Pausenplatz eine Gruppe gibt, die offensichtlich Spass hat, will ja niemand abseitsstehen. Was sind aber diese «Green Bonds», das Spielzeug, das der Bund in die Runde geben will?

«Mittels grüner Anleihen kann ein Emittent Geld am Kapitalmarkt aufnehmen. Im Unterschied zu konventionellen Anleihen kann bei grünen Anleihen das aufgenommene Kapital aber nicht frei verwendet werden. Es darf ausschliesslich für die (Re-)Finanzierung von Projekten verwendet werden, die positive Auswirkungen auf die Umwelt haben», so der Bundesrat.

Spielerische Parallelwelt

Zu diesen Projekten gehören beispielsweise die Förderung erneuerbarer Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, die Erhaltung der Biodiversität oder der Bau von umweltfreundlichen Gebäuden. Kurz, zu diesen Projekten gehört alles, was heute schon subventioniert wird. Die gleiche Medienmitteilung sagt es deutlich: «Grüne Eidgenossen werden allein keine direkte Umweltwirkung haben: Für konkrete Massnahmen hinsichtlich Klima- und Umweltschutz sind politische Entscheide erforderlich.»

Direkter kann man es gar nicht sagen. Der Zweck des «grünen Eidgenossen» ist gar nicht, Umweltwirkung zu erzielen. Man zähle also eins plus eins zusammen: Die Schweiz ist dank Privaten bereits führend in der Entwicklung und Positionierung grüner Anlagen. Der Bund kommt – wie die alte Fasnacht – mit einem Produkt daher, das nicht einmal eine Wirkung erzielen soll …

Man könnte hier staunen. Das sollte man aber nicht tun. Denn es geht bei den «Grünen Eidgenossen» weder um die Umwelt, noch geht es ums Klima. Es geht hier einzig und allein um Regulierung. Oder darum, der Politik ein weiteres Spielzeug mehr in die Hand zu geben. Damit bleibt die Stimmung auf dem Pausenplatz heiter, und alle können weiterhin in ihrer spielerischen Parallelwelt verharren.

Wir nehmen zur Kenntnis: Jedermann sonst muss hart arbeiten, um an Geld zu kommen. Beim Bund muss man nur das Regulierungsspielchen mitmachen. Schöne neue, grüne Welt.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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