Publiziert am: 04.06.2021

Schuldenbremse muss bleiben

STAATSFINANZEN – Vor der Corona-Krise betrug die Staatsschuld der Schweiz 26 Prozent; 2020 erhöhte sie sich auf 30 Prozent. Die nächste Krise kommt bestimmt: Es ist deshalb zwingend, wieder Reserven aufzubauen.

Es ist für die Schweiz an der Zeit, ihre Finanzlage zu analysieren. Zur Wiederankurbelung der Wirtschaft müssen sämtliche Lockdown-Massnahmen aufgehoben und der Steueraufwand der Unternehmen gesenkt werden, denn die dramatische Erhöhung der Staatsschuld ist in erster Linie eine Folge des schlechten Managements der Coronakrise.

Schulden steigen

Zur Erinnerung: 2019 betrug die Schuldenquote der Schweiz 26 Prozent. 2020 machten die Staatsschulden infolge der im Rahmen der Covid-19-Krise geleisteten Staatshilfe bereits 30 Prozent des BIP aus.

«ZUERST MUSS DIE WIRTSCHAFT WIEDER IN DIE GÄNGE KOMMEN. IHRE WERTSCHÖPFUNG ERMÖGLICHT ÖFFENTLICHE LEISTUNGEN ERST.»

Obwohl die Schweiz beim Management der öffentlichen Finanzen eine Musterschülerin bleibt, gilt es nun, die Weichen richtig zu stellen. Die KOF Konjunkturforschungsstelle hat in Zusammenarbeit mit der NZZ eine Meinungsumfrage bei Ökonominnen und Ökonomen durchgeführt. Ein Viertel der Befragten hat an der Umfrage teilgenommen. Was hat diese ergeben und wie sehen die Finanzperspektiven der Schweiz aus?

Ungenügende Hilfe und mangelnder Weitblick

Die Hälfte aller Antwortenden ist der Meinung, dass der Staat die Wirtschaft in der Krise in angemessener Weise unterstützt hat, die andere Hälfte erachtet die staatliche Hilfe in der ersten Welle als ungenügend. Tatsächlich hätte der Staat sich in der ersten Welle grosszügiger zeigen und in der zweiten Welle rascher und pragmatischer handeln können. Im Nachhinein ist man immer klüger.

Die Frage ist aber weniger, ob der Bundesrat zu knausrig gewesen ist, sondern ob er bei seinen Entscheidungen genügend Weitblick, Mut und Verhältnismässigkeit an den Tag gelegt hat. Hier ist die Antwort ein klares Nein! Die pandemiebedingten Staatsschulden sind vor allem eine Konsequenz des schlechten Krisenmanagements. Der Bundesrat hält immer wieder relativ stur an seinen Positionen fest, was die Schweiz noch weitere Milliarden kosten wird.

Schuldenbremse darf nicht geopfert werden

2001 wurde die Schuldenbremse vom Volk mit einer Mehrheit von 85 Prozent angenommen. Dieser Mechanismus hat sich bewährt und sollte daher nicht gelockert werden. Dank ihm musste sich die Schweiz zur Bewältigung der Krise nicht wie ihre Nachbarländer tief verschulden. Allerdings muss die Schuld gemäss Schuldenbremse innerhalb von sechs Jahren um rund 30 Milliarden reduziert werden.

Selbstverständlich kann das Parlament beschliessen, diese Frist zu verlängern, beispielsweise auf zehn Jahre. Gewisse Ökonominnen und Ökonomen gehen weiter und befürworten eine Aufweichung oder gar Aussetzung der Schuldenbremse.

Die Schulden einfach abschreiben? Das kommt nicht infrage! Es wäre ein gravierender Fehler, die Schulden zu sehr auf die nachfolgenden Generationen abzuwälzen. Dies würde ausserdem verhindern, Reserven für andere Katastrophen zu bilden.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass es in Zukunft noch mehr solche Krisen geben wird. Die Coronakrise hat uns gezeigt, dass sich Gesellschaft und Wirtschaft nicht einfach ins Homeoffice verschieben lassen – anders als beispielsweise ein Bundesamt. Der Lockdown richtet viel Schaden an; und bevor wir uns damit befassen, wie sich die Schulden reduzieren lassen, sollten wir das Problem an der Wurzel anpacken, nämlich sämtliche Lockdown-Massnahmen aufheben und die Wirtschaft wieder auf Trab bringen.

Abbau durch Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen?

Steuererhöhungen lösen kaum je Probleme. Diese Krise wurde und wird ganz offensichtlich auf dem Rücken der Gesellschaft und der Wirtschaft ausgetragen. Die Lockdown-Massnahmen haben zu krassen Wettbewerbsverzerrungen zulasten bestimmter Wirtschaftszweige wie der Gastronomie geführt. Trotz bewährter Schutzkonzepte konnten die Restaurants über Monate nicht öffnen, während die Wiedereröffnung der Fitnesszentren oder die Überfüllung der öffentlichen Verkehrsmittel zu den Stosszeiten keine grossen Wellen schlagen. Man kann sich darob nur verwundert die Augen reiben. Tatsache ist: Die Unternehmen haben zur Bewältigung der Krise bereits einen sehr hohen Preis bezahlt. Steuererhöhungen würden die Wirtschaft bloss austrocknen und im Endeffekt der Finanzierung der Staatsleistungen schaden.

Dahingegen ist die Reduktion von öffentlichen Ausgaben eine Option, die sehr ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. In Frage kommen etwa die Streichung von Doppel- und Mehrspurigkeiten oder ganz einfach von überflüssigen Aufgaben in der Bundesverwaltung. Die Frage sei erlaubt: Weshalb könnten nicht auch die Verwaltungen dazu beitragen, die Kosten des Krisenmanagements mitzutragen? Schliesslich sollten nicht die Unternehmen oder die Steuerzahlenden für Umsatzeinbrüche, den Ausfall von Angestellten, die Infragestellung der Haupterwerbstätigkeit oder Unternehmenskonkurse aufkommen müssen.

Resilienz üben, Wirtschaft öffnen

Für den Schuldenabbau gilt es zunächst, Resilienz zu üben und die Wirtschaft wieder zu öffnen, eine möglichst normale Lebens- und Arbeitsweise wiederzufinden, die in der Krise gemachten Entdeckungen und Innovationen zu nutzen und die unternehmerische Tätigkeit weitestgehend zu erleichtern, um so die Wertschöpfung und im Endeffekt die Finanzierung der öffentlichen Leistungen zu ermöglichen.

Eigentlich gar nicht allzu kompliziert, oder?

Alexa Krattinger, Ressortleiterin sgv

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