Publiziert am: 09.04.2021

Schulstube nicht verpolitisieren

POLITISCHE BILDUNG – Linke und neu auch einzelne bürgerliche Parlamentarier wollen einmal mehr derpolitischen Bildung an Berufsfachschulen mehr Gewicht verleihen. Der sgv lehnt den Vorstoss der Berner SP-Nationalrätin Nadine Masshardt ab – denn die Staatskunde ist in den Lehrplänen bereits bestens verankert

Politische Bildung an der Berufsfachschule bleibt Sache der Kantone. Mit diesem Beschluss lehnte der Nationalrat in der Herbstsession 2019 eine parlamentarische Initiative der Berner SP-Nationalräten Nadine Masshardt mit 88 zu 87 Stimmen nur hauchdünn ab. Ganz nach dem Motto «Steter Tropfen höhlt den Stein» brachte Masshardt ihr Anliegen bezüglich der politischen Bildung in den Berufsschulen nun einmal mehr aufs Tapet. Sie hat Ende dieser Frühlingssession eine parlamentarische Initiative eingereicht. Darin verlangt sie, dass die politische Bildung innerhalb der Berufsbildung als besondere Leistung im öffentlichen Interesse definiert wird. Dies, damit sich der Bund im Rahmen der bewilligten Kredite auch an diesen Kosten beteiligen kann. Dazu soll das Berufsbildungsgesetz ergänzt werden.

«Die politischeBildung ist längstin den Lehrplänenverankert.»

Dieses Mal hat Masshardt sogar Unterstützung bei jüngeren bürgerlichen Parlamentariern gefunden. Da der Bundesrat immer wieder bestätige, wie wichtig politische Bildung für das Funktionieren der direkten Demokratie sei, müsse sie in der Berufsbildung explizit erwähnt werden. Entsprechend sollten die Berufsschulen vom Bund mehr finanzielle Mittel dafür erhalten.

Kompetenz der Kantonein Frage stellen

Auch wenn sich der Schweizerische Gewerbeverband sgv der Bedeutung der politischen Bildung für die Demokratie sehr bewusst ist, lehnt er den Vorstoss auch dieses Mal ab. Bereits vor drei Jahren wies der damalige Nationalrat und sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler darauf hin, dass die politische Bildung längst in den Lehrplänen verankert sei. Ebenso wies er darauf hin, dass der Bund damit auch in die Kompetenzen der Kantone eingreife. «Das Thema wird von den Schulen und einzelnen Lehrpersonen in der Regel ausführlich vermittelt. Eine zusätzliche Ausweitung würde zulasten der übrigen Themen gehen, die für die Arbeitsmarktfähigkeit, aber auch für die Gesellschaftsfähigkeit nötig sind», doppelt Christine Davatz, sgv-Vizedirektorin und Bildungsverantwortliche, nach.

Staatskunde genügend berücksichtigt im Lehrplan

Bereits 2013 verlangte die Waadtländer SP-Nationalrätin Josiane Aubert in einem Postulat einen Bericht über den tatsächlichen Stellenwert des Staatskundeunterrichts in der Allgemeinbildung junger Leute auf der Sekundarstufe II. Der Bundesrat liess durch die Universität Bern eine Studie erarbeiten, die ein differenziertes, aber grundsätzlich positives Fazit daraus zog. «Damals kam der Bundesrat zum Schluss, dass die Umsetzung der staatskundlichen Bildungsinhalte der Rahmenlehrpläne in den Kantons- und Schullehrplänen gelingt», stellt Davatz fest. Auch wenn nun einzelne bürgerliche Politiker diese Forderung für gut befinden, bleibt der sgv bei seiner Haltung, nicht noch mehr in den Berufsfachschulunterricht reinzupacken.

Corinne Remund

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