Publiziert am: 17.05.2019

Sicherere Versicherungen

Versicherungsvertragsgesetz – Bei der Revision des Versicherungsvertragsgesetzes hat der Nationalrat den Konsumentenschutz verstärkt. Davon profitieren teilweise auch die KMU.

Das Versicherungsvertragsgesetz VVG ist in die Jahre gekommen. Bei seiner letzten Überarbeitung waren Fax-Geräte noch en vogue und kaum jemand wusste, was unter E-Commerce zu verstehen ist. Da die Digitalisierung auch in der Versicherungswirtschaft tiefe Spuren hinterlassen hat, ist eine Modernisierung des VVG unausweichlich.

Offenbar zu liberal

Unter Federführung von Bundesrat Ueli Maurer hat das Finanzdepartement einen Revisionsentwurf ausgearbeitet, der in weiten Bereichen auf unnötige Eingriffe in die Vertragsfreiheit verzichtet und der daher als recht liberal bezeichnet werden kann. Offenbar zu liberal. Denn die vorgeschlagene Gesetzesrevision geriet ins Kreuzfeuer des Konsumentenschutzes. Verschiedene Organisationen drohten mit dem Referendum. Gerade in einem Wahljahr macht das Eindruck. Es erstaunt daher nicht, dass der Nationalrat in der Mai-Session korrigierend eingriff und den Konsumentenschutz verstärkte. Von zwei zwischenzeitlich beschlossenen Anpassungen profitiert auch das Gewerbe. Eine wichtige Korrektur gab es beim ominösen Artikel 35. Der Bundesrat wollte den Versicherungen das Recht einräumen, ihre allgemeinen Versicherungsbedingungen einseitig an-zupassen. Die Anpassung hätte frühzeitig angezeigt und dem Versicherungsnehmer hätte ein ausserordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden müssen. Die beiden letzten Bedingungen wären allerdings bloss bei nicht kommerziellen Risiken zum Tragen gekommen. Bei beruflichen und gewerblichen Risiken wäre es möglich geworden, die Versicherungsbedingungen auch ohne vorgängige Anzeige und ohne separates Kündigungsrecht einseitig anzupassen. Dazu wird es zum Glück aber nicht kommen. Der Nationalrat hat den bundesrätlichen Vorschlag ersatzlos gestrichen.

Präzisierung bei der Haftpflicht

Für die KMU von erheblicher Bedeutung ist auch eine Präzisierung im Bereich der Haftpflichtversicherung. Verursacht ein Mitarbeiter einen Schaden, kann der Geschädigte Schadenersatz geltend machen. Macht er den Schaden direkt beim Betrieb geltend, muss dessen Haftpflichtversicherung für den Schaden aufkommen. Macht der Geschädigte den Schaden aber bei eine Versicherung geltend (beispielsweise bei einer Gebäudeversicherung), wird diese zuerst einmal für den Schaden aufkommen. Die Versicherung wird dann allenfalls Regressansprüche gegen den Betrieb stellen. Für diese Regressansprüche kommt die Haftpflichtversicherung nun aber in der Regel nicht auf, weil es in den allgemeinen Versicherungsbedingungen vieler Haftpflichtversicherer eine entsprechende Regressausschluss-Klausel gibt. Die Haftpflichtversicherung kommt im Regressfall nur für Schäden auf, die der Unternehmer selbst sowie die mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs betrauten Personen verursacht haben. Diese Lücken, die den meisten Unternehmern wohl nicht bekannt war, wurde geschlossen, indem nun explizit im Gesetz festgehalten wird, dass die Haftpflichtversicherung auch im Regressfall für Schäden aufkommen muss, die von allen weiteren Arbeitnehmenden des Betriebes verursacht wurden.

Nun ist der Ständerat am Zug. Nachdem der Nationalrat die Vor­lage besser eingemittet hat, stehen die Chancen recht gut, dass das Ver­sicherungsvertragsgesetz endlich an die heutigen Erfordernisse angepasst werden kann.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

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