Publiziert am: 25.10.2019

Sitzt ein Pilot im Cockpit?

BUNDESHAUSHALT – Der Bundesrat schickt das Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts in die Vernehmlassung. Er hat keine Sparziele formuliert, da es um strukturelle Reformen geht, die keine kurzfristige Entlastung des Bundeshaushalts mit sich bringen.

Der Bund muss seine Aufgaben, deren Erfüllung sowie die Organisation der Bundesverwaltung regelmässig überprüfen. Zu Beginn der Legislatur 2015–2019 beschloss der Bundesrat, strukturelle Reformen im gesamten Aufgabenspektrum des Bundes durchzuführen. Er strebte damit Effizienzsteigerungen sowie auch eine Lockerung der Ausgabenbindungen an. Neben der Umsetzung von Massnahmen zur Effizienzsteigerung im Hoch- und Tiefbau, in der Informatik und bei den Publikationen, die Einsparungen von rund 50 Millionen erlaubten, hat der Bundesrat im August 2018 ein Paket von rund 35 Projekten oder konkreten Prüfaufträgen verabschiedet. Für die Mehrzahl dieser Massnahmen besteht kein Rechtsetzungsbedarf.

Strukturelle Reformen

Bestimmte Vorhaben erfordern jedoch Gesetzesanpassungen. Diese Vorlagen werden den eidgenössischen Räten in einem Mantelerlass unterbreitet. Die fünf Vorhaben, die Gesetzesanpassungen erfordern, sind höchst unterschiedlicher Natur. Sie bezwecken eine Reduktion der Indexierung der Einlage in den Bahninfrastrukturfonds (BIF), die Einführung von Pauschalen im Bereich der Fernmeldeüberwachung zur Erhöhung des Kostendeckungsgrads, die Neuregelung der Finanzierung der Erhebung von Geoinformationsdaten, die Verpflichtung der Subventionsämter zur Erstellung von schriftlichen Prüfkonzepten und die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Veranlagung der Tabaksteuer nach Ermessen.

Von diesen fünf Massnahmen wird das langsamere Wachstum der Einlage in den Bahninfrastrukturfonds die grössten Einsparungen erlauben. Die Indexierung der Einlage in den BIF soll sich neu nach dem Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) und nicht mehr nach dem Bahnbau-Teuerungsindex (BTI) richten. Allerdings hat sich die Differenz zwischen diesen beiden Indizes verkleinert, was das Entlastungspotenzial dieser Massnahme reduziert.

Der Bundesrat veranschlagt das Einsparpotenzial über 10 Jahre auf über 100 Millionen. All diese Massnahmen werden den Haushalt insgesamt entlasten. Das Ausmass der Entlastung ist indessen offen, da es stark von der Entwicklung der Teuerung abhängt. Der Bundesrat wird in seiner Botschaft zur Staatsrechnung jährlich über den Umsetzungsstand der strukturellen Reformen berichten.

Eine echte Strategie fehlt

Die vorgeschlagenen Entlastungsmassnahmen machen durchwegs Sinn, aber der Wille zur Umsetzung einer strikten Kontrolle der Bundesfinanzen ist nicht besonders ausgeprägt. Der Bundesrat sollte eine echte Strategie für seine Haushaltspolitik entwickeln. Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von anstehenden Reformen, der internationalen Unwägbarkeiten und der ebenso notwendigen wie unvermeidbaren Kosten im Gesundheits- und Pflegebereich kann man davon ausgehen, dass die künftigen Voranschläge weniger erfreulich ausfallen werden. Folglich müssen die Ausgaben besser unter Kontrolle gehalten werden.

Zusätzlich zur Einhaltung der Schuldenbremse muss der Bundesrat seine Verantwortung ernster nehmen und die Haushaltspolitik kurzfristig – unter dem Gesichtspunkt möglicher Einsparungen – einer grundlegenden Überprüfung unterziehen.

Alle Aufgaben wirklich nötig?

Dazu braucht es einen Piloten im Cockpit. Es muss ein Aktionsplan festgelegt werden, denn ein Engagement (gegenüber dem Parlament) erlaubt eine bessere Verwaltung der Bundesfinanzen (vgl. auch Seite 4) und einen effizienteren Staatsapparat (intra- und interdepartemental sowie auch zwischen dem Bund und den Kantonen). Anstatt spezifische Personalreduktionen anzupeilen, sollte der Bundesrat alle Departemente auf ihre Produktivität hin untersuchen und abklären, ob wirklich alle Aufgaben notwendig sind. Darauf basierend könnte er dann fundierte Vorschläge für Massnahmen zur Erzielung substanzieller Einsparungen bei den jährlich wiederkehrenden Ausgaben machen. Gestützt auf diese Untersuchung, könnten in der Folge strategische Ausrichtungen und konkrete Aktionen definiert werden, wie etwa die Abschaffung von Doppelbeschäftigungen, die Streichung bestimmter Aufgaben, die Valorisierung qualitativer staatlicher Leistungen und die Schaffung von Synergien innerhalb und zwischen den Departementen.

Erst ein Anfang

Die Einhaltung des Prinzips des Föderalismus (Eindämmung der zunehmenden Zentralisierung der Kompetenzen auf Bundesebene) würde auch die Effizienz der kantonalen Dienstleistungen (hochwertige Leistungen aufgrund der Vertrautheit mit den lokalen Gegebenheiten) positiv beeinflussen und auf Bundesebene die Streichung von Stellen erlauben (Abbau von Aufgaben, die in der Folge den Kantonen zufallen).

Eines ist sicher: Ein gesunder Finanzhaushalt verlangt nach einer besseren Kostenkontrolle, sprich Ausgabenkürzungen. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen strukturellen Reformen sind nur ein Anfang, ein guter Versuch. Doch der Bundesrat wird nicht darum herumkommen, früher oder später eine nachhaltige Gesamtstrategie zu entwickeln.

Alexa Krattinger,

Ressortleiterin sgv

Siehe auch Seite 4

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