Publiziert am: 05.05.2017

Steigen Chancen am Rio de la Plata?

SCHWEIZ–ARGENTINIEN – Die Regierung von Präsident Mauricio Macri ist dabei, nach zwölf ­sozialistischen Jahren das Steuer herumzureissen.

In Argentinien sind Finanzberatungen kriminelle Handlungen. Am Plata-Fluss werden Exporte mit bis zu 50 Prozent Zöllen belegt; bei den Importen sind die Sätze noch höher. Und ausgerechnet dieses Land soll der Hoffnungsträger Lateinamerikas sein?

Wirtschaft liegt brach

«Unsere Wirtschaft liegt brach; unsere Gesetze sind ein Dschungel.» Der argentinische Staatssekretär für KMU, Mariano Mayer, ist direkt. «Aber unsere neue Regierung ist dabei, nach zwölf sozialistischen Jahren das Steuer herumzureissen.»

Unrecht hat Mayer nicht: Die Regierung Macri, die im Jahr 2016 gewählt wurde, hat ein grosses Reformprogramm in die Wege geleitet: Steuersenkungen, Zollerleichterungen, Entbürokratisierung und Effizienzsteigerung. Mittelfristig ist das Ziel, auch die grassierende Subventionswirtschaft und die Macht der Gewerkschaft einzudämmen.

Gute Chancen

Warum sollte ein Schweizer KMU Interesse an so einem Markt haben? Mayer weiss zu antworten: «Es gibt einen Basiseffekt. Immer, wenn es liberale Reformen gibt, boomt der Markt. Weil sich die Regierung Macri auch ambitionierte Reformen vornimmt, kann jeder, der hier wirtschaftlich tätig ist, erfolgreich sein.»

Gerade deswegen beschloss Bundespräsidentin Doris Leuthard im vergangenen April, Buenos Aires zu ­besuchen. Zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation reiste zum allerersten Mal ein Schweizer Bundes­präsident nach Argentinien. Immerhin ist es das Land mit der grössten Auslandsschweizer-Gemeinschaft in Lateinamerika.

Industrie und Dienstleistungen

Uhren, Maschinen, Eisenbahn, Bank, aber auch Energie und Umwelttechnik: Diese Branchen sind derzeit stark an Argentinien interessiert. Aber auch Schweizer KMU in den Finanzdienstleistungen, im Bau, im Engineering und in der Biotech waren in der präsidialen Delegation dabei – sowie auch ein Vertreter des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv. Alle diese Akteure sehen Chancen in Argentinien und sind dort bereits tätig.

Die kritische Frage lautet jedoch: Werden die Reformen Bestand haben? Zweifelsohne, die Regierung Macri ist liberal und legt einen ehrlichen Reformeifer an den Tag. «Aber», sagt ein Schweizer Unternehmer, der dort tätig ist und lieber anonym bleibt, «die Regierung ist neu und in Vielem unerfahren; zudem regiert sie in der Minderheit. Das sollte man nicht ausser Acht lassen.»

«DIE FRAGE LAUTET: WERDEN DIE REFORMEN BESTAND HABEN?»

Das Fazit? Wenn Präsident Mauricio Macri in den Wahlen im kommenden Oktober seine Position ausbauen kann, hat er ein solides Mandat. Damit erhält sein Reformprogramm Aufwind. Der gute Ausblick wird dann noch besser.Sc

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