Publiziert am: 13.08.2021

Tabuthema Strommangellagen und Atomenergie

Alle reden vom Virus – aber die nächste Krise lauert bereits. Und dann sitzen wir wortwörtlich im Dunkeln. Wenn wir die linksgrüne Energiewende so weitertreiben wie bisher, wird die Schweiz einen Blackout riskieren. Zu diesem Schluss kommen zahlreiche unabhängige Experten. Man muss keine grosse Fantasie haben, um sich auszumalen, was ein totaler Stromausfall für die Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet: Chaos und Wohlstandseinbruch.

Wo stehen wir heute?

In einer panischen Reaktion beschloss der Bundesrat 2011 den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie. Ohne den Vorfall in Fukushima wirklich analysiert zu haben. Und ohne eine brauchbare Ausstiegsstrategie in der Hand zu haben. Die später beschlossene «Energiewende» ist bis heute ein untaugliches Bastelwerk geblieben.

Die Energiewende geht nicht ohne neue Kraftwerke

Meine Eltern brachten mir noch bei: «Du kannst nicht den Fünfer und das Weggli haben.» Was heisst das auf die linksgrüne Energiepolitik bezogen? Man will einerseits CO2-neutrale Energieträger und gleichzeitig die Kernkraftwerke stilllegen, die praktisch ohne CO2-Ausstoss Strom erzeugen. Beides geht nicht. Fünfer oder Weggli.

Strom ist die Schlüsselenergie beim Umbau der Energieversorgung. Wer weg will von Gas, Öl und Benzin, braucht Strom, viel Strom: für die Wärmepumpe im Haus, für sein elektrisch betriebenes Auto, für seinen Alltag mit Smartphone und Computer.

Rund ein Drittel der Schweizer Stromproduktion stammt aus der Kernenergie. Die AKW arbeiten verlässlich und unabhängig von Wetter und Jahreszeit. Erneuerbare Energien sind gut und recht. Aber woher soll der Strom kommen im Winter? Oder wenn die Windräder stillstehen? Oder die Sonne nicht scheint?

Wollen wir vom Ausland abhängig werden?

Wir stellen bestehende AKW ab und importieren dafür Strom aus der EU. Eine solche Politik ist verantwortungslos und wenig ehrlich: Die Pandemie hat gezeigt, dass die Staaten im Krisenfall für sich schauen und ohne zu zögern Verträge brechen. Deutschland und Frankreich blockierten Maskentransporte in die Schweiz. Die sonst so hochheiligen offenen Schengen-Grenzen wurden über Nacht geschlossen. Glaubt ernsthaft jemand an die europäische Solidarität bei einer Stromknappheit? Energie ist ein Sicherheitsfaktor. Wir sollten bei der Stromversorgung möglichst unabhängig vom Ausland bleiben.

Wir wollen «saubere» Energie in der Schweiz und importieren dafür mehr Strom aus der EU. Nur wird heute die Hälfte des europäischen Stroms aus Gas und Kohle hergestellt. Die Europäische Union will zwar aus dieser CO2-intensiven Produktion aussteigen, hat aber keinen wirklichen Plan. Und selbst wenn es klappt: Dass die EU im Winter, wenn sowieso alle mehr Strom brauchen, die Schweiz beliefert, ist völlig illusorisch. Das hat meine Fraktionskollegin Magdalena Martullo-Blocher richtig erkannt. Wir müssen uns selbst organisieren.

Ideologische Verbote und Einsprachen

Linksgrüne Städter diktieren die Energiepolitik. Zahlen müssen die anderen. Beim unnützen CO2-Gesetz wären am Ende das Gewerbe zur Kasse gebeten worden und alle, die auf ein Auto angewiesen sind.

Die Windräder stehen nicht in den Städten, sondern verschandeln die Landschaft – und sind für die Schweiz nicht wirklich eine brauchbare Alternative. Kleine Wasserkraftwerke werden nicht bewilligt, weil sie gegen Umweltauflagen verstossen. Das Projekt Trift im Berner Oberland mit zusätzlich 216 Gigawattstunden Speicherkapazität wird seit Jahren blockiert.

Die Schweiz war einmal führend in der Nuklearforschung. Heute herrschen ideologische Technologieverbote, während andere Staaten auf Mini-Reaktoren und die Verwertung von Atomabfällen setzen.

Wir müssen die Energiewende offen angehen. Das heisst Forschung und Förderung ohne politische Vorgaben. Ideologische Programme verzerren nicht nur die Marktverhältnisse, sondern auch die wissenschaftlichen Ergebnisse. Wir müssen für alle Technologien offen sein: Geothermie, Wasserstoff, aber auch Kernkraft.

Der nächste Schritt muss aber sein, dass Energieministerin Simonetta Sommaruga die absehbare Stromlücke schonungslos benennt und Lösungen aufzeigt. Sie muss mit den AKW-Betreibern eine Verlängerung der bisherigen Kernkraftwerke ausarbeiten. Die Schweiz – und gerade unser Werkplatz – braucht sicheren und günstigen Strom.

Es ist Zeit, dass wir das Tabuthema Atomenergie endlich wieder sachlich angehen.

* Der Luzerner Unternehmer und SVP-Nationalrat Franz Grüter ist VR-Präsident von green.ch.

www.franz-grueter.ch

www.green.ch

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