Publiziert am: 18.11.2022

Tampons mit viel Swissmade

RUGGLI AG – Das Aargauer KMU hat sich auf dem Nischenmarkt der Hygieneprodukte an der Weltspitze positioniert und produziert weltweit Hightech-Maschinen zur Herstellung von Tampons. Ruggli-Maschinen stehen für höchste Qualität, Schweizer Präzision und eine nachhaltige Lebensdauer. Das KMU etabliert sich in einem neuen Geschäftsfeld der Wundpflege und Bandagen.

Haben Sie gewusst: Jeder zweite Tampon wird mit einer Schweizer Maschine hergestellt. Insgesamt werden pro Jahr 18 Milliarden Tampons produziert, die Hälfte davon – 9 Milliarden – mit einer Schweizer Hightech-Maschine der Ruggli AG. Das KMU an der Tüftlerstrasse in Koblenz hat sich in diesem Nischenmarkt an der Weltspitze positioniert. «Wir sind einzigartig und weltweit marktführend in diesem Bereich», sagt Valon Maliqi, Head of Sales & Marketing. Das Aargauer KMU existiert seit 60 Jahren und setzt nach wie vor auf das bewährte Erfolgsrezept «höchste Qualität für die höchsten Bedürfnisse der Kunden». Fest verankert in der Firmen-DNA sind die vier zentralen Werte Präzision, Leidenschaft, Tatkraft und Fortschritt, die tagtäglich im Unternehmen gelebt und umgesetzt werden. «Wir haben diese Werte zusammen mit unseren Mitarbeitenden definiert – so ziehen alle motiviert am selben Strick und identifizieren sich mit dem Unternehmen», erklärt Maliqi. Konkret bedeutet dies unter anderem ein offenes Ohr für die Kunden, Geschäftspartner und Arbeitskollegen. «Wir entwickeln uns und unsere Leistung Schritt für Schritt und geben Impulse für das Weiterkommen des Unternehmens.»

«Wir sind weltweitmarktführend in diesem Bereich.»

Der Tampon selbst ist ein simples Produkt, das aber hohe Anforderungen im Körper erfüllen muss. «Es ist nicht einfach, das Rohmaterial, die Viskosefasern, richtig zu handhaben. Dabei muss beispielsweise die Luftfeuchtigkeit präzise stimmen, um zuverlässig produzieren zu können. Es wird sehr viel Know-how benötigt, um ein solches Medizinalprodukt herzustellen», so Maliqi. Die Ruggli AG bietet für die Tampon-Produktion notwendige Infrastruktur: Tampon-Maschinen, Verpackungsmaschinen, Ersatzteile und Retrofits. «Unsere Produktlösungen ermöglichen die Produktion von allen handelsüblichen Tampons: digitale Tampons oder Teabag-Tampons mit oder ohne Applikator (Einführhilfe) aus Karton oder aus Plastik.» Das Prinzip ist im Grunde einfach: Flüchtige Bänder aus Baumwolle oder Viskose werden um einen Faden zusammengepresst und teils in einem Applikator eingepackt.

Ruggli entwickelt dafür ausgeklügelte, clevere Maschinen auf höchstem Niveau und Qualität. «Der Automatisierungsgrad unserer Maschinen ist weltweit einzigartig.» Die Hochwertigkeit der Fabrikation zeigt sich auch in der Lebensdauer der Maschinen. So wurde beispielsweise eine Ruggli-Maschine im Baujahr 1991 revidiert und nach Südamerika weiterverkauft. «Wir produzieren Schweizer Wertarbeit und Präzision und haben eine hohe Wertschöpfungskette. Swissness ist unsere Reputation und gibt unseren Kunden Vertrauen», so Maliqi. Planung, Engineering, Entwicklung, Inbetriebnahme sowie Revision und Wartung gehören zum Dienstleistungsangebot. «Unser qualifiziertes Montageteam nimmt die Maschinen beim Kunden in Betrieb und die Betriebs- und Unterhaltsmitarbeiter des Kunden werden gezielt an der Maschine geschult.»

Sehr volatiler Markt

Ruggli liefert seine Maschinen in die ganze Welt – von den USA bis Japan, von Norden bis Süden. «Unser Hauptmarkt ist Europa und Nordamerika.» Mit rund 30 relevanten Kunden ist der Markt überschaubar und weist eine hohe Volatilität auf. «Die Schwankungen der Preise und Nachfrage sind gross. So wachsen und schrumpfen wir mit den Launen des Marktes.» Ab 2011 war der Markt mehr oder weniger gesättigt und wuchs kaum mehr. In der Branche hätte man eigentlich erwartet, dass Märkte wie Südamerika oder Asien aufkommen würden. Das ist aber nicht passiert. Tampons bleiben vorerst eine Seltenheit in Ländern wie China. «Dies hat damit zu tun, dass in einem Teil der Welt Tampons nicht bekannt sind, ein Tabuthema sind oder kulturell bedingt nicht benutzt werden», erklärt Maliqi. Und er ergänzt: «Die Konsumentinnen sind allerdings sehr loyal, denn jede Frau bringt ihrer Tochter ihre eigene Methode und Produkte näher und so wird der «Brand» von Generation zu Generation weitergegeben.»

Die Branche hofft aber, dass sich mit der zunehmenden Reisefreudigkeit der Chinesinnen ihre Gewohnheiten ändern werden, was einen 700 Millionen Kundinnen starken Markt eröffnen würde. Ein massiver Einschnitt, den die Ruggli AG stark gespürt hatte, war die Pandemie. «Die Investitionen wurden gestoppt und auch der Verkauf von Tampons ging zurück», stellt Maliqi fest.

Ein Erfolgsfaktor des Unternehmens sind die Mitarbeitenden. «Wir pflegen eine offene Firmenkultur mit flachen Hierarchien.» Einen grossen Stellenwert haben auch Weiterbildung und Ausbildung des Nachwuchses. Das Unternehmen bildet junge Fachkräfte in der mechanischen und Elektrokonstruktion, in der Fertigung, Montage und im KV aus. «Wir sind mit unseren hoch qualifizierten Hightech-Maschinenbauern auch vom Fachkräftemangel betroffen. Wir können nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir hochprofessionelle Fachkräfte ausbilden und beschäftigen», betont Maliqi.

Neues Geschäftsfeld

Und was ist mit alternativen Intimhygieneprodukten wie Menstruationstassen oder Periodenunterwäsche? Sollte die Ruggli AG auf diesen Trend aufspringen? «Kaum, wir bleiben bei unseren Kernkompetenzen, der Verarbeitung von flüchtigen Produkten in Bänderform.» In dieser Sparte arbeitet das innovative Unternehmen auf Kundenwunsch auch mit anderen Materialien als Baumwolle und Viskose wie zum Beispiel Hanf oder Seegras, die nachhaltiger sind. Das Unternehmen ist sehr innovativ und hat auch neue Projekte in der Schublade. So will Ruggli im Bereich der Wundpflege und Bandagen einsteigen. «Die Türe zu diesem neuen Geschäftsfeld hat uns ein grosser Kunde geöffnet», freut sich Maliqi. Aber auch in der Tamponherstellung soll eine kleine Revolution im Anmarsch sein: So hat Ruggli Investitionen im zweistelligen Millionenbereich getätigt, um eine neuartige Highspeed-Maschine zu schaffen. Sie würde die Produktionskapazitäten mehr als verdoppeln. Zahlreiche grosse Produzenten zeigen hierfür Interesse.

Corinne Remund

www.ruggli.com

GESCHICHTE

Von Nähmaschinen zu Highspeed-Robotern

Der NähmaschinenherstellerKarl Ruggli hat seine 1962 gegründete Firma in den 60er-Jahren auf Tamponproduktionsmaschinen umgestellt. Nach seinem Tod hat seine Ehefrau Emily die Firma übernommen und sie in den 70er-Jahren zu einem weltweit relevanten Player entwickelt. Damals stellte eine Ruggli-Maschine 80 Tampons pro Stunde her, mittlerweile sind es 120.

Das Toxic Shock Syndrome (TSS) 1980 beendet die Marke RELY von P&G. Aufgrund einer weltweiten Kampagne gegen Tampons bricht der Verkauf von Rugglis Tampon-Maschinen ein. Ruggli wird 1985 an das deutsche Unternehmen Niepmann AG verkauft. Diese geht jedoch zehn Jahre später Konkurs und Ruggli wird von DAX Holding AG aufgekauft. DAX Holding AG bleibt bis heute Hauptaktionärin.

In den 90er- und 2000er-Jahren folgte die Blütezeit der Ruggli AG: 2002 brachte das Aargauer Unternehmen die neue CL3 Tampon-Maschine auf den Markt. 2006 wurde das KMU ISO 9001 zertifiziert.

CR

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