Publiziert am: 21.10.2022

Tempo 30 neu ohne Gutachten

STRASSENVERKEHR – Der Bundesrat vereinfacht die Einführung von Tempo-30-Zonen. Der sgv lehnt flächendeckendes Tempo 30 ab und setzt sich für ein differenziertes Geschwindigkeitsregime ein.

Ab nächstem Jahr werden die bürokratischen Hürden für die Schaffung von Tempo-30-Zonen weiter gesenkt. Ab 1. Januar 2023 müssen die Behörden keine Gutachten mehr erstellen, wenn sie Tempo-30-Zonen einführen wollen. So entschied es jüngst der Bundesrat. Damit sollen die bürokratischen Hürden herabgesetzt und die Schaffung von Tempo-30-Zonen vereinfacht werden.

Die Aufhebung der Gutachtens-pflicht hat zur Folge, dass auch die bisher geltende Pflicht zur Nachkontrolle entfällt. Dies bedeutet, dass ab dem kommenden Jahr auch keine Überprüfungen mehr notwendig sind, ob die mit der Einführung der

«AB 2023 WIRD NICHT EINMAL MEHR GEMESSEN, OB TEMPO 30 DIE GESETZTEN ZIELE ERREICHT.»

Tempo-30-Zone angestrebten Ziele (z. B. Erhöhung der Verkehrssicherheit, Verbesserung der Lebensqualität usw.) auch tatsächlich erreicht wurden. Eine Wirksamkeitsmessung wird somit in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Nächster Schritt: flächendeckend Tempo 30

Die Aufhebung der Begründungspflicht durch ein Gutachten wird zur Folge haben, dass flächendeckend Tempo 30, wie es beispielsweise die Stadt Zürich bereits angekündigt hat und in den nächsten Jahren umsetzen wird, zum Standard in anderen rot-grün regierten Städten wie etwa Bern oder Basel (vgl. Kasten) wird. Doch nicht nur dort: Auch die Stadt St. Gallen will bis 2028 grossflächig Tempo 30 einführen, wie sie kürzlich mitteilte.

Dies hat viele negative Auswirkungen: Der öffentliche Verkehr wird verlangsamt und dadurch weniger attraktiv. Die nötigen baulichen Massnahmen führen zu längeren und komplizierteren Lieferwegen, und damit auch zu mehr Stau. Dieser wiederum erhöht Lärm- und Schadstoffemissionen, anstatt sie zu senken. Und nicht zuletzt behindert Tempo 30 auch die Arbeit der Blaulichtorganisationen in Notfallsituationen, in denen bekanntlich jede Minute zählt. Bei der Einführung von flächendeckendem Tempo 30 geht es mittlerweile nicht mehr darum, den Verkehr möglichst hindernisfrei auf den Hauptachsen abwickeln zu können, sondern vielmehr darum, diesen komplett aus der Stadt zu verbannen.

sgv setzt sich für differenziertes Geschwindigkeitsregime ein

Die Einführung von flächendeckendem Tempo 30 widerspricht der Strategie der Kanalisierung des Verkehrs auf den Hauptachsen, und damit einem differenzierten Geschwindigkeitsregime. Dagegen wehrt sich der Schweizerische Gewerbeverband sgv. Er fordert stattdessen, dass auf den Hauptverkehrsachsen Tempo 50 beibehalten wird. Denn nur so können die Lieferbedingungen für lokale Unternehmen und Geschäfte aufrechterhalten und damit der reibungslose Ablauf wirtschaftlicher Aktivitäten gewährleistet werden.

Die Einführung von Tempo-30-Zonen muss daher zwingend auf siedlungsorientierte Strassen beschränkt werden und nur dort zum Einsatz kommen, wo auch tatsächlich ein Mehrwert erzielt werden kann. Die unbegründete und flächendeckende Einführung von Tempo 30 ist hingegen weder zielführend noch angemessen, sondern behindert sowohl Wirtschaft als auch Gesellschaft. Daher stellt sich der sgv mit einem klaren Nein gegen flächendeckendes Tempo 30.

Michèle Lisibach,Ressortleiterin sgv

wirtschaft wehrt sich

Gegen Tempo 30 auf Basler Hauptachsen

Die Basler Regierung hat im Fe-bruar dieses Jahres deutlich gemacht, dass sie das aus dem Jahr 2012 stammende Tempo-30-Konzept für Basel-Stadt überarbeiten wolle. Dabei soll geprüft werden, auf welchen weiteren Strassenabschnitten in Basel Tempo 30 eingeführt werden könnte – auch auf verkehrsorientierten Hauptstrassen. Um dieser Fehlentwicklung entgegenzutreten, haben die lokalen Wirtschafts- und Verkehrsverbände das Meinungsforschungsinstitut LINK mit einer Studie zum Thema Tempo 30 beauftragt. Ziel war es, herauszufinden, ob der Kurs der Regierung auch dem Willen des Volkes entspricht. Die repräsentative Umfrage hat klar gezeigt, dass 68 Prozent der Bevölkerung im Kanton Basel-Stadt – also mehr als zwei Drittel – Tempo 30 auf sämtlichen Strassen – also Siedlungs- und Hauptverkehrsstrassen – im Kantonsgebiet ablehnt.

Dieses deutliche Ergebnis nahmen die Verbände zum Anlass, die Petition «Nein zu Tempo 30 auf Hauptstrassen in Basel» zu lancieren. Mit 7777 Unterschriften wurde diese am 5. Oktober der Basler Staatskanzlei übergeben.En

www.gewerbe-basel.ch

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