Publiziert am: 13.08.2021

Die Meinung

Teures aus Absurdistan

Die Meinung

Welche Regulierungsblüten die Verwaltung hervorbringt, ist immer wieder von neuem erstaunlich, um nicht zu sagen erschreckend. Ein aktuelles Beispiel erreichte den Schweizerischen Gewerbeverband sgv in diesen Tagen. Kennen Sie das ESTI – das Eidgenössische Starkstrominspektorat? Die meisten wahrscheinlich nicht. Welche Absurdität ein Einmannbetrieb im Bereich der Elektrokontrollen erleben musste, in der nachfolgenden Schilderung.

Beginnen wir beim ESTI. Laut eigener Homepage ist das Amt «gemäss der Verordnung über das Eidgenössische Starkstrominspektorat mit der technischen Aufsicht und Kontrolle für ­elektrische Anlagen in der ganzen Schweiz betraut.» So weit, so gut. Der gesunde Menschenverstand sagt, dass diese Funktion durchaus notwendig ist. Unser Unternehmer sagt dazu: «Die Notwendigkeit dieser Inspektion unterstütze ich im Sinne der Qualitätssicherung und der Sicherheit für den Endverbraucher im vollen Umfang.»

Entsprechend war es für unseren Unternehmer auch ein Tag wie jeder andere, als der Inspektor des ESTI zu seinem Besuch im Betrieb eintraf. Schon etwas mehr erstaunt war er, dass der Inspektor zusätzlich auch noch einen ­Kollegen vom Rechtsdienst mitbrachte. Vorurteilslos ging unser Unternehmer von einem Erfahrungsbesuch aus – wenn auch für die Inspektion im Grundsatz weder nützlich noch üblich.

Echtes Erstaunen dann aber bei Eintreffen der Rechnung über satte 2800 Franken – für einen Einmannbetrieb ein bedeutender Betrag. Bemerkenswert die Stellungnahme des ESTI: «Für die Inspektion braucht es nicht ‹zwei Personen›, sondern die notwendigen Fachkompetenzen für technische und juristische Fragen – die sich hier voraussichtlich stellen und am besten gleichzeitig vor Ort geklärt werden.» Man lasse sich den Originaltext auf der Zunge zergehen.

Ungereimtes zeigte sich auch bei einer näheren Analyse der Rechnung. Es beginnt bei der Verrechnung der Autokilometer. Selbstverständlich reiste jeder der beiden Inspektoren mit dem eigenen Fahrzeug an. Fahrgemeinschaften und nachhaltiges Verhalten scheinen im ESTI Fremdwörter zu sein.

Doch damit nicht genug: Während jeder anständige Handwerker eine Fahrpauschale in Rechnung stellt, verrechnet das ESTI mit einer Selbstverständlichkeit einen Stundensatz von 180 Franken. Gleich hoch wie der Stundensatz für die eigentliche Kontrolltätigkeit im Betrieb. Mal zwei selbstverständlich. In einem Fall kostete damit die Anreise 776 Franken, im zweiten 444 Franken. Total satte 1220 Franken – annähernd die Hälfte der Gesamtrechnung – allein für die An- und Abreise! Da sind die verrechneten 8 Franken an Parkgebühren nur noch eine ­Kleinigkeit.

Wundern darf man sich auch, weshalb sowohl der Rechtsdienst wie auch der Fachinspektor je 2,5 Stunden an Kontrolltätigkeit verrechnen. Hat da zeitweise der eine dem anderen zugeschaut oder wurde der Unternehmer in seinem Einmannbetrieb während insgesamt fünf ­Stunden daran gehindert, einer produktiven Tätigkeit nachzugehen und ehrliches Geld zu verdienen?

Wenig erstaunlich versteckt sich das ESTI hinter den Paragrafen und verweist auf die entsprechende Verordnung. Hingegen ist die Behauptung, die «entstandenen Aufwendungen» würden verrechnet, doch sehr keck. Völlig zu Recht sieht unser Unternehmer nicht ein, weshalb er eine solche Überregulierung in diesem Ausmass finanziell tragen muss. Korrekturbedarf durch die Politik ist angezeigt.

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