Publiziert am: 18.06.2021

Unfall mit fremdem Auto – wer bezahlt?

VERSICHERUNGSRATGEBER – Das Auto der Kollegin oder dasjenige der Eltern: Viele von uns haben schon fremde Autos gefahren und meistens passiert glücklicherweise nichts. Falls es aber doch einmal so weit kommt, stellt sich die Frage:

P. B. aus H: «Ab und zu benötigt unser 20-jähriger Sohn unser privates Fahrzeug mit Anhänger für sein Modellflugzeug samt Equipment. Er ist im Winter von zu Hause ausgezogen. In den vergangenen Monaten hat er mich ein paar Mal um unser Auto gebeten, das ich ihm selbstverständlich zur Nutzung gegeben habe. Bei der letzten Fahrt wurde er beinahe in einen Unfall verwickelt, weshalb in unserer Familie Diskussionen über etwaige Folgen entstanden sind. Dabei fragte er uns auch, ob er unseren Wagen in den kommenden Sommerferien zwei Wochen brauchen darf. Wir sind etwas unschlüssig und stellen uns die Frage, wer für den Fahrzeugschaden aufkommt, wenn unser Sohn mit unserem Auto einen Unfall baut?»

Sehr geehrter Herr B.: Ein spannendes Versicherungsthema! Es geht um den Versicherungsschutz in einer Klausel der Vertragsbedingungen: dem sogenannten «gelegentlichen Benutzen fremder Fahrzeuge».

Wie Sie schildern, lebt Ihr Sohn seit ein paar Monaten nicht mehr bei Ihnen zu Hause in Ihrer Hausgemeinschaft. Deshalb hat Ihr Fahrzeug gegenüber Ihrem Sohn den Charakter eines «fremden» Fahrzeuges. Zum Verständnis: Solange Ihr Sohn zu Hause in Ihrer Hausgemeinschaft lebt und noch keinen eigenen Wohnsitz hat, würde es sich bei Ihrem Fahrzeug versicherungstechnisch nicht um ein fremdes Motorfahrzeug handeln.

FremdbenĂĽtzung ist oft eingeschlossen

In vielen Grunddeckungen der Privathaftpflichtversicherung ist das gelegentliche Führen fremder Fahrzeuge teilweise ohne Aufpreis eingeschlossen. Bei anderen Gesellschaften ist dieses Risiko zumindest gegen eine Zusatzprämie versicherbar. Der Versicherungsschutz umfasst in der Regel selbst verursachte Kollisionsschäden am benützten fremden Fahrzeug, teilweise limitiert bis zu einem Maximalbetrag. Dieser Schutz wird allerdings nur subsidiär gewährt, soweit keine Vollkaskoversicherung für das genutzte Fahrzeug besteht. In diesen Fällen übernimmt die Privathaftpflichtversicherung die finanziellen Folgen aus dem Vertrag und deckt einen allfälligen Selbstbehalt sowie den Bonusverlust, das heisst die Mehrprämie der folgenden Jahre bis zur Prämienstufe vor dem Unfall.

Was genau heisst «gelegentliches Benützen»?

Entscheidend bei Ihrer Fragestellung ist, wie der Ausdruck «gelegentliches Benützen» ausgelegt wird. Dazu gibt es auch eine Rechtsprechung. Wer beispielsweise einmal pro Woche ein fremdes Fahrzeug lenkt, gilt nicht mehr als gelegentlicher Benutzer. In der Regel heisst dies, wer das fremde Fahrzeug in einem bestimmten Maximum an Tagen pro Kalenderjahr lenkt, gilt nicht mehr als rein gelegentlicher Benutzer. Ob diese unregelmässige Nutzung tageweise oder an aufeinanderfolgenden Tagen geschieht, spielt keine Rolle.

Prüfen Sie, ob dieses gelegentliche Benutzen fremder Fahrzeuge in der Grunddeckung der Privathaftpflichtversicherung Ihres Sohnes abgedeckt ist. Andernfalls empfiehlt sich eine Zusatzversicherung. Klären Sie mit Ihrem Berater oder Ihrer Beraterin auch, ob die Versicherung noch von einem gelegentlichen Nutzen ausgeht, wenn Ihr Sohn Ihr Auto in den Ferien zwei Wochen regelmässig benutzt.

laszlo.scheda@mobi.ch

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