Publiziert am: 10.09.2017

Ungerechte AHV-Reform: Heutige Rentner werden diskriminiert

AHV-Reform – Der Tessiner Nationalrat Marco Chiesa hat als Leiter eines Altersheimes in Grono hautnah erlebt wie hart die finanzielle Situation von betagten Menschen sein kann.

Ich bin seit 12 Jahren Leiter eines Altersheims in Grono im italienischsprachigen Teil des Kantons Graubünden. In dieser Funktion habe ich über die Jahre die Geschichten, die Leiden und die Freuden von vielen Rentnerinnen und Rentner in unserem Heim persönlich und direkt erfahren und teilen dürfen. Ich war sehr nahe involviert auch in die finanzielle Situation von verschiedenen betagten Menschen. Es sind dies nicht immer einfache Situationen. Die Kosten steigen mit zuneh­men­dem Pflegebedarf. Und die Ersparnisse fürs Alter sind häufig rasch aufgebraucht, da die heutigen Rentnerinnen und Rentner in ihrer Lebenszeit teilweise noch keine richtige berufliche Vorsorge und auch keine dritte Säule aufbauen konnten. Gleichzeitig sind es die heutigen Rentnerinnen und Rentner, die die Grundlagen für unseren Wohlstand und auch für unsere Sozialversicherungen geschaffen haben. Sie haben einen grossen Verdienst, dass es uns heute gut geht. Umso weniger kann ich verstehen, dass wir die heutigen Rentnerinnen und Rentner mit der ungerechten AHV-Reform bestrafen und zu Zweit-Klassen Rentner degradieren wollen.

Ich kann nicht verstehen, wie wir diesen Leuten respektvoll begegnen und gleich­zeitig eine Reform für die Reform der Altersvorsorge beschliessen sollen, bei der diese Menschen nur zahlen, selber aber keinen Rappen erhalten sollen. Denn in den Genuss der 70 Franken Zusatzrente und des höheren Ehepaarplafonds sollen nur Neurentner kommen (Personen, deren AHV-Rente ab dem 1. Januar 2018 neu entsteht). Alle bisherigen Renten sollen leer ausgehen. Und das, obwohl viele von Ihnen – wenn sie denn eine berufliche Vorsorge hatten – mit tieferen Umwandlungs­sätzen und ohne jegliche Abfederungsmassnahmen in Pension gegangen sind. Das ist eine krasse Ungleichbehandlung und Diskriminierung aller bisheriger Rentner.

 

Nein zur Zwei-Klassen AHV

Bis heute wurde in der AHV eisern am Grundsatz festgehalten, dass vergleichbare Einkommen zu gleichen Renten führen. Neu will die Politik Zweit-Klassen-Rentner schaffen, die mit tieferen Zweit-Klassen-Renten abgespiesen werden sollen. Die bisherigen Rentner würden klar zu verlieren der Altersreform, da ihnen bei gleichbleibendem Einkommen höhere Konsumsteuern auferlegt würden.

Es droht Verlust von Vergünstigungen

Doch nicht nur die heutigen Rentner gehören zu den Verlierern. Mir sind in unserem Heim aber auch bei betagten Personen, die noch zuhause leben, verschiedene Menschen bekannt, die von Ergänzungsleistungen abhängig sind. Gerade solche Menschen drohen künftig mit der AHV-Reform Einbussen zu erleiden. Rentnerinnen und Rentner, die heute Ergänzungsleistungen brauchen, können sich beispielsweise von der Abgabe für Radio und Fernsehen befreien lassen. Sie haben zudem Anspruch darauf, dass ihnen die Krankenkassenprämien entschädigt werden. Dies zumindest in der Höhe der kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie. Die 70 Franken Zusatzrente werden bei einigen der künftigen Neurentner zur Folge haben, dass ihr Gesamteinkommen just die Schwelle überschreitet, die Anspruche auf Ergänzungsleistungen und damit auf Vergünstigungen gibt. Auch sie gehören damit zu den Verlierern der Altersreform.

Ergänzungsleistungs-Bezüger zahlen mehr Steuern und fahren schlechter

Neubezüger von Ergänzungsleistungen fahren mit der Altersreform aber auch bezüglich der Steuern schlechter. Die zusätzlichen 70 Franken an AHV-Renten führen dazu, dass die Ergänzungsleistungen um den gleichen Betrag gekürzt werden. Da AHV-Renten im Gegensatz zu Ergänzungsleistungen versteuert werden müssen, fahren Neubezüger schlechter. Sie erhalten exakt gleich viel Geld, müssen darauf aber höhere Steuern bezahlen und haben damit am Ende des Monats weniger Geld im Sack. Zudem steigen auch bei Ihnen die Mehrwertsteuersätze. Die Altersreform ist perfid und ungerecht, weil sie die Ärmsten schlechter stellt.

Setzen Sie sich mit mir ein gegen eine Zwei-Klassen AHV und gegen den Verrat der heutigen Rentnerinnen und Rentner sowie der wirklich bedürftigen Mitmenschen. Stimmen Sie am 24. September 2017 Nein zur ungerechten AHV-Reform.

Marco Chiesa, Nationalrat (SVP/TI) und Altersheim-Leiter

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