Publiziert am: 19.03.2021

Unverzichtbarer Klassiker

SCHNUPPERLEHREN – In der Corona-Krise müssen Jugendliche häufig ohne auskommen. Auch Berufsmessen fallen aus. Als Folge davon könnten freie Lehrstellen im Sommer nicht besetzt werden. Zudem ist eine Schnupperlehre essenziell für den gesamten Berufswahlprozess. Deshalb setzen sich Unternehmer, Verbände und die Schulen gemeinsam dafür ein.

«Geht schnuppern, schnuppern, schnuppern.» Diese Botschaft hören Jugendliche im Berufswahlalter und Lehrstellensuchende immer wieder. Die Schnupperlehre ermöglicht ihnen die Vorstellung über einen Beruf mit der Realität abzugleichen und einen Betrieb kennenzulernen. Und sie dient den Lehrbetrieben als wichtiges Selektionsinstrument. Doch: Die Pandemie macht KMU und Jugendlichen einen dicken Strich durch das Schnupperlehre-Programm. Viele Ausbildungsbetriebe ersetzen das Schnuppern durch weniger aufwendigere Formate – auch digitale (vgl. Nebenartikel). Für Christine Davatz, Vizedirektorin des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv und verantwortlich für die Berufsbildung, ist die Schnupperlehre der Start des Berufswahlprozesses. «Es ist unerlässlich, dass Jugendliche in dieser wichtigen Phase der Berufsorientierung trotz Pandemie einen Einblick in die Arbeitswelt erhalten. Dies ist unter Einhaltung der Schutzkonzepte möglich.» Und die Bildungsfachfrau ergänzt: «Dies ist wichtig sowohl für Betriebe wie auch für die Jugendlichen. Wie sollen sonst Unentschlossene herausfinden, was für eine Lehre sie machen wollen?»

Breite Unterstützung von Schule und Gewerbeverbände

Auch die Schulen Zuchwil erachten das Schnuppern als eine wichtige Komponente in der Berufsorientierung und unterstützen die Schulabgehenden dabei. So hat das Oberstufenzentrum Zelgli im Dialog mit dem Gewerbeverein Zuchwil und dem Kantonal Solothurnischen Gewerbeverband kgv-so dieses Jahr proaktiv Betriebe angeschrieben bezüglich Schnupper-Konzept. «Die Belastung ist gross, verschiedene Schülerinnen und Schüler haben nur Absagen bekommen. Doch die meisten Jugendlichen bleiben zuversichtlich und motivieren sich gegenseitig», weiss Schulleiterin Barbara Weibel Schoch. «Viele Zuchwiler Drittsekler haben jedoch bereits einen Lehrvertrag unterzeichnen können.»

Dies bestätigt auch Thomas Jenni, Projektleiter Berufsbildungsmarketing des kgv-so. «Gemäss Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen sind die abgeschlossenen Lehrverträge auf dem Vorjahresniveau.» Der kgv hat bereits letztes Jahr das Projekt «Lehrstellencoaching und -vermittlung mit einer virtuellen Lehrstellenbörse» lanciert. «Wir coachen aktuell mit 30 Coaches an 16 Schulstandorten. Über 200 Schülerinnen und Schüler machen dabei mit und bereits 40 Jugendliche konnten vermittelt werden», freut sich Jenni.

«Das direkte Erleben unserer Berufe, die Leidenschaft, das faszinierende Handwerk – all dies fehlt. Deshalb sind die Schnupperlehren für unsere Branche besonders in dieser Situation eminent wichtig», betont Silvan Hotz, Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands SBC. «Hier entsteht der direkte Kontakt zu den potenziellen Nachwuchsleuten und zu den Eltern.» Allerdings stellt er fest, dass viele Ausbildungsbetriebe aufgrund der aktuellen Lage eher vorsichtig sind, wenn es um Schnupperlehren geht. «Bei Jugendlichen, die fürs 2022 eine Lehrstelle suchen, sind die Ausbildner im Moment zurückhaltender.»

Jugendliche sind dankbar

Dass Corona bedingt derzeit Schnupperlehren wenig gefragt sind, stellt auch Unternehmerin und Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr fest. Das sgv-Vorstandsmitglied warnt davor, dass in der Folge freie Lehrstellen im Sommer nicht besetzt werden können: Aufgrund der Corona-Pandemie trauen sich viele Jugendliche gar nicht erst, die Betriebe für eine Schnupperlehre anzufragen, auf der anderen Seite fehlen im Vergleich zu anderen Jahren auch entsprechende Angebote von Betrieben in der Region.» Die Mitinhaberin der Ernst Fischer AG in Romanshorn, rechnet damit, dass viele Betriebe im Sommer mit einem Lernenden-Engpass konfrontiert sein werden und in der Folge die Brückenangebote des Kantons wie das 10. Schuljahr förmlich überrennt werden könnten.

Deshalb hat sie mit einer Kampagne mittels Plakate und den sozialen Medien zum Schnuppern aufgerufen. « Zahlreiche Jugendliche haben bei uns die Berufe Metallbauer/-in EFZ, Metallbaupraktiker/-in EBA und Metallbaukonstrukteur/-in EFZ näher unter die Lupe genommen – selbstverständlich unter Einhaltung der aktuellen Schutzkonzepte», sagt Marco Falcone, Berufsbildner der Ernst Fischer AG. Alle Jugendlichen seien äusserst dankbar für diese Möglichkeit. «Wir setzen bei der Besetzung der Lehrstellen seit Jahren auf Schülerinnen und Schüler, die bei uns bereits eine Schnupperlehre absolvierten – so können wir sicher sein, dass die Jugendlichen grundsätzlich wissen, ob die Berufsrichtung für sie die richtige ist», so Falcone.

Corinne Remund

Meist Gelesen