Publiziert am: 03.04.2020

Verdiente Aufmerksamkeit

WERT DER KMU – Nicht nur zu Zeiten der Corona-Krise sind unsere KMU kreativ und innovativ unterwegs. Gewürdigt wird das (zu) selten. Nun erfährt auch das Gewerbe grosse Solidarität. Nicht zuletzt dank der sozialen Medien.

Die Coiffeuse mixt die Tönung ihrer Stammkunden zusammen und stellt sie in den Briefkasten. Bezahlt wird beim ersten Besuch nach der Corona-Krise. Spektakulär tönt das nicht, aber es geht für KMU im Moment nicht um Schönheitspreise, sondern ums Überleben. Kaum je war der Unternehmergeist so sehr gefragt wie jetzt. Jeder Franken Umsatz zählt. Nebst all den negativen Meldungen rund um die Corona-Krise darf auch mal erwähnt werden, wie innovativ, kreativ und wertvoll unsere KMU sind. Und tatsächlich: Plötzlich findet das Gewerbe statt. Coiffeure, Floristen oder Beizer sind das grosse Thema. Weil sie geschlossen haben.

Viele Gewerbler erhalten nun die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Hoffentlich ein nachhaltiger Effekt. Aber der Blick soll hier auf dem Positiven bleiben.

Eigentlich nur vorübergehend

Schon vor dem Lockdown bot die Klostermetzgerei Haas aus St. Urban/LU die «fleischerne Reserve» an – Fleischwaren, die durch Salzen, Fermentieren, Trocknen und Räuchern auf natürliche Weise haltbar gemacht wurden. Unterdessen bietet die Metzgerei auch einen Lieferdienst an. Ein gutes Beispiel von so vielen.

Ein anderes: Über die Seite tagestelleraarau.ch gibt es täglich frischen Genuss vom Gasthof zum Schützen aus Aarau/AG. Eine Blitzaktion: «Die Seite hat mein Bruder mit einem Freund über Nacht erstellt», sagt Manuela Schmid, Co-Gastgeberin im «Schützen». Die Nachfrage steige von Tag zu Tag. Schon in der ersten Woche wurde ein Wert von 60 Tagestellern an einem Tag erreicht. «Eigentlich ist das Angebot vorübergehend», sagt Schmid, «aber vielleicht denken wir ja bald anders.» Sie spüre vor allem grosse Solidarität. «Das lenkt vom Fiasko ab und die vielen positiven Reaktionen der Gäste geben einem Kraft.»

Viele Reaktionen kämen über die sozialen Medien und damit auf digitalem Wege.

Das digitale Potenzial

Viele KMU erfahren Hilfe und Solidarität über das Internet. Unterstützungsplattformen und Solidaritätsaktionen schiessen wie Pilze aus dem Boden. Seien es Gewerbe­vereine, die auf Listen zusammentragen, welche KMU von der ­Corona-Krise betroffen sind und Unterstützung benötigen, oder Webapplikationen von spezialisierten Unternehmen. Auf der von Klara ins Leben gerufenen Webapplikation covida.ch lässt sich beispielsweise angeben, für welchen Betrag man das nächste Mal in seinem Lieblingsgeschäft einkaufen oder konsumieren möchte. Green.ch fährt seine Bandbreiten kostenlos hoch (vgl. Seite 13), auf saveourfaves.ch kann man Gutscheine seines Lieblingsgeschäfts kaufen und Raiffeisen unterstützt KMU mit der Seite lokalhelden.ch. Die Liste liesse sich beliebig erweitern.

Aber ob privat oder von Unternehmen ins Leben gerufen – es zeigt sich, wie wichtig den Menschen die Schweizer KMU sind. Es sind die Geschäfte unserer Nachbarn, der Laden, in dem mein Bruder die Lehre gemacht hat, und der Friseursalon meiner besten Freundin. Sie sind cool, kreativ, innovativ und wertvoll. Die KMU gehören zu unserer Identität und erfahren viel Solidarität. Die haben sie sich – auch in Nicht-Krisen-Zeiten – verdient.

Manuela Schmid vom Gasthof zum Schützen in Aarau hat viele ihrer positiven Reaktionen per Mail, SMS oder Facebook erhalten. Digital eben. In Zeiten von Social Distancing und #stayathome zeigt sich das wahre Potenzial unserer digitalen Möglichkeiten in Beruf und Freizeit. Möglichkeiten, um auch das Gewerbe zu unterstützen und unsere Solidarität auszudrücken. Was auch schön ist: Die sozialen Medien werden ihrem Adjektiv endlich wieder gerecht.Adrian Uhlmann

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