Publiziert am: 19.02.2016

Viel kreatives Potenzial vorhanden

MÖBELSCHWEIZ – Die Herausforderungen der Schweizerischen Möbelbranche sind gross. Handel und Industrie sitzen dabei im ­selben Boot. Trotzdem sind die helvetischen Möbelbauer dank hoher Qualität und Design für anspruchsvolle Märkte attraktiv.

Die Schweizerische Möbelindustrie setzt sich aus rund 100 Herstellerbetrieben zusammen, die insgesamt 3500 Arbeitnehmer beschäftigen. «Die Schweizer Möbel spielen im Schweizer Markt eine kleine Rolle. Rund 20 Prozent der in der Schweiz gekauften Möbel stammen aus dem Inland», erklärt Kurt Frischknecht, Direktor von möbelschweiz. 70 Prozent der in der Schweiz verkauften Möbel sind importiert. Ebenso werden für einen jährlichen Gesamtumsatz von 800 Millionen Franken Schweizer Möbel exportiert. «Der Schweizer Markt entspricht in etwa 0,8 Prozent der gesamten weltweiten Möbelproduktion von rund 400 Milliarden Schweizer Franken», sagt Frischknecht. Die zehn grössten Möbelhändler haben einen Markt­anteil von 80 Prozent. Weiter zeichneten sich gemäss Frischknecht zwei Trends ab. Immer mehr Leute orientieren sich beim Möbelkauf an Rabatten und Tiefpreisen. Hingegen Konsumenten aus wohlhabenderen Schichten richteten ihren Fokus auf klassische Möbel mit hoher Qualität und Funktionalität sowie einem gewissen Design. Dafür zahlten sie gerne einen höheren Preis. «Die Bedeutung des Fachhandels beim Möbelkauf nimmt zunehmend ab. Auch Geschäfts- und Markenloyalität wird zunehmend schwächer, dafür müssen sich die Unternehmen zusehends mit Rabattforderungen der Kunden auseinandersetzen», so Frischknecht.

«Es herrscht ein brutaler Verdrängungswettbewerb in der Branche.»

2015 war für die Möbelbranche ein schwieriges Jahr. «Der Konzentrationsprozess schreitet sowohl in der Möbelindustrie wie auch im Möbeldetailhandel konstant voran», erklärt Frischknecht. So wurde beispielsweise vor ein paar Monaten Möbel Hubacher von Pfister übernommen oder Weibel Möbel in Endingen (AG) stellte den Betrieb ganz ein. Konkurs anmelden musste auch der Möbelproduzent Karl Schuler AG in Rothenthurm. «Dadurch wird die Kluft von den kleinen zu den grossen Unternehmen immer grösser», stellt Frischknecht fest. Es herrsche ein brutaler Verdrängungswettbewerb in der Branche.

Verlust von Marktanteilen

Ein einschneidendes Ereignis für die Möbelbranche war vor rund einem Jahr die Aufhebung vom Mindestkurs zum Euro. Für die rund 100 Hersteller der Schweizer Möbelindustrie bläst daher ein rauer Wind. Dazu Frischknecht: «Auch aufgrund der kritischen Kursentwicklung des Euro hat dieser Industriezweig in den vergangenen vier Jahren im Inland sowie auch im Export Marktanteile verloren. Die Preise für Importmöbel reduzierten sich im Schnitt rund 20 Prozent, während sich Möbel aus Schweizer Produktion in den Exportmärkten des Euro verteuerten.» Dies hätte zu einem Verlust des Marktanteils der Möbel aus Schweizer Produktion im Markt Schweiz sowie zu stark reduzierten Margen geführt. «Aufgrund dieser Rahmenbedingungen sind unsere Möbelproduzenten immer mehr verpflichtet, Teilprodukte mit hohem Lohnanteil im Ausland zu produzieren», gibt Frischknecht zu bedenken. Immer weniger Möbelproduzenten könnten dem starken Margendruck standhalten. Aber auch der Einkaufstourismus sowie der Discountverkauf schwächten den Markt, vor allem die teuren Segmente. «Auch die Nutzung von Internet-Plattformen als Informations- und Kaufkanal nimmt weiter zu», so Frischknecht. Dies hätte sowohl Vor- als auch Nachteile. Es führe zur Zersplitterung von Vertriebskanälen und fördere den Verdrängungswettbewerb. Die Digitalisierung sei aber auch eine Chance, beispielsweise bei der Beratung mittels einer 3D-ausgerichteten Planung.

«Schweizer Möbelhersteller haben 
Chancen, wenn sie ihre traditionellen 
Stärken ausspielen.»

Zentral für möbelschweiz ist die Aus- und Weiterbildung. In der Produktion wird die dreijährige Lehre des Industriepolsterers angeboten. Zwei bis vier Lernende lassen sich jährlich in diesem Kleinstberuf ausbilden. Lehrplätze und Nachfrage sind dementsprechend gering. Beliebt ist die dreijährige Lehre im Möbel­detail­handels­verkauf. «Jährlich beginnen rund 120 Lehrende diese Ausbildung. Die Nachfrage ist gross und wir haben auch genügend Lehrstellen», so Frischknecht.

Stagnierende Entwicklung

Die Zukunftschancen der Möbelindustrie sieht Frischknecht verhalten positiv. Auf der Basis der verhaltenen Konsumentenstimmung und der zaghaft besseren Konjunkturentwicklung und des überbewerteten Schweizer Frankens, der aber immer noch robusten Bautätigkeit, gehe die Schweizer Möbelindustrie von einer insgesamt stagnierenden Entwicklung in den kommenden Monaten aus. «Schweizer Möbelhersteller haben national und international Chancen, wenn sie ihre traditionellen Stärken – Innovationsfähigkeit, Funktionalität, Stil und Design, Qualität, Nachhaltigkeit, Flexibilität, hohe Kundenorientierung und Zuverlässigkeit – weiter ausspielen», so Frischknecht. Es sei für den Erfolg wichtig, dass sich Händler wie Produzenten ein Profil aufbauen, sich abheben und sich in einer Nische gut positioniere.

Corinne Remund

Möbel Schweiz kurz erklärt

Plattform für Beziehungspflege

Der Ursprung des Dachverbandes möbelschweiz geht auf die Gründung des Schweizer Engros Möbelfachverbandes SEM um 1930 zurück. Damals hatte die Möbelproduktion in der Schweiz mit einem abgeschotteten Markt ihre Hochblütezeit. Im Laufe der Jahre wurde der Markt immer liberalisierter. 2013 schlossen sich der Verband Schweizer Möbelindustrie und der Schweizerische Möbelfachverband SMFV zum Verband Schweizer Möbelhandel und -industrie möbelschweiz zusammen. Als Dachverband erfüllt er seine Aufgaben über die Vereinsorgane sowie über seine Sektionen. Er repräsentiert sowohl den Schweizer Möbelhandel als auch die Schweizer Möbelindustrie. Zu seinen Dienstleistungen für die Mitglieder gehören Beratung, branchenbezogene Weiterbildungsangebote, Erhebung von Branchendaten sowie die Schlichtung von Differenzen zwischen Möbelhandel,- industrie und Konsumenten. Er schafft einheitliche Qualitätsstandards für Möbelhandel und -industrie. Er fördert zudem die Wettbewerbsfähigkeit seiner Mitglieder und tritt ein für die Grundsätze des fairen Wettbewerbs. Als massgebende schweizerische Branchenorganisation stellt er den Kontakt zu den Behörden, zur Wirtschaft und zur Öffentlichkeit sicher. Dabei formuliert und vertritt er auf nationaler und internationaler Ebene die Brancheninteressen von Möbelhandel und -industrie. Gezielte Öffentlichkeitsarbeit über die Medien sowie Präsenz im Internet sind weitere Aufgaben.

Aus- und Weiterbildung

Ein Kerngeschäft ist die Aus- und Weiterbildung. Dabei engagieren sich die beiden Sektionen Möbelfachverband und Möbelindustrie zum Teil in getrennten Richtungen je nach Sparte. Dazu gehören der Weiterbildungsfonds im Möbelhandel respektive eine Gesamtarbeitsvertrag mit Berufsbildungsfonds in der Möbelindustrie.

möbelschweiz zählt rund 100 Mitglieder – darunter mehrheitlich Kleinst­betriebe und KMU sowie einige Grosskonzerne. Der Umsatz im Schweizer Markt beläuft sich auf jährlich rund 2,8 Milliarden Franken (nur Möbel).

CR

CReation Suisse

Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz

Swissness hat in der Möbelbranche eine grosse Bedeutung. «Da wir in der Möbelindustrie unter einem grossen Preisdruck stehen, der sich durch den starken Franken noch massiv erhöht hat, können unsere Produzenten die Gesetzgebung von «Swissness» nur zum Teil einhalten», erklärt Kurt Frischknecht, Direktor von möbelschweiz. «Deshalb haben wir im letzten Herbst unser eigenes Label «création suisse» lanciert.» Mit der Einführung des neuen Labels wolle der Verband die hohe Qualität und das grosse kreative Potenzial Schweizerischen Designs unterstreichen. Obwohl hiesiges Möbel-Design bis heute hohes Ansehen geniesse, fehle indes ein klares Bekenntnis zur kulturellen und industriellen Leistung einheimischen Möbelschaffens. «Wir schliessen nun diese Lücke mit der Einführung des Labels «création suisse», so Frischknecht.

Orientierungshilfe für Kunden

Das Label will auch praktische Orientierungshilfen für Kunden bieten. Stücke, die in der Schweiz hergestellt, gestaltet, entwickelt oder aus heimischen Materialien produziert wurden, werden sukzessive mit dem Label «création suisse» versehen. Möbeldetailhändler, die pro Jahr über 30 Prozent ihres Umsatzes mit Schweizer Möbeln erzielen und über 30 Prozent ihrer Ausstellungsfläche einheimischen Produkten widmen, tragen ebenfalls das Label «création suisse». «Das Label darf Priorität durch Mitglieder des Verbandes möbelschweiz eingesetzt werden, welche die definierten Kriterien erfüllen», betont Frischknecht.

CR

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