Publiziert am: 14.08.2015

Viel zu kurzfristige Strategien

Energiestrategie 2050 – Der geordnete Ausstieg aus der Kerntechnologie ist beschlossene Sache. Dieser soll innerhalb von 40 Jahren etappiert erfolgen. Die Strategievorlagen sind jedoch eher widersprüchlich, als dass sie das Ziel unterstützen.

Im Jahr 2011 fasste der Bundesrat den Grundsatzentscheid, geordnet aus der Kerntechnologie auszusteigen. Das Parlament goutierte den Entscheid. Geordnet bedeutet dabei, dass der Ausstieg etappiert über 40 Jahre erfolgen soll. Daneben sollen die anderen Energieproduktionsarten vorangetrieben und die Energieeffizienz erhöht werden. Ein Plan – jedoch kein guter: Wenn die Rede von Energiestrategie 2050 ist, stellt man sich einen konsistenten Plan vor, der bis im Jahr 2050 zu verwirklichen ist. Die Vorlagen, die derzeit zur Strategie kursieren, sind viel kurzfristiger und widersprüchlicher.

Erste Etappe: ultrakurz

Die erste Etappe wird derzeit im Parlament beraten und soll von 2017 bis 2020 gelten. Nachdem der Nationalrat sie schon beraten hat, ist nun der Ständerat am Drücker. Voraussichtlich im Herbst berät die Kleine Kammer – danach werden die Differenzen bereinigt.

In diesem ersten Massnahmenpaket sind viele Elemente enthalten, die nicht anders sind als die heute schon reale Welt: Kostendeckende Einspeisevergütung – allerdings grosszügiger und teurer –, Gebäudeprogramme sowie Vorschriften zu Gebäuden, Geräten und dergleichen.

Viel Kontroverse bringt dabei eine Neuerung, über die noch beraten wird: Die Förderung der Wasserkraft, auch diejenige grosser Kraftwerke. Durch die deutsche Subventionsschlacht seien die europäischen Strompreise derart tief, dass sich die Schweizer Wasserkraft nicht mehr rentabel betreiben lasse, behaupten die Wasserkraftbetreiber. So wollen nun auch sie in die Riege der Subventionsempfänger aufgenommen werden. Damit öffnet die Wasserkraft, zusammen mit Photovoltaik, Wind und Geothermie, die Hand für die Fördertöpfe des Bundes.

Zweite Etappe: 
extrem widersprüchlich

Das zweite Massnahmenpaket heisst Klima- und Energielenkungsabgabe KELS und wurde vor kurzem vernehmlasst. Die Idee ist simpel: Die Subventionen sollen verschwinden, und der Energieeinsatz soll besteuert werden. Da es sich um eine Lenkungsabgabe handelt, soll der Betrag über die Krankenkasse und über AHV-Lohnsummen zurückerstattet werden.

Unabhängig vom Sinn des Lenkungssystems oder des konkret vorgeschlagenen Mechanismus: Wie realistisch ist es, dass ein im Jahr 2017 aufgeblähtes Subventionssystem im Jahr 2020 wieder aufgegeben wird? Gar nicht!

Und weil es nicht realistisch ist, geht der Bundesrat so weit, dass er beide Systeme nebeneinander bis zum Jahr 2045 betreiben will. Erstens soll man in Zukunft also für die Lenkung bezahlen und zweitens auch noch für die Füllung der Subventionstöpfe. Das ist entweder widersprüchlich oder schlicht zu viel.

Wie geht es weiter?

Das erste Massnahmenpaket soll im kommenden Herbst im Ständerat beraten werden. Dann werden – schon in der neuen Legislatur – Differenzen bereinigt. Mitte 2016 sollte es dann stehen. Wann die KELS in Form einer Botschaft unterbreitet wird, ist derzeit unklar. Ob überhaupt und zu welchem Zeitpunkt sie kommt, wird wohl mit der Person des Departementvorstehers zusammenhängen.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

DIE POSITION DES SGV

Nein zur zweiten Etappe

Der sgv arbeitet konstruktiv am ersten Massnahmenpaket mit. Er befürwortet die steuerrechtliche Behandlung von Investitionen in Energieeffizienz, so wie sie der Nationalrat ins Gesetz aufnahm. Der sgv setzt sich für die Stromeffizienz aller Unternehmen ein. Eine Erhöhung der KEV-Abgabe oder die Subventionierung der Grosswasserkraft lehnt der sgv ab. Die zweite Etappe, KELS, lehnt der sgv ebenso ab, weil sie den zweiten Sektor erheblich belastet und keine Reform des Subventionssystems darstellt.

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