Publiziert am: 15.12.2017

Von Reichen und von blindem Vertrauen

Vorsorge

Wie üblich in den letzten Jahren, wird gegen Ende Jahr eine Liste der 300 reichsten Schweizer publiziert – mit goldigen Lettern auf der Titelseite und extra viel Werbung im Heftinnern (weil offenbar viele Werbeverantwortliche meinen, dass diese Liste viel Beachtung findet). Um es kurz zusammenzufassen: Die meisten Reichen sind reicher geworden. Einer der ganz Reichen hat deutlich weniger Vermögen. Dies nicht, weil er schlechte Investitionen tätigte, sondern, weil er viel Geld spendete. Das ist ein sehr sympathischer Aspekt, weshalb wir Herrn Wyss hier auch namentlich erwähnen.

Nun seien wir ehrlich: Otto Normalverbraucher, und dazu zählt sich auch der Schreibende, hat auch mit einem sehr arbeitsamen und sparsamen Lebenswandel wenig Chancen, in dieser Liste der 300 Reichsten zu erscheinen. Allerdings haben viele Schweizerinnen und Schweizer ein Vermögen, das sie komischerweise oft vergessen: ihr Guthaben bei der Pensionskasse.

«Viele wissen gar nicht, bei welcher Kasse ihr Vorsorge-Vermögen angelegt ist und was die KAsse mit 
diesem Geld macht.»

Für die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ist das mit Abstand ihr grösstes Vermögen. Dennoch interessieren sich interessanterweise nur wenige, was mit diesem Geld geschieht. Viele wissen nicht, bei welcher Kasse dieses Vermögen angelegt ist, und was die Kasse mit diesem Geld macht. Neulich habe ich sogar eine Statistik gesehen, dass rund ein Viertel der Rentner nicht weiss, welche ihre Pensionskasse ist. Diese Zahl wird umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass diese Leute zwar monatlich eine Rente erhalten, aber nicht genau wissen, wer ihnen regelmässig Geld schickt.

Unbefriedigend für Stiftungsräte

Dieses Desinteresse kann man positiv interpretieren: Ein grosser Teil der Schweizerinnen und Schweizer parkiert den grössten Teil seiner Ersparnisse bei Pensionskassen, weiss aber nicht genau, bei welcher und was diese mit seinem Geld eigentlich macht. Man hat also blindes Vertrauen in die Kassen beziehungsweise die Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter in den Stiftungsräten, die diese Vorsorgeeinrichtungen führen. Für die grosse Mehrheit der Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte ist dieser Zustand natürlich auch unbefriedigend. Sie machen einen guten Job, aber keiner scheint dies zur Kenntnis zu nehmen – im Gegenteil: Seit die Vorlage zur Altersreform 2020 abgelehnt wurde, übertreffen sich bereits wieder sogenannte Fachleute mit Ideen, wie die nächste Reform aussehen sollte. Eine erfolgversprechende Variante wäre doch, mal jene zu fragen, die heute die Verantwortung tragen und mit ihrem persönlichen Vermögen haften, die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den Stiftungsräten.

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