Publiziert am: 08.05.2015

Waghalsigkeit schmälert Leistung

Versicherungsratgeber – Arbeitgeber müssen gemäss Unfallversicherungsgesetz ihre Mitarbeitenden gegen Berufsunfälle versichern. Wie sieht es aber bei einem Betriebsausflug aus?

M. Z. aus Langnau: Ich betreibe ein mittelgrosses KMU mit einigen Mitarbeitenden. Mein Stellvertreter leitet eine betriebliche Motorradgruppe, die gemeinsam Touren unternimmt. Am Pfingstwochenende werden acht Motorradfahrer zusammen in ihrer Freizeit eine grössere Motorradtour unternehmen. Weil das gemeinsame Wochenende quasi unter unserem Firmenpatronat durchgeführt wird, fühle ich mich für diese Tour mitverantwortlich. Ich stelle mir deshalb die Frage, ob der Versicherungsschutz gemäss UVG für meine Mitarbeiter ausreicht?

Sehr geehrter Herr Z.: Bekanntlich sind Sie als Arbeitgeber gemäss den Bestimmungen des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) verpflichtet, Ihre Mitarbeitenden gegen Berufsunfälle zu versichern. Dieser obligatorische Versicherungsschutz erstreckt sich für alle Angestellten mit einem Arbeitspensum von mehr als acht Stunden pro Woche auch auf Nichtberufsunfälle. Damit sind Ihre Mitarbeiter bei Berufs- und Freizeitunfällen für Heilungskosten und Erwerbsausfall (Taggeld) versichert. Der Lohnersatzanspruch gilt in schlimmeren Fällen auch für Invaliden- oder Hinterbliebenenrenten. Selbstverständlich sind alle Aktivitäten versichert, die nicht als waghalsig zu werten sind. Das Motorradfahren ist, wie auch die meisten übrigen Sportarten, nicht von diesem Versicherungsschutz ausgenommen.

Der Unfallversicherer kann aber gemäss UVG ein Kürzungsrecht beanspruchen: Wird ein Unfall grobfahrlässig verursacht, können Geldleistungen (Taggeld, Renten) gekürzt werden. Dieses Kürzungsrecht gilt nicht für die Heilbehandlungskosten. Es gillt aber, wenn der verunfallte Motorradfahrer den Unfall durch das Eingehen eines Wagnisses herbeiführt. Im Gruppendruck entstehen manchmal Dynamiken, die auf der Strasse zu übereifrigen Manövern führen: übersetzte Geschwindigkeiten, waghalsige Überholmanöver oder gruppenweites Nebeneinanderfahren.

Arbeitgeber können Zusatz­versicherungen abschliessen

Sie machen sich Sorgen und werden Ihre Mitarbeitenden entsprechend zu sensibilisieren wissen. Aber vermutlich können Sie trotz Ihrem Engagement ein grobfahrlässiges Verhalten nicht verhindern. Das Kürzungsrecht des Unfallversicherers sollte deshalb nicht vernachlässigt werden. Sie können die obligatorische Deckung ergänzen – die meisten Privatversicherungen bieten einen optimalen Versicherungsschutz auch gegen allfällige Leistungskürzungen. Mittels einer Differenzdeckung in einer Ergänzungsversicherung zum UVG können Sie Ihre Mitarbeitenden für den obligatorisch ungedeckten Lohnausfall versichern (die fehlenden 20% des Lohnes, in Rentensituationen die fehlenden 
10 Prozent des letzten versicherten Lohnes). Mit diesen Differenzdeckungen sind auch Einbussen versichert, die aus einer allfälligen Leistungskürzung beim UVG-Versicherer resultieren. Damit können Sie Ihre Mitarbeitenden zumindest für die finanziellen Folgen von Waghalsigkeiten bei Freizeitunfällen versichern.

Bitte prüfen Sie mit Ihrem Versicherungsberater, ob der Versicherungsschutz in Ihrem KMU auch bei Waghalsig- oder Grobfahrlässigkeiten nicht eingeschränkt ist.

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