Publiziert am: 06.03.2015

Wehe, der Staat mischt mit

KONSUMENTENSCHUTZ – Überbordende staatliche Bevormundung ist teuer und unfair.

Konsumentenschutz ist ein natürliches Anliegen der Wirtschaft. Kein Geschäft will Kunden verlieren. Konsumentenschutz ist auch ein Anliegen der Konsumenten selbst. Sie vertreten ihre Interessen im Markt. Wenn sich aber der Staat einmischt, wird der Konsumentenschutz teuer, bürokratisch und unfair. Und der Megatrend sieht schlecht aus: Eine gewaltige Welle staatlich gelenkten Konsumentenschutzes ist auf dem Vormarsch.

Um es gleich zu Beginn zu sagen: Natürlich ist Konsumentenschutz notwendig. Es gehört auch zu den elementaren Funktionen des Staates, Verträge zu schützen. Daran ist nicht zu rütteln. Als liberales Land hat sich die Schweiz bewusst dafür entschieden, Produzenten, Händler und Konsumenten als gleichberechtigte Marktpartner einzustufen. Sie begegnen einander auf Augenhöhe und verhandeln je im eigenen Interesse. Das ist die Grundlage unseres Obligationenrechts.

«PRODUZENTEN, 
HÄNDLER UND 
KONSUMENTEN SIND GLEICHBERECHTIGT.»

Freier Markt – tatsächlich?

Die Sache ist in vielen europäischen Ländern anders. Dort werden Konsumenten gesetzlich als schwächere Partei definiert. Wer schwach ist, braucht Schutz, und der Staat ist mit diesem Schutz betraut. Was sich auf den ersten Blick doch positiv anhört, ist ein antiliberales Überwachungsprogramm. Ein kurzer Blick auf das europäische Konsumentenschutzprogramm («EU Consumer Agenda») mag dies verdeutlichen:

Diese sieht beispielsweise viel extensivere Deklarationspflichten für Lebensmittel und Elektrogeräte vor. Dem Konsument soll sogar ein Recht eingeräumt werden, Auskünfte bis zu den Rohstoffen des zu kaufenden Produkts zu erhalten. Doch das ist nicht alles: Beweislastumkehr, kostenlose Prozessführung und sogar eine europäische Art der Sammelklage sind angedacht.

Der Gipfel: Superbehörden sollen Konsumentenschutz und Wettbewerbsaufsicht gemeinsam wahrnehmen und sogar Preise vorschreiben können. Nein, nicht Preise in regulierten Märkten, sondern die Preise in den freien Märkten! Nun, wenn Behörden sich darum kümmern müssen, herauszufinden, was der «faire» Preis ist, dann ist der Markt alles andere als frei.

Regulierungswut übernehmen?

Diese Tendenz wird in den einzelnen Mitgliedsstaaten noch verschärft. Denn die Regulierer und Gesetzgeber der jeweiligen Länder tendieren dazu, die strengsten Verbraucherschutzstandards in ihre lokale Gesetzgebung zu übernehmen.

Noch ist die EU nicht so weit. Und hoffentlich kommt es nie dazu, denn der Druck auf die Schweiz, ähnliche Regulierungen zu übernehmen, würde steigen. Im Fall einer automatischen oder dynamischen Rechtsübernahme würde der Schweiz nichts anderes bleiben, als sich der Regulierungswut anzupassen.

Freiheit über Bord

Warum ist das alles so schlecht? Weil damit das gesamte Konzept des freien und dynamischen Marktes über Bord geworfen wird. Statt innovationsfreudiger KMU treten verrechtlichte Grossunternehmen in Erscheinung, denn nur sie können sich den Verbraucherschutz leisten. Statt verschiedenen Anbietern mit einer breiten Palette von Produkten wird das Angebot auf wenige Standardmodelle reduziert, denn der Informationsfluss wird zur grossen Herausforderung. Und alles wird teurer. Nicht nur wegen Regulierungskosten – ja, die fallen auch an. Aber weil Informationspflichten, kostenlose Prozessführung und so weiter etwas kosten. Und diese Kosten werden auf die Produkte verrechnet – im Voraus, versteht sich.

Da kann man das liberale Schweizer System nur loben. Produzenten, Händler und Konsumenten, die auf Augenhöhe miteinander verhandeln. Und sich so gegenseitig schützen.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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